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Karfreitagsgedanken I

 

Eltern

Es gibt dicke Eltern und dünne Eltern;
Eltern die immer sehr ängstlich und besorgt sind,
und Eltern, denen alles egal ist.
Manchmal fehlt der Vater, der ist tot oder woanders,
manchmal fehlt die Mutter.
Das sind traurige Familien, da gibt es Tränen.
Am besten ist, wenn man außer den Eltern
auch noch einen Großvater hat.
Wenn die Eltern mal böse sind, geht man einfach zum Großvater.

(Walter Kempowski, Herr Böckelmanns schönste Tafelgeschichten)

Der Karfreitag hat mir schon den Traum vom Ewigen Frieden beschert. Karfreitagswetter – etwas trübe und regnerisch – veranlasst mich zum Räumen. Ich komme aber nicht weit. Zufällig fällt mir Pädagogik statt Therapie in die Hände – Rudi Krawitzens Habilitationsschrift (3. Überarbeitete Auflage, Bad Heilbrunn 1997). Und zufällig entdecke ich auf Seite 274 Walter Kempowskis lapidare Absonderungen zu den Eltern, die aber – und das lässt mich ein wenig schmunzeln – mit dem Gang zum Großvater enden (siehe zuletzt: Die Erfindung der Enkel oder: Großväter). Ich blättere vor und zurück und lese mich fest. Auf den Seiten 255ff. vollziehe ich noch einmal nach, was Rudi in den 90er Jahren über Eltern als „überforderte Träger der Erziehung, als Partner pädagogischer Praxis“ geschrieben hat. Es beginnt mit GG, Art. 6, 1, wo zu lesen ist, dass die Familie „unter besonderem Schutze der staatlichen Ordnung“ steht. Rudi Krawitz bezieht sich dann zunächst einmal auf soziologische Befunde, die den extremen Wandel von Aufwuchs-, Entwicklungs- und Erziehungsbedingungen in den letzten drei Jahrhunderten belegen. Wie drastisch sich dies auch schon vor 30 Jahren ausnahm, mag folgende Auflistung zeigen:

Zum ewigen Frieden

Aus dem Nachlass von Winfried Rösler ist mir ein Buch zugekommen, dass ich heute – zwei Tage, nachdem er 73 Jahre alt geworden wäre – wieder einmal in die Hand nehme: Manfred Geier: Aufklärung - Das Europäische Projekt (2012 bei Rowohlt in der dritten Auflage erschienen). Aus gegebenem Anlass nehme ich mir aus Eine tröstende Aussicht in die Zukunft, das Immanuel Kant zugedacht ist, das siebte Unterkapitel: Der europäische Traum vom ewigen Frieden (Seite 274-281) zur Hand. Der gegebene Anlass ist nach wie vor die russische Aggression gegenüber der Ukraine auf der einen Seite und der unfruchtbare Disput mit einem Freund aus Jugendtagen auf der anderen Seite. Mehrfach habe ich mich bereits auf Kant bezogen, um Putins Vorgehensweise als absolutes Sakrileg zu brandmarken. Dem Vorwurf, ich würde meine eigene Position hinter den Nebelkerzen der Philosophie unkenntlich machen, begegne ich heute, indem ich die von Manfred Geier vorgelegte knappe Skizze dazu nutze, in der Tat meine eigenen Überzeugungen noch einmal zu unterlegen.

Kurze Einleitung:

Immanuel Kant zwingt uns Menschen insofern zur Bescheidenheit als er unserem Erkenntnisvermögen die Fähigkeit abspricht, die Dinge an sich erkennen und benennen zu können. Marcus Willaschek (Kant – die Revolution des Denkens, München 2023, S. 328ff.) bringt dies noch einmal auf den Punkt, indem er „die völlig neuartige Idee“ Kants illustriert:

Es gibt im Menü meines Blogs ein neues Schlagwort: Politik

In den letzten Monaten ist mir klar geworden, dass viele Kontroversen innerhalb des Geltungsbereiches der Bundesrepublik Deutschland, vor allem aber mit Blick auf internationale Krisen und Konflikte nicht angemessen diskutiert bzw. beobachtet werden können, ohne den Politikbegriff zu diskutieren, der hinter diesen Konflikten sichtbar wird bzw. der ihnen zugrundeliegt. Am offenkundigsten zeigt sich dies im Vergleich von Funktionsweisen, wie sie demokratisch verfassten Gesellschaften einerseits und autokratisch ausgerichteten Gesellschaftssystemen zugrunde liegen. Unter der Rubrik Politik sollen künftig sowohl theoretische als auch praktische Aspekte erörtert werden. Der nachstehende Beitrag bildet dabei ein Beispiel für grundlegende theoretische Unterschiede, die im Politikverständnis sich demokratisch verstehender Gesellschaften auf der einen und autokratisch organisierter Gesellschaftssysteme auf der anderen Seite sichtbar werden:

Die Politik der Gesellschaft

Eine Skizze mit der Absicht Demokratien von Autokratien abzugrenzen – fußend auf einem knappen Aufriss, das politische System als eines der Funktionssysteme in einer funktional differenzierten Gesellschaft zu verstehen (alle Zitate sind einem von Kai-Uwe Hellmann verantworteten Beitrag entnommen: Die Politik der Gesellschaft, in: Oliver Jahraus/Armin Nassehi u.a. (Hrsg.), Luhmann Handbuch Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart 2012, S. 241-246)

Mit Blick auf die aktuellen innergesellschaftlichen und außenpolitischen Konfliktlagen und –potentiale stellt sich immer wieder neu die Frage:

"Die verändernde Teilhaftigkeit und unabgeschlossene Offenheit des Verstehens und Wissens ist Teil einer guten Freundschaft." (Arnold Retzer - Über die Freundschaft

Grenzen der Freundschaft: >Da könnte es sein, dass wir uns verlieren und einen späten Abgesang auf eine frühe Freundschaft einläuten.<

Dies ist der Schlüsselsatz – zumindest mit Blick auf den Versuch, eine Freundschaft wiederzubeleben, die sich aus gemeinsamen Schulzeiten speist(e) und die im Laufe der Jahre versandet war. Vor wenigen Monaten haben wir uns wiedergefunden. Nun muss ich einsehen, dass die Grundlagen für eine Freundschaft nicht mehr annähernd gegeben sind, und dass wir uns verloren haben - man kann nicht einfach vorbehaltlos befreundet sein. Der Schock ist nachhaltig und offenbart, wie sehr – bei vermeintlich angenommener Identifikation mit den Grundlagen unseres politischen Systems – Menschen auseinanderdriften, die gleichermaßen Nutznießer der sogenannten Friedensrendite waren und die die Vorzüge eines Lebens in Freiheit seit über siebzig Jahren für sich in Anspruch nehmen. Die Frage, die ich mir selbst immer wieder stelle, was denn jemanden im Verlauf seiner politischen Sozialisation so grundlegend in die Irre führt, dass er beginnt Verschwörungstheorien anzuhängen und z.B. das Handeln Putins für „vernünftig“ zu halten, erschließt sich mir nicht. Wenn also schon jemand, mit dem ich ein Stück meines Weges im Wesentlichen einvernehmlich gegangen bin, abdriftet in eine Welt der Verschwörungsmythen, dann wird mir in der Tat Angst und Bange; Angst und Bange deshalb, weil ich bislang davon ausgegangen bin, dass die Alterskohorte, der ich angehöre, ausreichend Gelegenheit gehabt hat, die Vorzüge einer demokratisch verfassten Grundordnung, die auf Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit und der Gleichheit der Menschen (Menschenrechte) fußt, gegenüber autokratisch verfassten Systemen mit der Tendenz zu faschistoiden Entartungen wertzuschätzen und zu verteidigen – ohne Wenn und Aber!

Den Freund habe ich also verloren, während ich um eine schmerzhafte Erfahrung reicher bin!

Das  A b i t u r
herzlichen Glückwunsch, liebe Karla, zum erfolgreichen Abschluss Deiner Schulzeit
a l l e  freuen sich mit Dir

Das Abitur: Türöffner – Wegbereiter,
Abschluss und Anfang zugleich.
Gewissheit, dass man/frau etwas schaffen kann,
was man geschafft hat
aus eigener Kraft.

Einer Larve gleich verlässt man die Puppe,
fällt in die Welt und putzt seine Flügel;
beginnt zaghaft zu flattern,
die Welt zu erobern
mit Neugier und Hummeln im Bauch.

Von Neuem beginnt nun das Spiel,
offen der Weg, noch vage das Ziel.
Die einen treibt‘s und zieht’s in die Welt -
die anderen zögern und suchen den Halt
bis Zufall und Mut verschlossene Türen öffnen.

Es muss nicht der Zufall sein (allein)
geht man kraftvoll und zielstrebig hinein -
in eine Welt voller Chancen und Nieten zugleich.
Energisch und wagemutig die einen,
besonnen und zögernd die andern.

Es geht sich leichter gestärkt in die Welt
mit den andern im Rücken,
einer Familie, die einen hält.
Dann wählt man leichter, aus freien Stücken,
nimmt, was da kommt und ordnet es ein.

Viel später kann man dann sehen:
das Abi war ein wichtiger Schritt!
Und wenn es gut geht, fasst man dann Tritt
hin zu sich selbst und hinein in die Welt,
die manches verspricht, aber nicht alles hält.

Geht mutig und besonnen zugleich,
folgt eurem Herzen, nicht nur dem Verstand.
So bestellt ihr – im besten Fall – ein Land,
das euch nährt und schützt, wie ein Deich.
So kann man gehen und bleiben zugleich.

   
© ALLROUNDER & FJ Witsch-Rothmund
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