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Lesen lernen - eine Anregung im Geiste Niklas Luhmanns
oder: Die Kunst des umformulierenden Schreibens
In den "Short cuts" zu Niklas Luhmann (Frankfurt 2000) findet sich ein kleiner Beitrag zum "Lesen Lernen". Es verwundert nicht, dass eine hochgradig funktional differenzierte Gesellschaft auch unterschiedliche Textsorten produziert, die unterschiedliche Lesarten - heute spricht man von "Lesekompetenz"- erfordern. Luhmann empfiehlt eine Unterscheidung zwischen poetischen, narrativen und wissenschaftlichen Texten. Natürlich geht es Niklas Luhmann in erster Linie um wissenschaftliche Texte, deren Eigenart sich seiner Auffassung nach am besten erhellen lasse, wenn man zunächst klärt, dass und weshalb sie nicht wie Gedichte oder Romane zu lesen seien.
Luhmann unterscheidet zwischen "realer Realität" und "fiktionaler Realität". Bei narrativen Texten - so seine Argumentation - ergebe sich der Textzusammenhang aus der Spannung, die mit dem "Unbekanntsein der Zukunft" einhergehe. Bereits Gelesenes wecke Erwartungen auf eine noch unbestimmte Zukunft: "Der Leser wird sozusagen mit der Paradoxie konfrontiert, schon zu wissen, was er noch nicht weiß." Andere Anforderungen stelle hingegen die Lektüre von Gedichten. Sie seien in der Regel nicht zu verstehen als "Erzählungen in Versform". Zugänge ergäben sich eher über klangliche Elemente, die Ungewöhnlichkeit der Wortwahl, Paradoxien und Kontraste, die zudem durch Sprachrhythmik unterstützt oder auch irritiert würden: "Die Lektüre erfordert ein aufmerksames Kurzzeitgedächtnis und vielschichtige Rekursionen, die sich nicht darauf verlassen können, dass das, was gemeint ist, auch gesagt wird."
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Gebrauche niemals den Imperativ!
Eine weitere Hommage an Niklas Luhmann - dieses Mal über den auch schon 2004 verstorbenen Dietrich Schwanitz
Dietrich Schwanitz? Natürlich! Der Campus (Frankfurt 1995) – der ein oder die andere wird sich an Sönke Wortmanns Verfilmung von Schwanitzens Erstling (mit Heiner Lauterbach, Axel Milberg, Martin Benrath, Barbara Rudnik und Sibylle Canonica) erinnern; eine Posse, eine Satire auf den Mikrokosmos Universität. Ich komme vielleicht darauf zurück; oder Schwanitzens umstrittene Vorstellung von "Bildung". Mich hat Schwanitz beeindruckt mit seiner ganz persönlichen Totenrede auf Niklas Luhmann (vorliegend nur im Rahmen der Hördokumentation: Freiburger Reden - Denker auf der Bühne: Niklas Luhmann - Beobachtungen der Moderne, vertrieben vom Carl-Auer-Systeme Verlag, Heidelberg - die anderen Vorträge sind 2010 unter dem Titel: Luhmann-Lektüren im Berliner Kadmos Verlag erschienen). Schwanitz vergleicht Luhmann mit Shakespeare und Shakespeare mit Luhmann. In diesem dreiviertelstündigen Vortrag geht er u.a. auf Luhmanns Kommunikationstheorie ein. Ich inszeniere mein allseits bekanntes Interviewdesign auf der Grundlage des von mir erstellten Transskripts und beginne mit dem Verweis, dass Niklas Luhmann die Kommunikation als die „Grundoperation sozialer Systeme“ versteht (vgl. auch die "Luhmannsche Lektion").
Diesmal muss ich es selbst machen. Adrian steckt nicht tief genug in der Materie. Er hat in Paris einen Kongress zu Ehren von Jürgen Habermas besucht und bemüht sich noch die konsensorientierte Verstehenes-Dimension in Habermasens Theorie des kommunikativen Handelns zu ergründen; verstanden hat er allerdings kaum etwas – der Großteil der Vorträge lief auf französisch.
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Die Vernunft ist immer nur die eine Vernunft!
Ist der Vernunftglaube naiv?
Die Ideengeschichte der Moderne dreht sich unter anderem um die zentrale Frage einer gerechten Gesellschaft. Sie steht im Mittelpunkt des Werks von John Rawls.
Otfried Höffe hat zuletzt (in der FAZ vom 3.10.14: John Rawls Der Philosoph des Fairplay) darauf hingewiesen, dass Rawls anschließend an Immanuel Kant den Sinn eines Gemeinwesens nicht im gelingenden Leben selbst sehe, nicht darin seine Mitglieder glücklich zu machen. Der Staat habe sich auf Freiheitssicherung durch Gesetze zu beschränken. Höffe zitiert die wesentlichen Grundsätze Rawls: „Erster Grundsatz: Jedermann hat gleiches Recht auf das umfangreichste Gesamtsystem gleicher Grundfreiheiten, das für alle möglich ist. Zweiter Grundsatz: Soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten müssen folgendermaßen beschaffen sein: (a) Sie müssen unter der Einschränkung des gerechten Spargrundsatzes den am wenigsten Begünstigten den größtmöglichen Vorteil bringen, und (b) sie müssen mit Ämtern und Positionen verbunden sein, die allen gemäß fairer Chancengleichheit offenstehen.“