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Leben und sterben, wo ich hingehöre
Was sollten wir an die Stelle von Schuldgefühlen setzen?
Barbara Bleisch: Die normative Kraft, die uns verpflichtet, sollte das lebendige Interesse aneinander oder, im besten Fall, die wechselseitige Liebe sein. Ich plädiere dafür, nicht von der Schuld, sondern von der Gabe her auf die Familie zu blicken. Wir sollten uns nicht fragen, was wir einander schuldig sind, sondern welche Gründe wir haben, uns umeinander zu sorgen. Zwischenmenschliche Beziehungen sind ja mit das Wichtigste, was wir in unserem Leben haben, weil wir eben gerade keine >solitären Pilze< sind, wie der Philosoph Thomas Hobbes geschrieben hat. Mir geht es darum, zu zeigen, dass die Antwort auf die Frage, was Kinder für ihre Eltern tun sollten, von ihrer Beziehung zu ihren Eltern abhängt und nicht allein am Verwandtschaftsverhältnis liegt. (Barbara Bleisch)
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Mors certa – hora incerta – der Tod ist uns gewiss – die Stunde ungewiss
Novembergedanken am Lebensabend zu der Frage, wie Herkunft und Gestaltungswille im Lebenslauf zusammenwirken - das ist immer auch die Frage danach, welche Einflüsse Schicksalszufälliges und Beliebigkeitszufälliges in unserem Leben haben?
Wir Alten – auch wir jungen Alten müssen nachdenken, und soweit es in unserer Gestaltungsmacht liegt, entscheiden, wie wir auf die Umstände und Rahmenbedingungen in den letzten Jahren unseres Lebens Einfluss nehmen wollen. So erzählte mir ein Freund, dass einer seiner nahen Bekannten – noch nicht siebzig Jahre alt sein Haus verkaufe. Er bemühe sich um eine Wohnung in einer Seniorenresidenz mit der Option für Versorgungsleistungen im Rahmen betreuten Wohnens. Marianne, die ich aus Jugend- und Schulzeiten kenne (so alt wie ich, also 72), und die lange in der Nachbarschaft wohnte, sprach mich an, ob ich ihr etwas zum Angebot des betreuten Wohnens in einer Gülser Senioreneinrichtung sagen könne, ich habe doch dort mehrere Jahre ehrenamtlich gearbeitet.
Seit 2019 wohnen wir – Claudia und ich – in Güls auf dem Heyerberg. Von 2017 bis 2019 haben wir ihr Elternhaus saniert und umgebaut. Wir haben altersgerecht saniert und einen Aufzug einbauen lassen. Damals lebte Claudias Mutter, meine Schwiegermutter noch, und wir hatten ursprünglich erwogen, sie vielleicht doch noch einmal in ihr altes Wohnumfeld – sie hat dort genau 50 Jahre gewohnt – zu integrieren. Die Entwicklung hat andere Fakten geschaffen, und wir haben sie 2020 im hohen Alter von fast 97 Jahren zu Grabe getragen. Gegenwärtig entzieht es sich meiner Vorstellungskraft ähnlich lang zu leben. Aber zieht man einmal den weiteren verwandtschaftlichen Genpool zu Rate, ist dies für meine Frau alles andere als ausgeschlossen.
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Sina Pousset: „Meine Mutter war Sanftheit. Sie war Wärme, Liebe für alles, was lebt:“
ZEIT 48/24, Seite 64-65
Sina Pousset liefert uns eine kosmische Definition jener Allliebe – vielleicht eine Annäherung an die Vorstellung von Agape, jenseits von Eros und umfassender als Philia?
Die Mutter wird von Sina Pousset auf eine ungewöhnliche Weise – und gegen den Zeitgeist – erhöht zur großen Liebe der Tochter:
„Ich bin Einzelkind. Meine Mutter ist das Fundament, auf das ich meine Welt gebaut habe. Sie war mein Nordstern, meine beste Freundin. Ich glaubte an mich, weil sie an mich geglaubt hat. Mit ihrem Tod verliere ich nicht nur sie, sondern auch mich.“
Sina Poussets Mutter verstirbt mit 60 Jahren an Krebs. Sina Pousset ist 30 Jahre alt und trägt das Enkelkind ihrer Mutter unter ihrem Herzen:
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Für Willi - am 12.11.2024
Na klar würden w i r heut feiern – 69 – eine Schnapszahl, ineinander verdreht und magisch - für Willi allemal:
Willi hätte gestern vermutlich schon gefeiert, ne Karnevalsjeck am 11.11. – hinein in den 12.11., seinen 69sten Geburtstag.
So aber gibt es nichts zu feiern, und die Erinnerung schmerzt und beglückt gleichermaßen. Sie gilt ja dem, den wir gehabt haben und dem, den wir nicht mehr haben. Will sie uns mahnen?
Sorgt Euch – nicht nur um Euch, vor allem um die, die uns anvertraut sind?
Ach Quatsch: Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie? Verkauft man nicht zwei Sperlinge für einen Groschen? Dennoch fällt keiner von ihnen auf die Erde ohne euren Vater. (Mt 10,29)
Das hätte Willi gefallen! Unser Willi war ja kein Sammler – er war ein Flieger über den Wolken und sein Sturz war bodenlos – hoffentlich nicht ohne seinen Vater?!
Wäre er heute unter uns, so würde er feiern und sich grämen gleichermaßen? Auch für ihn wäre die große Welt in Unordnung und kämpfen würde er für ein bisschen Ordnung in seiner kleinen Welt?!
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Familie - Wir sind nicht alleine auf der Welt - ob wir das nun wollen oder nicht
Viele Umarmungen, viele Tränen, viel Wirbel - der Ausdruck von Gefühlen hält die Familie gesund (meint Richard Gere in: Was ich gern früher gewusst hätte (ZEIT-Magazin 47/24)
Vor 25 Jahren habe ich nach dreijähriger Aus-, Fort- und Weiterbildung die IGST (Internationale Gesellschaft für Systemische Therapie) in Heidelberg verlassen – drei Jahre intensiver Therapieerfahrung. Meinem eigenen Leben hat diese therapeutische Selbstexkursion den entscheidenden Wendepunkt vermittelt. Selbstkritische, kreative und sozial-intelligente Potentiale entfalten sich nicht von selbst bzw. man kann sie fördern und entwickeln. In meinem Fall brauchte es den Anstoß durch den fremden, wertschätzenden Blick, der mich ermunterte die Tatsache blinder Flecken im Selbstbild sowie in den sozial relevanten Fremdbildern anzunehmen und allein schon dadurch veränderte Kommunikationsgewohnheiten und -formen auszubilden.