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Wie wollen wir leben? Und wie wird man zum Verfasser der eigenen Lebensgeschichte?

Peter Bieri - vielen bekannt unter dem Pseudonym Pascal Mercier (Nachtzug nach Lissabon) - hat drei Vorlesungen veröffentlicht (Wie wollen wir leben, 5. Aufl., München 2014), in denen er Kernthemen menschlicher Existenz erörtert und dazu anregt, zum Verfasser der eigenen Lebensgeschichte zu werden. Ich nehme die am 13.9. eröffnete dritte Ausstellung meiner Frau - Claudia - zum Anlass, einige seiner Anregungen aufzugreifen.

Ian McEwan: Der Planet ist krank (liebes Klimakabinett)

"'Der Planet', sagte er zu seiner eigenen Verblüffung, 'ist krank'." Michael Beard, der Protagonist in Ian McEwans Solar (Diogenes - Zürich 2010), hält einen Vortrag vor institutionellen Anlegern - alles konservative Leute - wie der Veranstalter betont. Michael Beard (53) wird von McEwan als Nobelpreisträger der Physik inszeniert, einer, der - wie der Klappentxt nahelegt - seine besten Zeiten hinter sich habe, der von seiner Reputation lebe und auf diese Weise - weniger als engagierter Überzeugungstäter - Fördergelder für ein politisches Prestigeprojekt abgreife: das Institut für Erneuerbare Energien.

Soweit so gut - meine Frau Claudia hat mir Ian McEwans in die Hand gedrückt. Solar ist gegenwärtig jeden Abend zu vorgerückter Stunde unsere gemeinsame Bettlektüre. Ich lese vor, bis ich ein sanftes Schnarchen - Schnorcheln triffts besser - vernehme; manchmal ist es aber auch umgekehrt: zu mehr als sechs bis sieben Seiten recht es nicht, dann muss ich passen, weil mir - inzwischen auf die 68 zugehend - die müden Augen zufallen. Claudia protestiert dann, mit mir sei nichts mehr los - aber das ist ein anderes Thema. Ian McEvan eignet sich nur sehr bedingt zur Bettlektüre, weshalb ich mich Solar - nachdem ich wieder online bin - im Rahmen meines Blogs zuwende.

Wolfgang Uchatius und der Zuckerboykott

Der Artikel von Wolfgang Uchatius in der aktuellen ZEIT (Nr. 29 vom 11. Juli 2019) heißt: "Ich habe kein schlechtes Gewissen mehr - Warum es in Ordnung ist, Auto zu fahren, in den Urlaub zu fliegen, Fleisch zu essen - und trotzdem für mehr Klimaschutz einzutreten". Für mich markiert dieser Beitrag eine weitere Sternstunde - neben Maximilian Probsts Beitrag "Umdenken oder Untergehen" anspruchsvollen Journalismus. Unter anderem in der Auseinandersetzung mit den Absonderungen mehr oder weniger renommierter oder reüssierter oder auch unbequemer Newcomer in der Szene der (ZEIT-)Journalisten drifte ich selbst intellektuell durch die Welt und schärfe mein lädiertes Profil. Aber nun zu Wolfgang Uchatius:

Hanno Rauterberg - Die ZEIT ist endlich bei mir angekommen

Kurz vor Schluss - Eine kleine Sozialkunde ist wesentlich von den Beiträgen der ZEIT-RedakteurInnen inspiriert. Vor einiger Zeit war es Maximilian Probst, der uns alten BildungstheoretikerInnen mit "Umdenken oder Untergehen" bereits vor Greta Thunberg eine grundlegende Revision sowohl der Politik als auch unseres Bildungsverständnisses ins Gedächtnis gehämmert hat. Roger Willemsen hatte dies kryptisch-vermächtnistechnisch mit "Wer wir waren" als Fanal markiert. Und nun brandmarkt Hanno Rauterberg "Die Kunst der Scheinheiligkeit"!

"Wohl dem, der immer schon lieber nach Helgoland als nach Bali fuhr. Der lesend die schönsten Exkursionen unternahm, weltläufig im Geiste. Er ist der wahre Avantgardist, ein Meister umweltschonender Trägheit. Während der Rest der Menschheit hektisch nach einem besseren Selbst sucht und inständig hofft, es in unbereister Fremde zu finden, sitzt der Avantgardist emissionsarm auf dem Sofa und erfreut sich seiner Imagination. Alle zirkulieren, Waren, Daten, Leiber. Er hält die Füße still."

Eine Schublade mit Unterhosen auf Abwegen

Infolge unseres Umzugs kam es kürzlich bei uns zu einem kleinen Zwischenfall - gottseidank und Dank guter Nerven mit versöhnlichem Ausgang. Bei unserer kleinen Rochade, in deren Folge wir ein neues altes Haus gegen ein altes neues Haus tauschen, büchste eine edle Kirschholzschublade mit den Unterhosen meiner Frau aus. Während die Schublade mit den Büstenhaltern sich klaglos, ja sogar mit einer gewissen Vorfreude in ihr Schicksal ergab, war die Schublade mit den Unterhosen plötzlich unauffindbar. Verschiedene Umzugsbauftragte wurden kontaktiert mit der Frage, ob ihnen die flüchtige Schublade irgendwo untergekommen sei. Alle verneinten und erste Verdachtsmomente kamen auf, ob es sich  möglicherweise um eine Entführung handeln könnte. Dagegen sprachen allerdings mehrere überzeugende Einwände: Es gab keine Lösegeldforderung und vor allem: die Unterhosen waren sämtlich frisch gewaschen - mit Duftnoten von Vanille, Lavendel und Mimose. Der drohende Verlust von Unterhosen wog schwer. Über Jahre hatte man sich aneinander gewöhnt und schätzte wechselseitig die vertraute Umgebung.

   
© ALLROUNDER & FJ Witsch-Rothmund