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Eine Frau, die fortan ihren eigenen Weg gehen würde? Mit dieser Verheißung endet das 11. Kapitel. Dies bedeutete von Anfang an, den Absturz in ein sündhaftes Leben vor Augen zu haben. Die Sünde als Befreiung? Von keiner Euphemie konnte das weiter entfernt sein, was Hilde in den drei Wochen vom 15. August bis zum 9. September 1941 aktiv mitgestaltete. Das bedeutete schlicht sich einer Zerreißprobe auszusetzen, die schon allein einem aufgeklärten Menschlein den Atem nimmt und den Boden unter den Füßen wegreißt. Aber Hilde war kein aufgeklärtes Menschlein, das auch nur annähernd in der Lage gewesen wäre, einer gnadenlosen katholischen Moral etwas entgegenzusetzen. Auch wenn einige von uns noch unter dem Eindruck des machtvollen Eindrucks der Katholischen Kirche mit all ihren Verboten und Geboten stehen, vermögen wir uns gewiss nicht vorzustellen, wie tief und wesensbestimmend im Hause Lahnstein durch den mütterlichen Einfluss alles Katholische den Alltag und die feinstoffliche Atmosphäre bestimmte. Erst angesichts dieser Ausgangslage mag man begreifen, dass sich in den nachstehenden Schilderungen allenfalls der bescheidene und gewiss untaugliche Versuch offenbart, die Nöte und Zerrissenheit Hildes erahnen zu lassen.

Danke für Hildes Geschichte (10)

Henning Sußebach hat mich auf die Idee gebracht, meinen Blog zu nutzen und Hildes Geschichte noch einmal Kapitel für Kapitel zu erzählen - ganz im Sinne seiner Überzeugungen, die er mit dem Aufschreiben der Geschichte seiner Urgroßmutter verbindet. Hilde, meine Mutter ist inzwischen auch Urgroßmutter, und ich stelle mir vor, dass sie ihre Hand nicht nur über mich hält, sondern über alle, die aus ihr hervorgegangen sind. Bert Hellinger macht uns noch einmal darauf aufmerksam, dass zu diesem Hervorbringen unter Umständen - und Hilde hat solche Umstände erlebt - auch die schlimmen Gesellen gehören. Aber werden wir beispielsweise dem Vater meiner Schwester tatsächlich gerecht, wenn wir ihn als schlimmen Gesellen sehen. Der Ausschluss, das beharrliche Weigern auch jenen Ahnen zu sehen und anzunehmen, dem meine Mutter, die Mutter meiner Schwester, die Großmutter meines Neffen, meiner Kinder und meiner Nichten und die Urgroßmutter aller Enkel:innen in Hingebung und Liebe begegnete, verhindert dort anzukommen, wo ich mich wähne - als jemand der irgendwann die Augen öffnet, sich noch einmal umblickt, aufsteht und geht - im Einklang mit sich selbst und seiner Geschichte.

 

Wie erzählt man eine Geschichte, die wahr ist, und die sich zugleich mehr als siebzig Jahre jeder Chance des Erzählens widersetzte? Eine Geschichte, die - verborgen - allein in der Erinnerung Hildes ihr diffuses, abgeschattetes Dasein fristete, ob als wertvolles und gehütetes Erinnerungsjuwel oder als verdrängte und verfluchte Bedrängnis, das vermag von uns niemand zu erahnen. Die schwierige Beziehung Hildes zu ihrer Tochter, ganz gewiss die Scham und nie endgültig versiegende Schuldgefühle, ein kategorisches Schweigegebot in all den Jahrzehnten bis zu Theos Tod, lassen eher auf die zweite Variante einer Vergangenheitsbewältigung schließen. Andererseits wissen wir alle, wie eigenmächtig Erinnerungen und Gedanken in uns wohnen und sich regen - in Träumen, in unverhofften, ja gefürchteten déja vues. Und viele von uns wissen, wie ein Zustand, den Peter Fuchs mit der Binarität von wir zwei auf der einen Seite und dem Rest der Welt auf der anderen Seite definiert, uns für eine gewisse Zeit bis zur Unkenntlichkeit beherrschen und entstellen kann. Drei Wochen! Das ist weniger als Sie tanzte nur einen Sommer erlaubt (der allerdings mit dem Tod der Hauptprotagonistin Kerstin endet).

Danke für Hildes Geschichte (8)

Henning Sußebach hat mich auf die Idee gebracht, meinen Blog zu nutzen und Hildes Geschichte noch einmal Kapitel für Kapitel zu erzählen - ganz im Sinne seiner Überzeugungen, die er mit dem Aufschreiben der Geschichte seiner Urgroßmutter verbindet. Hilde, meine Mutter ist inzwischen auch Urgroßmutter, und ich stelle mir vor, dass sie ihre Hand nicht nur über mich hält, sondern über alle, die aus ihr hervorgegangen sind. Bert Hellinger macht uns noch einmal darauf aufmerksam, dass zu diesem Hervorbringen unter Umständen - und Hilde hat solche Umstände erlebt - auch die schlimmen Gesellen gehören. Aber werden wir beispielsweise dem Vater meiner Schwester tatsächlich gerecht, wenn wir ihn als schlimmen Gesellen sehen. Der Ausschluss, das beharrliche Weigern auch jenen Ahnen zu sehen und anzunehmen, dem meine Mutter, die Mutter meiner Schwester, die Großmutter meines Neffen, meiner Kinder und meiner Nichten und die Urgroßmutter aller Enkel:innen in Hingebung und Liebe begegnete, verhindert dort anzukommen, wo ich mich wähne - als jemand der irgendwann die Augen öffnet, sich noch einmal umblickt, aufsteht und geht - im Einklang mit sich selbst und seiner Geschichte.


Nun gut, das folgende Kapitel offenbart Schwächen! Aber die Stringenz der Handlung, das hier gegossene Fundament für den Turmbau - pardon - das Finale zu Remagen, wiegen diese Schwächen bei Weitem auf. Wie hält man zwei Kinder bei der Stange? Ich lasse das eine schlafen, und das andere darf endlich einmal tun, was es sonst nie tun darf. Ich musste einen geschützten Raum finden, in dem Hilde und Franz weitgehend unbeobachtet sich ja lediglich unterhalten. Die beiden Lokomotiven verkürzen bei dieser Begegnung die Distanz fast schon um's Ganze. Wir dürfen ja nicht vergessen, dass uns der zeitliche Rahmen mit den gut drei Wochen erbarmungslos vorgegeben ist. Da ist weder Zaudern noch Skrupelhaftigkeit seitens des Chronisten angezeigt. Es war Übrigen meine Frau Claudia, die die Handbremse in meinem Kopf und meiner Gefühlswelt löste und mich ermunterte auf's Gaspedal zu treten: "Mein Gott, höre doch auf, dir diese junge Frau als deine Mutter vorzustellen. Sie hat noch mehr als zehn Jahre Zeit deine Mutter zu werden!"

Danke für Hildes Geschichte (9)

Henning Sußebach hat mich auf die Idee gebracht, meinen Blog zu nutzen und Hildes Geschichte noch einmal Kapitel für Kapitel zu erzählen - ganz im Sinne seiner Überzeugungen, die er mit dem Aufschreiben der Geschichte seiner Urgroßmutter verbindet. Hilde, meine Mutter ist inzwischen auch Urgroßmutter, und ich stelle mir vor, dass sie ihre Hand nicht nur über mich hält, sondern über alle, die aus ihr hervorgegangen sind. Bert Hellinger macht uns noch einmal darauf aufmerksam, dass zu diesem Hervorbringen unter Umständen - und Hilde hat solche Umstände erlebt - auch die schlimmen Gesellen gehören. Aber werden wir beispielsweise dem Vater meiner Schwester tatsächlich gerecht, wenn wir ihn als schlimmen Gesellen sehen. Der Ausschluss, das beharrliche Weigern auch jenen Ahnen zu sehen und anzunehmen, dem meine Mutter, die Mutter meiner Schwester, die Großmutter meines Neffen, meiner Kinder und meiner Nichten und die Urgroßmutter aller Enkel:innen in Hingebung und Liebe begegnete, verhindert dort anzukommen, wo ich mich wähne - als jemand der irgendwann die Augen öffnet, sich noch einmal umblickt, aufsteht und geht - im Einklang mit sich selbst und seiner Geschichte.

 

Wer Wind sät, wird Sturm ernten! Keine Prophezeiung hätte exakter bennenen können, was Hilde bevorstand. Mit ihrem intuitiven Eigensinn hatte sie ein Spiel begonnen, das nur zu zweit geht. Und unversehens fand sie sich wieder in einem extrem aufgeladenen Spannungsfeld, in dem sie sich nicht des Eindrucks erwehren konnte, dass Änne ihr im Weg stand.

Danke für Hildes Geschichte (7)

Henning Sußebach hat mich auf die Idee gebracht, meinen Blog zu nutzen und Hildes Geschichte noch einmal Kapitel für Kapitel zu erzählen - ganz im Sinne seiner Überzeugungen, die er mit dem Aufschreiben der Geschichte seiner Urgroßmutter verbindet. Hilde, meine Mutter ist inzwischen auch Urgroßmutter, und ich stelle mir vor, dass sie ihre Hand nicht nur über mich hält, sondern über alle, die aus ihr hervorgegangen sind. Bert Hellinger macht uns noch einmal darauf aufmerksam, dass zu diesem Hervorbringen unter Umständen - und Hilde hat solche Umstände erlebt - auch die schlimmen Gesellen gehören. Aber werden wir beispielsweise dem Vater meiner Schwester tatsächlich gerecht, wenn wir ihn als schlimmen Gesellen sehen. Der Ausschluss, das beharrliche Weigern auch jenen Ahnen zu sehen und anzunehmen, dem meine Mutter, die Mutter meiner Schwester, die Großmutter meines Neffen, meiner Kinder und meiner Nichten und die Urgroßmutter aller Enkel:innen in Hingebung und Liebe begegnete, verhindert dort anzukommen, wo ich mich wähne - als jemand der irgendwann die Augen öffnet, sich noch einmal umblickt, aufsteht und geht - im Einklang mit sich selbst und seiner Geschichte.


Hildes Plan? Im Alter von siebzehn Jahren mag man Hilde allenfalls eine eigenmächtige Intuition zugestehen? Selbst das in Latenz gegossene Motiv, diesem Franz Streit - wie auch immer - erneut begegnen zu wollen, lag ja nicht wie auf einem Schachbrett als strategische Aufgabe vor Augen. Sie fühlte sich wohl auf irgendeine undurchschaubare Weise getrieben.

   
© ALLROUNDER & FJ Witsch-Rothmund