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Reiseimpressionen hinein ins Leben und wieder hinaus - und immer dabei mit Dank für Hildes Geschichte

Da kommt der eine Opa mit seinen Enkeln vom anderen Opa, der sich im BWZK von einer verletzungsbedingten Blutvergiftung erholt, und dem man die freudestrahlende Zufriedenheit anmerkt, ob des Besuchs seiner Enkel und seines Pendants nach Hause; hocherfreut dort seiner jüngsten Enkelin mit ihrer hochschwangeren Mutter zu begegnen, die die Oma besuchen. Als dann noch der Schwiegersohn hinzukommt und beide mitnimmt, ist der Tag so rund, wie es Konrad Gold am 24. Juli in einem Leserbrief an die ZEIT (31/25, S. 15) auf den Punkt bringt:

"Auf ein ziemlich langes Leben zurückblickend stelle ich fest: Im Vergleich im Glück mit Kindern (und inzwischen Enkeln) ist alles Monetäre, alles beruflich Erreichte einer bemerkenswerten Beduetungslosigkeit anheimgefallen. Geblieben ist die Begeisterung fürs Weitergeben des Lebens an Folgegenerationen. Notfalls hätte ich fürs >Kinder bekommen dürfen< sogar Luxussteuer bezahlt."

Eingedenk der Familiendynamiken, der unvermeidbaren und notwendigen Individuation mit und gegen die bedeutsamen Anderen, ist gewiss nicht alles Gold, was da glänzt. Und erst im langen Atem, der die eigenen Kindern erfahren lässt, dass unverbrüchliche Zugehörigkeit und nestwarme Geborgenheit verbürgt sind und sich ausschleichen, sich wandeln und erhalten dürfen hinein in die Selbstständigkeit selbstverantwortlicher Individuen, die dann ihrerseits das Erfahrene weiterzugeben vermögen - nach unten wie nach oben - zeigt sich, was Konrad Gold so altruistisch feiert: Der Mensch ist, weil er sich verdankt und im Dank jenen Modus findet, in dem sich Herkunft und Zukunft begegnen. Die Volljährigkeit - zu meiner Jugend noch mit dem Erreichen des 21sten Lebensjahr verbunden - war in diesem Sinne immer ein Anlass zum Feiern - Inititationsritus und Ausstoßung zugleich.

Was wir dabei heute vergessen - viele Generationen vor uns aber immer schon vergessen haben -, hängt zusammen mit unser aller Verantwortung für einen gerechte, lebensbejahende Grundhaltung und das Eintreten für eine weitgehende (ökologische) Unversehrtheit unserer Erde als Lebensraum, in dem nicht nur wir, sondern auch unsere Kinder und Kindeskinder sich nach ihren Möglichkeiten und Bedürfnissen entfalten können. Und gewiss meine ich damit, dass Investionen in Kriege und Rüstung vollkommen an den Realitäten vorbeigehen, die sich dergestalt ausnehmen, dass es bald nichts mehr zu schützen und zu verteidigen gibt, wenn wir Zukunftsinvestitionen nicht auf den Erhalt der Erde als ökologisch intakten Lebensraum ausrichten.

Volker Weidermann ist mit der Schriftstellerin Dörte Hansen durch Nordfriesland spaziert (Sonderausgabe der ZEIT vom 9. August 2025, Seite 13) und erzählt, viel über die Verbindung von Mensch und Natur gelernt zu haben. Der letzte Abschnitt lautet:

 "Wir fahren durch Dörte Hansens und durch Theodor Storms Norden wie durch einen Roman. >Ein paar Jahrzehnte noch<, heißt es in Zur See, >dann wird all das verschwunden sein. die Meeresspiegel steigen, und die Stürme werden härter. (...) Kein Wellenbrecher wird die Nordseeinseln retten und kein Klimadeich, weil sie nicht für die Ewigkeit gemacht sind. Nichts Vertikales hat Bestand in dieser Landschaft. (...) Alles will hier Horizont sein<."

Bevor aber alles Horizont wird sollte es unsere Verantwortung bleiben, inwieweit die dazu erforderlichen Prozesse auf einem gegenwärtig mit etwa 8 Milliarden Menschen bevölkerten Planeten beschleunigt oder verlangsamt werden. Zum Abschluss noch ein wenig Zynismus, der mir deshalb im Halse stecken bleibt, weil der dafür Verantwortliche - Feridun Zaimoglu - mir (obwohl er nur 13 Jahre jünger ist als ich) signalisiert, dass ich gemeint sein könnte; dass wir gemeint sein könnten - die ganze Mischpoke untätiger, lamentierender Zeitgenoss:innen, die sich - sofern sie nicht bereits dort angekommen sind - zunehmend darauf vorbereiten, jenen Ort zu bevölkern, den Zaimoglu zu seinem Lieblingsort erkoren hat:

"In den Eingängen der Altersheime, die heute Seniorendomizile heißen, sitzen in Rollstühlen die Deutschen von gestern." Es seien seine Lieblingsorte: "Dort leben, wie er sagt, seine liebsten Deutschen [...] Die Alten, die Deutschen von gestern, sind verschwundene Menschen." (Sonderausgabe der ZEIT vom 9. August 2025, Seite 66)

Für meine Begriffe ist Zaimoglu da zehn bis zwanzig Jahre zu spät dran - oder aber vielleicht erheblich zu früh, irritiert uns bzw. mich doch gegenwärtig der Jungwähleranteil der AfD. Möglicherweise gelingt es uns aber doch noch auf andere Weise dem unaufhebbaren Nichtbescheidwissen der Mehrheit der Menschen (Jan Philipp Reemstma) zu Leibe zu rücken.

Jedenfalls - herzlichen Glückwunsch all denen, die in dieser Woche 21 Jahre alt werden.

Und weil Volker Weidermann am 16. Oktober sein Buch >Wenn ich eine Wolke wäre< über die Dichterin Mascha Kaléko veröffentlicht
- und überhaupt (und vor allem für die, die nicht Bescheid wissen):

 

Sonett für Mascha Kaléko

Denk ich der Tage, die vergangen sind,
Und all des Lichtes, das aus uns strahlte,
Da Zuversicht und Glaube Bilder malte,
Und aus goldnen Fäden unsere Zukunft spinnt.

Denk ich, wie Träume damals in uns ras(t)en,
Wie wir im Rausch entwarfen unser Land
Ganz zielgewiss mit starker Hand,
Das Land, zu dem die Braunen immer schon den Weg vergaßen.

Lasst uns als Wächter stehen vor den Toren
Und ringen wir um das, was falsch ist und was wahr.
Blau sei nur der Himmel, vertreiben wir die braune Schar;
Damit das Licht, das Licht in uns nicht geht verloren.

Nicht nur im Traume soll es glühn und funkeln.
Kein brauner Sumpf soll unsern Horizont verdunkeln.

   
© ALLROUNDER & FJ Witsch-Rothmund
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