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McEwan - Was ich gern früher gewusst hätte

Seit Solar ist mir Ian Mc Ewan als hellsichtiger Analyst des Niedergangs unseres Planeten vertraut. Seit einigen Tagen hat er auch mein Vertrauen auf eigentümlich vertraute Weise gewonnen. Das ZEIT-Magazin hat seit wenigen Wochen eine Seite eingeführt, auf der Prominente schreiben dürfen, "was sie erst spät begriffen haben". Es sind jeweils nur wenige, verstreute Impressionen, die es hier auf's Papier schaffen. Diese Knappheit erzwingt eine Beschränkung auf Essentielles. Ich mag das bei Ian McEwan zumindest so empfinden, weil er mir - dem bis auf wenige Tage 71jährigen - als 74jähriger jene Stichworte liefert, die diesen Blog seit fast zehn Jahren prägen und rahmen. Dass eine Generationenzugehörigkeit verbindet, offenbart sich an so ungemein trivialen Empfehlungen, deren eine lautet:

Lesen interaktiv - eine Bereicherung für beide Seiten

seit ich Ruheständler bin, gewinnt das Lesen - und im Übrigen auch das Schreiben - noch einmal eine andere Bedeutung, und es nimmt auch noch einmal andere Formen an. Ich kann mich meiner Lektüre sehr viel ambitionierter und mit akribischer Aufmerksamkeit zuwenden, als dies zu Zeiten beruflicher Anspannung noch der Fall war; zuletzt beispielsweise bei Alex Schulmans Verbrenn all meine Briefe, oder bei Peter Härtlings Nachgetragener Liebe - stellvertretende Beispiele für eine auch meinerseits hochgradig in biografischer Wechselwirksamkeit geführte Auseinandersetzung. Es geht immer um die Fragen, die Friedemann Schulz von Thun mit den Umständen und Zufällen verbindet, die vielleicht - wenn man Glück hat - zu einem Erfüllten Leben führen. Er schrieb mir auf meine Auseinandersetzung mit seinem Spätwerk:

Wir werden alle sterben

aus: Arnold RetzerMiese Stimmung - Eine Streitschrift gegen positives Denken, Frankfurt am Main 2012 (S. Fischer Verlag - ISBN: 978-3-10-064205-9):

Was uns Michael Kleeberg in Vaterjahre vermittelt, ist weder neu noch überraschend. In fast literarisch anmutender Haltung hat uns Arnold Retzer diese Aussicht schon vor zehn Jahren in drastischer Konsequenz vor Augen geführt - in einem Kontext, der mit dem Gedanken und der Illusion ewiger Jugend spielt, und sei es auch nur in Gestalt einer ernährungsphysiologisch motivierten und einer maßlosem Fitnesswahn geschuldeten Haltung. Gleichermaßen in Würde zu altern und dabei die proaktiven Möglichkeitsaspekte nicht gänzlich zu verfehlen, stellt durchaus ein Herausforderung dar (:-))

Hitlers Wiedergänger

Die folgenden Punkte sind einer aufmerksamen Lektüre anempfohlen. Sie laden ein zu Vermutungen, aus wessen Feder diese Thesen und Zuschreibungen wohl stammen könnten. Ich habe sie im originalen Diktus und in der seinerzeit gültigen Orthographie wiedergegeben. Da noch die Rede von der Sowjetunion ist, drängt sich die Vermutung auf, dass der Text vor dem endgültigen Zerfall und der Auflösung der Sowjetunion im Dezember 1991 entstanden ist. Schon im Juni 1991 erhielt Leningrad den alten Namen Sankt Petersburg zurück. Ein gewisser Anatol Sobtschak wurde Bürgermeister der Stadt.

Michael Kleebergs Vaterjahre - mit schönen Grüßen von Jodok

Ja, wo fang ich an? Skurril die Geschichten, skurril Aspekte der Selbstwahrnehmung und der Selbstbeobachtung! Ja, wo fang ich an? Des Nachts liegt der ältere Mann zwischendurch – in der Regel nach dem Pinkeln – wach und sinniert. Gestern Nacht unter dem Einfluss der Lektüre von Michael Kleebergs Vaterjahre (München 2017) - hier Seite 389 bis 416. Kleeberg, sprachgewaltiger und sprachvirtuoser Erzähler der Welten Karlmann Renns (Charly), schildert auf den angegebenen Seiten Leben, Niedergang und Ableben des Jobst Rathjen. Obwohl die Frage erlaubt sein muss, ob diese 27 Seiten ein gleichwohl virtuoses Erzählwerk nicht ungebührlich aufblähen – dieser Eindruck stellt sich an so manch selbstverliebt daherkommenden Passagen ein –, gewinnt auch diese Sequenz in ihrer Geschlossenheit für sich genommen eine gewisse Eigenmächtigkeit, Plausibilität und Faszination.

   
© ALLROUNDER & FJ Witsch-Rothmund
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