Armin Nassehi: Sachkenntnis zählt nicht, nur die richtige Haltung – In der angeblich so kritischen Öffentlichkeit wird nur noch über das Streiten selbst gestritten (SPIEGEL 4/25, S. 46-47)
Ich finde es gut, dass Intellektuelle, wie Armin Nassehi die Öffentlichkeit suchen. Zugleich dekonstruieren sie Öffentlichkeit als einen Ort, der infolge der Reduktion auf die Zwei-Seiten-Form von Zustimmung und Ablehnung an radikaler Selbstüberschätzung leide. Öffentliche Diskurse seien selten von Sachkenntnis bestimmt. Deshalb tue man gut daran, die öffentliche Diskussion nicht mit der Gesellschaft zu verwechseln. Nassehi – Niklas Luhmann lässt grüßen -, lässt keinen Zweifel daran, dass es die Gesellschaft nicht gibt. Wenn überhaupt lässt sich nur von Subsystemen sprechen (z.B. Recht, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst, Religion), die im besten Fall als Orte der Abkühlung dafür stehen, dass überhaupt noch nachhaltige Entscheidungen getroffen werden. Zuletzt noch ein Wort zum überaus menschenfreundlichen Armin Nassehi: Sie müssen nicht betonen, dass Pierre Bourdieus Anmerkung, wie sehr Denkungsarten und Praktiken den Habitus von Menschen formen, nicht hochnäsig gemeint sei. Ich empfehle uns dringend, die Nase hoch zu tragen - zumindest über dem Wasserspiegel. Denn spätestens seit Weimar wissen wir: Die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber (Bertolt Brecht)! Jan Philipp Reemtsma spricht vom unaufhebbaren Nichtbescheidwissen der Mehrheit. Schlägt man die Seiten 64/65 in der gleichen SPIEGEL-Ausgabe auf und liest, was Peter Leibinger als Präsident des BDI zur AfD zu sagen hat, weiß man ziemlich genau, was Reemtsma meint; denn nicht nur „die Ausländerfeindlichkeit der AfD ist schlicht dumm“ (Peter Leibinger). Dabei spricht Peter Leibinger durchaus Klartext; der Subtext dazu lautet: Jemand der die AfD wählt, muss - er kann zumindetst - wissen, dass keine seiner Erwartungen auf Prosperität und Wohlstand sich erfüllen wird, dass hingegen einer der Kernpunkte rechtsradikalen Denkens durchaus offensiv vertreten wird. Peter Leibinger sagt in seiner Funktion als Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI):
"Ich finde vieles an dieser Partei unerträglich, unabhängig davon, dass ich Christ bin. Das fängt bei ihrem Antisemitismus an, den ich widerlich finde [...] Die Ausländerfeindlichkeit der AfD ist schlicht dumm, schon weil wir ein Land sind, dessen Arbeitsmarkt Einwanderung braucht." Auf die Frage, wie groß die Gefahr ist, die von der AfD für den Standort Deutschland ausgeht, antwortet Leibinger: "Riesig! Vor allem die wiederholt erhobene Forderung nach dem EU-Ausstieg. Die deutsche Wirtschaft hat enorm von der Europäischen Union profitiert, und das wird auch in Zukunft so sein."
Also auch hier - als Gegenposition zu der unsäglichen Protektion der AfD durch einen hirnversengten Elon Musk - die Mahnung im Sinne Erich Kästners:
Marschliedchen 2025 (von FJ WITSCH-ROTHMUND)
Die Dummheit zog in Viererreihen (so zieht sie immer noch),
Heut schämt sich die Dummheit selbst der Dummen.
So dämlich wie ihr seid, mahnt sie euch zu verstummen
Statt Idioten gleich nach deutschem Wesen heut zu schreien.
Ihr kommt daher und wärmt die schalen Suppen,
In euren Schädeln haust ein brauner Geist,
Der euch verwirrt und alles mit sich reißt -
Nur nicht von euren Augen alle Schuppen!
Marschiert ihr nun in Chemnitz und in Halle…,
Ihr findet doch nur als Parade statt,
Denn das, was jeder da von euch im Kopfe hat,
Man nennt es Dummheit wohl in jedem Falle!
Weil wieder predigt ihr den Hass
Und wollt die Menschheit spalten -
Statt schlicht an Recht und Ordnung euch zu halten,
Wähnt ihr das Volk zu sein und träumt vom völkisch-deutschen Pass!
Ihr habt die Trümmerwelt im deutschen Wahn vergessen,
Von Schuld und Sühne ist die Rede nie,
Ihr brüllt nach deutscher Größe selbstvergessen;
Ich hoff, ihr schießt euch nur ins eigne Knie!
Ihr wollt die Uhren rückwärts drehen
Und stemmt euch gegen die Vernunft.
Dreht an der Uhr und doch: die Zukunft
wird euch als ewig gestrig sehen!
Wie ihr’s euch träumt, wird Deutschland nicht erwachen,
Denn ihr bleibt dumm, nicht auserwählt!
Die Zeit ist nah, da man erzählt:
Das war’s: ein Staat ist mit Idioten (und auch der AfD) halt nicht zu machen!