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Ja, in der Tat: W i e o f t d e n n n o c h ???
Zum naiven Umgang mit Carl Schmitt
In den letzten Tagen habe ich mich mit Jörn Leonhards fulminanter Studie: Die Büchse der Pandora – Geschichte des Ersten Weltkriegs (Verlag C.H. Beck, München 2014) befasst. Auf Seite 1009 dieser akribischen Anstrengung zitiert Jörn Leonhard Carl Schmitt:
„Aber die Debatte um das Wesen des Politischen nach den Erfahrungen des Weltkrieges barg noch ganz andere Positionen. Die >eigentlich politische Unterscheidung< sei, so Carl Schmitt 1927, die von >Freund und Feind<. Sie ermögliche erst jene begriffliche Bestimmung, ohne die es keine Kriterien in den Formen, Prozessen und Inhalten der Politik geben könne. Alle politischen Begriffe und Vorstellungen rekurrieren, so Schmitt, auf diese Gegensätzlichkeit, deren >letzte Konsequenz< sich >in Krieg oder Revolution äußere. Wenn aber das Politische auf das Paradigma von Freund und Feind zurückging und der Krieg die >äußerste Radikalisierung der Feindschaft< war, dann ließ sich die permanente Möglichkeit eines Krieges argumentativ als Voraussetzung des Politischen selbst beschreiben: >Das Politische liegt nicht im Kampf selbst, der wiederum seine eigenen technischen, psychologischen und militärischen Gesetze hat, sondern in einem von der realen Möglichkeit eines Krieges bestimmten Situation und in der Aufgabe, Freund und Feind richtig zu unterscheiden.< Daher sei eine Welt, in der es gelänge, die >Möglichkeit eines Krieges< restlos auszuschließen, eine >Welt ohne die Unterscheidung von Freund und Feind und infolgedessen eine Welt ohne Politik.<“
Weiterlesen: Carl Schmitt - Ja, in der Tat: Wie oft denn noch???
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Entschluss und Ankündigung
Ich habe mir heute nach Jahren mehrere der von mir veröffentlichten Youtube-Videos angesehen und war gleichermaßen erschüttert wie fasziniert, wie sehr eines dieser Videos in gewisser Hinsicht hineinpasst in die Szenerie der bevorstehenden Bundestagswahlen am 23. Februar 2025. Nach dem unrühmlichen Ende der Ampel dümpelt die SPD in Umfragen bei 15% bis 16%-Punkten; die Grünen (denen ich nach meinem Austritt aus der SPD seit mehr als einem Jahr angehöre) einen Prozent-Punkt dahinter. Einzig CDU/CSU stabilisieren sich als Partei der bürgerlichen Mitte bei etwa 30 Prozent-Punkten. Die AfD scheint stabil um die 20%-Marke zu pendeln. Die FDP - mit etwa 4%-Punkten wird hoffentlich den Wiedereinzug in den Bundestag verfehlen. Wo das Bündnis Sarah Wagenknecht landet, bleibt offen - auch mit Blick auf einen Einzug in den Bundestag. Für die Linke bleibt zu hoffen, dass die drei Silberlocken es rocken.
Seit Jahren versuche ich auf meine Weise, die AfD zu adressieren. Das reicht von Entrüstung bis zu seriöser politischer Bildungarbeit mit aufklärerischer Intention. In Alexander Gauland, Björn Höcke - sollten wir vielleicht einmal miteinander reden findet diese Absicht ein solides Anwendungsformat, indem die unsäglichen, geschichtsklitternden Positionen Höckes und Gaulands mit historisch verbrieften Zeugnissen konfrontiert werden (hier geht's zum Video).
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Gedanken zu den Bundestagswahlen am 23.2.2025
E l o n M u s k, ein Multimilliardär aus den USA, mischt sich auf unflätigste Weise in den deutschen Wahlkampf ein. Er beleidigt gewählte Volksvertreter und puscht mit seinem Medieneinfluss die in Teilen als gesichert rechtsradikal einzustufende AfD. Und wir schauen bei alledem tatenlos zu? Nein! Ich nehme heute Erich Kästner als Wahlhelfer mit in unser Boot. Er hat nicht nur Drei Männer im Schnee, Das doppelte Lottchen, Emil und die Detektive und Das fliegende Klassenzimmer geschrieben. 1932, ein halbes Jahr vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten, erschien in der Weltbühne sein Marschliedchen, das zuerst unter dem Titel Denn ihr seid dumm erschienen war. Ich habe es mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen angepasst und verbinde damit meinerseits eine Wahlempfehlung – gegen die von Elon Musk propagierte Wahlempfehlung, denn er ist (nicht nur) dumm. Seine Multimilliarden stehen in einem umgekehrt proportionalen Verhältnis zu einer allumfassenden Intelligenzverkörperung, die im Übrigen auch emotionale und soziale Intelligenz einschließt. Mit dieser Wahlempfehlung verbinde ich die Hoffnung, dass wir nicht – wie Erich Kästner – auch auf lange Sicht einer Fehleinschätzung unterliegen.
Demokraten können alle Farben wählen, blau allerdings nur im Zustand der Volltrunkenheit! Und selbst
V o l l t r u n k e n h e i t
entschuldigt keineswegs für die Wahl einer Partei, die Faschisten in ihren Reihen duldet!
Franz Josef Witsch-Rothmund
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Armin Nassehi: Sachkenntnis zählt nicht, nur die richtige Haltung – In der angeblich so kritischen Öffentlichkeit wird nur noch über das Streiten selbst gestritten (SPIEGEL 4/25, S. 46-47)
Ich finde es gut, dass Intellektuelle, wie Armin Nassehi die Öffentlichkeit suchen. Zugleich dekonstruieren sie Öffentlichkeit als einen Ort, der infolge der Reduktion auf die Zwei-Seiten-Form von Zustimmung und Ablehnung an radikaler Selbstüberschätzung leide. Öffentliche Diskurse seien selten von Sachkenntnis bestimmt. Deshalb tue man gut daran, die öffentliche Diskussion nicht mit der Gesellschaft zu verwechseln. Nassehi – Niklas Luhmann lässt grüßen -, lässt keinen Zweifel daran, dass es die Gesellschaft nicht gibt. Wenn überhaupt lässt sich nur von Subsystemen sprechen (z.B. Recht, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst, Religion), die im besten Fall als Orte der Abkühlung dafür stehen, dass überhaupt noch nachhaltige Entscheidungen getroffen werden. Zuletzt noch ein Wort zum überaus menschenfreundlichen Armin Nassehi: Sie müssen nicht betonen, dass Pierre Bourdieus Anmerkung, wie sehr Denkungsarten und Praktiken den Habitus von Menschen formen, nicht hochnäsig gemeint sei. Ich empfehle uns dringend, die Nase hoch zu tragen - zumindest über dem Wasserspiegel. Denn spätestens seit Weimar wissen wir: Die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber (Bertolt Brecht)! Jan Philipp Reemtsma spricht vom unaufhebbaren Nichtbescheidwissen der Mehrheit. Schlägt man die Seiten 64/65 in der gleichen SPIEGEL-Ausgabe auf und liest, was Peter Leibinger als Präsident des BDI zur AfD zu sagen hat, weiß man ziemlich genau, was Reemtsma meint; denn nicht nur „die Ausländerfeindlichkeit der AfD ist schlicht dumm“ (Peter Leibinger). Dabei spricht Peter Leibinger durchaus Klartext; der Subtext dazu lautet: Jemand der die AfD wählt, muss - er kann zumindetst - wissen, dass keine seiner Erwartungen auf Prosperität und Wohlstand sich erfüllen wird, dass hingegen einer der Kernpunkte rechtsradikalen Denkens durchaus offensiv vertreten wird. Peter Leibinger sagt in seiner Funktion als Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI):
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Fünfzehn Thesen eines russischen Bürgers, der das Beste für sein Land will.
Alexej Nawalny: Patriot - Meine Geschichte (S. Fischer Verlag, 4. Auflage, Frankfurt 2024)
Alexej Nawalny - Yves-Rocher-Prozess
Alexej Nawalny wird im Dezember 2014 gemeinsam mit seinem Bruder Oleg des Betrugs für schuldig befunden. Beide werden verurteilt - Alexej Nawalny erhält eine Bewährungsstrafe, während sein Bruder Oleg zu dreieinhalb Jahren Lagerhaft verurteilt wird. Sein Tod jährt sich in gut einem Monat zum ersten Mal. Nach dem Auftritt der Drei Unheiligen aus dem Abendland werde ich die fünfzehn Thesen Nawalnys hier im O-Ton wiedergeben:
Drei Unheilige aus dem Abendland Teil III - um den Preis einer Abbitte
Veröffentlicht: 25. Februar 2024
Ich lese von Michael Thumann: Bis zum Letzten - Unterdrückung im Innern, Angriff nach außen: Wladimir Putin wird immer radikaler, in: ZEIT 9/24, Seite 2. Viele der folgenden Zeilen sind Michael Thumanns Artikel fast wortgetreu entnommen. Die Abbitte fällt mir schwer. Sie bezieht sich auf Fehleinschätzungen, wie sie den Drei Unheiligen aus dem Abendland I und II zugrundliegen (siehe weiter unten). Leider sind es Fehleinschätzungen, die der Entwicklung des politischen Weltgeschehens ebenso geschuldet sind, wie den widerwärtigen innenpolitischen Entwicklungen, die gegenwärtig (auch) zu beobachten sind. Uns bleibt das klare, offene Wort, das Bekenntnis zu einer demokratischen Grundordnung auf rechtsstaatlichem Fundament. Und wir hoffen und treten dafür ein, dass wir nicht dem gleichen Irrtum unterliegen, wie vor 92 Jahren Erich Kästner!