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Über den Souverän und andere Illusionen - Wählen (und andere Handlungen) im Affekt (ein erster Entwurf im Rückgriff auf den unterkomplexen Zuschnitt der #metoo-Debatte und andere Kontroversen
Teile der Bevölkerung leben ihren Frust in vorreflexiven Affekten aus: Ich habe Angst, ich bin zornig, wütend und frustriert! Eine affektgesteuerte Haltung legen zu Teilen auch Akteure gleichermaßen auf der nationalen wie der internationalen Bühne politischen Handelns an den Tag.
Das deutsche Strafrecht kennt im Übrigen die Ausübung einer Tat im Affekt (Affekttat), was zu einer Strafmilderung nach § 21 StGB oder, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung im Sinne des § 20 StGB, zur Schuldfähigkeit führen kann.
Zugegebenermaßen bemüht der folgende Beitrag Vorstellungen über ein Phänomen wie Affektlogik primär in anderen Zusammenhängen. Es handelt sich bei: Kurvenverläufe und #metoo nämlich um eine Auskopplung aus Kurz vor Schluss II – Mosaiksteine zur Rekonstruktion und Modellierung von Familiendynamiken (Koblenz 2022).
Wenn ich dennoch – wie häufig in meinen letzten Blog-Einträgen – dazu neige, auch Wählerverhalten und politisches Handeln unter affektlogischen Kriterien einzuordnen, dann vor allem aus der Annahme heraus, dass Menschen in der Tat vor allem in Krisen- und Stresssituationen dazu neigen, Handlungen sozusagen im Affekt zu begehen. Affekte wie Zorn, Wut, Hass tauchen z.B. immer häufiger in der Rechtfertigung von Wählern auf, die der Ampel eine Lektion erteilen wollen. Die Annahme, dass man ihnen dabei eine Bewusstseinsstörung attestieren könnte, halte ich für nicht zulässig. Schon eher mag man Jan Phillip von Reemtsmas These vom Unaufhebbaren Nichtbescheidwissen der Mehrheit (München 2005) in Erwägung ziehen. Aber auch dies halte ich nicht wirklich für zulässig – siehe:
Was nicht jeder weiß, aber jeder wissen kann.
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Carl Friedrich von Weizsäcker – 20. Juli 1944
Siehe dazu auch: Eugen Kogon und Carl Schmitt sowie die weiteren am Ende des Beitrags verlinkten Texte - besonders am Herzen liegt mir: Hadde och Bärchje? (Habt ihr auch Bärchen?)
Ich war ein später Abiturient und habe 1974 die Allgemeine Hochschulreife erworben – vor wenigen Wochen haben sich einige unseres Jahrgangs zum 50sten Jahrestag getroffen. Wir haben über Gott und die Welt geredet – natürlich auch darüber, in welcher Weise sich das Motto unserer Schule (Are-Gymnasium Bad Neuenahr) – sum ut fiam – mit Blick auf unsere jeweiligen Lebensläufe ausgeprägt hat. Für meinen Teil wird mir manchmal überdeutlich, in welch problematischer Weise sich im Rückblick auch für Abiturienten Defizite hinsichtlich ihrer politischen Grundbildung offenbaren. Ich habe als Sozialkunde- und Geschichtslehrer gearbeitet und über fast 25 Jahre in der Lehrerausbildung großen Wert auf eine solide politische Grundbildung gelegt. Seit meiner Versetzung in den Ruhestand habe ich natürlich schlicht mehr Zeit für Lektüren jeglicher Art. Sieht man einmal ab von den – ich nenne sie nicht alleine so – Luhmann-Lektüren (Luhmann-Lektüren, Kadmos-Verlag, Berlin 2010), die gleichermaßen weltbildkonstituierend wie –verändernd wirken, fallen einem zuweilen Beiträge zu, die - gewissermaßen – einer nachgetragenen Horizonterweiterung gleichkommen.
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Eugen Kogon und Carl Schmitt
Bereits 1945/46 hat Eugen Kogon die ideelle Grundlage des Terrors begriffen. Sie beruht auf der von Carl Schmitt 1932 vorgelegten Schrift: Der Begriff des Politischen, mir vorliegend in der 7. Auflage als 5. Nachdruck der Ausgabe von 1963
Auf den Seiten 26/27 der Taschenbuchausgabe zu Eugen Kogons: Der SS-Staat - Das System der deutschen Konzentrationslager", 42. Aufl., München 1974 findet sich folgende Passage (ausführlicher hier):
"Die ideelle Grundlage, von der der Terror seinen Ausgang nimmt, ist die Leugnung oder die Relativierung jener Rechte, die wir aus dem Wesen und den Aufgaben des Menschen selbst herleiten. Sie kann, wie bereits angedeutet, prinzipiell sein. Wer eine monarchische oder cäsarische Despotie anstrebt, würde in der Anwendung terroristischer Mittel behindert, wenn er Autorität und Freiheit, die beiden Seiten eines und desselben Grundrechtes, auch nur irgendeines anderen Menschen anerkennen wollte. Außer dem Despoten und all jenen, auf die er als seine Werkzeuge die vermeintlich absolute Verfügungsgewalt überträgt, besitzt niemand Rechte aus sich oder aus dem ihm zustehenden Sachbereich. Wer aber das Gesetz der niederen Natur vom >Kampf ums Dasein< auch in der menschlichen Gesellschaft und ihren Ordnungen für gültig hält, muss jede Art von Recht zu einer Ausdrucksform der Freund-Feind-Theorie relativieren, die es ihm erlaubt, selbst die gemeinsten Mittel der Gewalt für gerechtfertigt anzusehen, sofern sie ihm in einem gegebenen Fall besser angebracht erscheinen als List, Überredung und jeder andere Versuch, Oberhand zu gewinnen. Denn die Meinung, es sei ein 'Naturgesetz' auch der menschlichen Gemeinschaft, dass der Tüchtigste, der Stärkste schließlich sogar der Gewalttätigste überlebe und überleben solle, da er allein zur Herrschaft berufen sei, heiligt von solchem Zweck her selbstverständlich den Rechtsbruch."
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Was nicht jeder weiß, aber jeder wissen kann!
Miriam Lau hat bereits 2020 in einem kurzen Artikel ("Als hätten sie schon die Macht") in der ZEIT (2/2020, S. 3) die Veränderungen der politischen Kultur innerhalb des Parlaments thematisiert. Und plötzlich macht ein Goebbels-Zitat aus dem Jahre 1928 die Runde, als der NSDAP-Politiker folgendes vernehmen ließen (siehe auch hier):
"Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen (...) Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrtkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre Sache. Wir kommen nicht als Freunde, auch nicht als Neutrale. Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir."
Ich war seinerzeit der Auffassung: Miriam Laus Artikel kommt leider daher wie sehr dünnes Bier. Gleichwohl bestätigt er, dass es einfach zu billig ist, Gauland und Konsorten als Drecksäue zu bezeichnen. Sehr viel wesentlicher wird es sein, wie mehr oder weniger belämmert wir - die Schafherde - sich in den nächsten Wahlrunden verhalten wird. Dazu benötigen wir eine gute Portion Starkbier.
"Wir kommen nicht als Freunde, auch nicht als Neutrale. Wir kommen als Feinde!
Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir."
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Schön, dich kennenzulernen –
Axel Hacke nähert sich einem Fremden, mit dem er schon ein Leben lang zusammenlebt: seinem Körper (ZEIT 39/24, S. 46/47)
Axel Hacke hat es schon wieder getan – er weckt Aufmerksamkeit, wo sie Not tut!
Not – ein lästig Gebot; davon zeugt Axel Hackes neue Visitenkarte:
„Axel Hacke, Schriftsteller und Kolumnist, Inhaber von Morbus Meulengracht und Morbus Ledderhose. Normale Flussprofile im Carotisstromgebiet. Absolvent von Thereoiditis de Quervain. Bruxist.“ Ja: „Wer braucht Professorentitel, wenn er einen Körper hat.“
Axel Hacke – 56er Jahrgang – sucht eine Sprache, beschreitet einen skurrilen Findeweg für etwas Alltägliches, für etwas Selbstverständliches, das alles andere als selbstverständlich ist.
„Ich habe mein ganzes Leben mit der Schilddrüse und dem Körper drumherum verbracht. Ohne ihn ginge es ja nicht.“
Die Schilddrüse ist es schließlich, die ihn zu seinem neuen Buch „Aua! Die Geschichte meines Körpers“ (bei DuMont, Köln 2024) treibt. Anhaltendes Unbehagen – ein Gefühl eingeschränkter Leistungsfähigkeit, genug zum Leben, zu wenig für Sport, stellt er fest:
„An der rechten Seite des Halses hatte ich Schmerzen bis zum Ohr, eine kleine Erhebung dort tat weh. Ich war heiser. Nachts wechselte ich den Pyjama, weil ich schwitzte wie ein Sumoringer nach einer Bergwanderung.“