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»sorgt euch! …und hört auf, euch zu vereinbaren.«

Vereinbarkeit ist die Lösung! Wirklich? Ein kritischer Blick auf die aktuelle Vereinbarkeitsdebatte. Und ein Appell für mehr Care ...

Esther Konieczny und Lena Stoßberger gehen davon aus, es bestehe das Risiko, dass Vereinbarkeit die existierende Über- und Unterordnung stabilisiere, da Vereinbarkeitsinstrumente versuchten, „innerhalb des Systems zu optimieren, anstatt das Nebeneinander von Erwerb und Care als Ganzes neu zu denken.“ Diese „kühne Behauptung“ versuchen die Autorinnen im Magazin les enfants terrible – gutes neues arbeiten anhand von drei Thesen zu untermauern. Hierzu ein paar Anmerkungen verknüpft mit der Absicht den Kontext zu erweitern. Hierzu nehme ich Bezug auf soziologische Befunde sowie die relativ aktuellen Überlegungen Eva von Redeckers zu einem „radikal neuen Freiheitsbegriff“.

Ihre Ausgangsthese fassen Esther Konieczny und Lena Stoßberger folgendermaßen zusammen:

„Erwerbsarbeit und Care-Arbeit konkurrieren um die knappe Ressource Zeit. Es ist ein Erbe der Industrialisierung, dass produktiver (Erwerbs-)Arbeit ein höherer Wert beigemessen wird als reproduktiver Sorge-(Arbeit). Dieses Über- Unterordnungsverhältnis stabilisiert und manifestiert gleichermaßen unsere kapitalistische Wirtschaftsordnung wie auch die noch überwiegend patriarchalen Gesellschaftsstrukturen […] Die Globalisierung von Betreuungs- und Care-Aufgaben, die so genannte global care chain setzt das kapitalistische Prinzip der Über- und Unterordnung fort, produziert ein Care-Prekariat und ist letztlich eine Aussage darüber, welchen Wert wir Care als Gesellschaft zuschreiben.“

Es ist später als ihr denkt! (Günter Franzen)

In den eigenen Auslassungen zu stöbern bedeutet unterdessen – nach gut zehn Jahren – sich in über 500 Beiträgen umzutun. Die Anregungen dazu speisen sich sowohl aus einem öffentlichen Diskurs, wie er uns – massenmedial vermittelt – allen zugänglich ist. In manchen Fällen resultieren sie jedoch aus jenen Wendepunkten im Leben, an denen sich entscheidet, ob – und wenn ja – wie wir weiterleben können bzw. wollen. Den radikalsten Einschnitt und Wendepunkt mit unabsehbaren Folgen habe ich zuletzt, seinem dreißigsten Jahrestag geschuldet, nur noch mit dem Namen meines Bruders Wilfried Witsch versehen.

Elke Heidenreich (81) lässt in einem Interview in der Juli-Ausgabe von chrismon (DAS EVANGELISCHE MAGAZIN) aufhorchen:„Der Dichter Jean Paul hat gesagt, dass bei der Geburt eines Menschen ein Pfeil abgeschossen wird, und in der Todesstunde trifft er. Ich höre den Pfeil manchmal schon sirren, aber das macht mir keine Angst. Mit 40 oder 50 zu sterben, ist tragisch, aber in meinem Alter hat das keine Tragik mehr. Ich kann den Tod akzeptieren.“

Ein Horrortrip ins Niemandsland -

in Erinnerung an Karl Otto Hondrich, den Andernacher Jungen (1937-2007)

Für alle meine Nichten, meinen Neffen, meine Kinder und Kindeskinder – und auch für gute Freunde, die Karl Otto Hondrich im Verlauf seiner Ausführungen zu Recht mit in den Vordergrund rückt.

Der zukunftsgläubige Mensch – und seine Herkunftszwänge

So lautet die Überschrift zu einem Aufsatz, den Karl Otto Hondrich 1998 (!!!) im Handwörterbuch zur Gesellschaft Deutschlands, herausgegeben von Bernhard Schäfers und Wolfgang Zapf, veröffentlicht hat. Ich entnehme ihn dem Suhrkamp-Band: Der neue Mensch, erste Auflage 2001, erschienen bei Suhrkamp, Seite 179-208

Es geht auch mit Hartmut Rosa

Es muss nicht Karl Otto Hondrich sein, der ja deutlich über eine rein deskriptive Analyse der Individualisierungsgewinne und -verluste hinausgeht. Auch aktuelle Soziologen vom Format eines Hartmut Rosa äußern sich in ähnlicher Weise, wenn auch in einer nuanciert anderen Sprache (siehe vor allem auch: hier):

"Eine Kritik der Resonanzverhältnisse zielt also notwendig auf Emanzipation und Autonomie. Allerdings und das ist mein entscheidender Punkt, reicht diese freie Schwingungsfähigkeit als Kriterium für ein gutes Leben nicht aus." (S. 755)

Botho Strauss: Oniritti - Höhlenbilder

Unter dem Eindruck eines höchst intensiven Wochenendes fallen mir Botho Straussens Oniritti Höhlenbilder vor die Augen. Brutale Kost, die Abwehrreflexe mobilisiert – immer auf der Suche nach Rettungsankern. Die Höhlenbilder verbürgen, dass wir weder herkunftslos noch hoffnungslos in dieser Welt stehen, wobei Letzteres durchaus mehr als fragwürdig erscheint. Überlasse ich jetzt Botho Strauß (es wird nicht verschwiegen, dass Botho Strauß unbotmäßig schweigt!) das Wort, wird Herkunft (die er selbst so eindringlich wachruft – eben in Herkunft - siehe auch ganz unten im Sinne eines würdigenden Nachtrags) übermächtig, wirkt wie eine Krake, die uns im Drosselgriff den Atem nimmt. Die Hoffnung erweist sich als ein Girsch oder ein Hahnenfuß, unzählige Male traktiert, extrahiert und dennoch nicht auzumerzen!

   
© ALLROUNDER & FJ Witsch-Rothmund
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