<<Zurück

 
 
 
 

Kategorialer Mord oder: Das Erbe des 20. Jahrhunderts und wie wir es bewahren können

Zygmunt Bauman, geboren 1925 in Posen, lehrte lange Zeit Soziologie an der University of Leeds (Adorno-Preisträger). Ihm ist zu danken. In der Auseinandersetzung mit all denen, die beginnen die Grenzen des Sagbaren und möglicherweise auch wieder des Machbaren verschwimmen zu lassen - zu verschieben, antworten wir mit Zygmunt Bauman.

Zu Beginn seiner Ausführungen (in: Leben in der flüchtigen Moderne, Frankfurt 2007, S. 69-108) weist Bauman darauf hin, dass sich mit Hobbes und seinen Schülern eine Position, ein "Glaube" verbinde, "dass der Staat und Gesellschaft als Träger der souveränen Macht den ersehnten Schutz vor dem Ungewissen bieten würden, indem sie ihre Mitglieder vor den furchteinflößenden Mächten der natürlichen Umwelt ebenso schützten wie vor ihrer eigenen Schlechtigkeit und ihren niederen Instinkten, denen zu widerstehen sie selbst zu schwach waren (S. 70)." Auch Bauman sieht eine Zäsur - verbunden mit der Staatstheorie Carl Schmitts-, indem er "die Intention des modernen Staates auf den Punkt brachte, als er definierte, der Souverän sei derjenige, der 'über den Ausnahmezustand entscheidet'."

Wenn er in der Folge Giorgio Agamben erwähnt, dann vor allem, weil dieser in der Auseinandersetzung mit Schmitts Definition "das konstitutive Merkmal des souveränen Staates in einer 'Ausnahme-Beziehung' verortet, die etwas einzig durch seine Ausschließung einschließe. Der moderne Staat habe tatsächlich versucht, die menschlichen Angelegenheiten durch den Ausschluss alles Nicht-Regelbaren und daher Unerwünschten zu regeln. Auf die dramatischen Konsequenzen einer entsprechenden Praxis ist in der Folge zu achten:

Einleitend macht Zygmunt Bauman darauf aufmerksam, dass es zunächst einmal galt, etwas sprachlich zu begreifen, für das weder ein historischer Präzendenzfall noch ein Begriff existierten:

"Man musste einen Namen für den Akt des 'kategorialen Mords' prägen - für die physische Auslöschung von Männern, Frauen und Kindern aufgrund ihrer Zugehörigkeit (oder Zuweisung zu einer Kategorie von Menschen, die zu Außenseitern erklärt und pauschal zum Tode verurteilt wurden. In den fünfziger Jahren setzte sich der alte/neue Begriff  'H o l o c a u s t'  als Bezeichnung für die geplante, totale Vernichtung der europäischen Juden durch, die das nationalsozialistische Deutschland in den Jahren 1940 bis 1945 betrieb (S.71f.)."

Bauman weist darauf hin, dass der Begriff "Holocaust" heute weitgehend synonym verwendet werde mit dem Begriff "Genozid". Entscheidend für die Begriffsverwendung ist ein zentrales Definitionsmerkmal, wonach es sich dabei um "eine Form einseitigen Massenmords handelt, bei dem ein Staat oder eine andere Autorität eine von ihm oder ihr beliebig definierte Gruppe samt allen ihr Zugehörigen zu vernichten sucht (nach Frank Chalk/Kurt Johanssohn)". Bauman fasst zusammen, dass bei einem Genozid die Macht über Leben und Tod mit der Macht zusammenhänge, zu definieren (genauer: auszuschließen):

"Vor der pauschalen Vernichtung einer Gruppe von Menschen stehen die Einteilung von Kategorien und eine Definition, die die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kategorie zum Kapitalverbrechen erklärt (S. 73)."

Bauman bezieht sich auf Giorgio Agamben, der in seinen historisch inspirierten Analysen davon ausgeht, dass es sich beim Opfer eines Genozids, der dem vom nationalsozialistischen Holocaust bekannten Muster folge, um einen homo sacer handele - einen Menschen, der getötet werden kann, aber nicht geopfert werden dürfe. "Der Tod des homo sacer habe keinerlei religiöse Bedeutung; es handle sich bei ihm auch nicht um einen Menschen von geringerem Wert, sondern um einen Menschen bar jeglichen sakralen oder profanen, himmlischen oder irdischen Werts. Vernichtet werde mit ihm das 'nackte Leben', das jeden Wertes entbehre (S. 75)." Bauman zitiert Agamben, um die zweifache Dimension der Ausgrenzung zu verdeutlichen: "Im Fall des homo sacer [wird] eine Person lediglich außerhalb der menschlichen Rechtsprechung gesetzt [...], ohne in die göttliche überzugehen (S. 75)." Er sei also Gegenstand einer "doppelten Ausnahme, sowohl vom ius humanum als auch vom ius divinum". Die Juden im Machtbereich der Nationalsozialisten wurden in diesem Sinne kollektiv und pauschal der Kategorie des homo sacer zugerechnet, zu Menschen also, deren Leben - wie Bauman zeigt - keinen Wert besitzen und deren Ermordung als moralisch bedeutungslos betrachtet wurde und daher straffrei blieb. Bauman argumentiert, dass hier der Staat für sich das Recht beanspruche, bestimmen zu können, wer in den Genuss gesetzlich verbriefter Rechte und ethischer Prinzipien gelange und wer davon auszuschließen sei. Im Sinne Carl Schmitts liegt genau darin ein Wesensmerkmal moderner Souveränität (siehe dazu Thomas Assheuser in der ZEIT 8/20, S. 54) und der Holocaust war nach allgemeiner Auffassung die extremste und radikalste Manifestation dieses Anspruches (vgl. Bauman, S. 76). Zygmut Bauman (S.77) zitiert John P. Sabini und Mary Silver:

"Betrachten wir einmal die Zahlen. Der deutsche Staat ermordete ungefähr sechs Millionen Juden. Bei einer Größenordnung von 100 Toten am Tag [also der Zahl der Opfer der berüchtigten 'Kristallnacht', dem von der nationasozialistischen Regierung organisierten Progrom gegen die deutschen Juden -Z.B.] hätte man dafür beinahe 200 Jahre gebraucht. Die vom Mob ausgeübte Gewalt beruht auf einer untauglichen psychologischen Grundlage, nämlich auf Emotionen. Man kann Menschen so manipulieren, dass ihr Zorn entfacht wird, aber man kann diesen nicht über 200 Jahre aufrechterhalten. Emotionen und ihre biologische Basis haben ein natürliches Verfallsdatum; jede Lust, selbst die Mordlust, ist irgendwann gestillt. Darüber hinaus sind Emotionen notorisch unbeständig und ändern sich rasch. Ein lynchender Mob ist unzuverlässig, er kann von Mitleid übermannt werden - etwa durch das Leiden eines Kindes. Um eine 'Rasse' auszurotten, ist es aber wesentlich, die Kinder zu töten."

Daraus folgt für Bauman, dass man Gefühle und andere Äußerungen menschlicher Individualität unterdrücken muss, und das Handeln der Menschen voll und ganz der instrumentellen Vernunft unterwerfen muss: "Erst in der Moderne war so etwas wie der Holocaust möglich. Die Voraussetzungen dafür schuf die totalitäre Herrschaft mit ihrer totalen  und absoluten Souveränität (S. 77)." Baumann macht darauf aufmerksam, dass während des letzten Jahrhunderts rund sechs Millionen Juden, etwa eine Million Sinti und Roma sowie viele Tausende Homosexuelle und geistig Behinderte im Zuge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ermordet wurden - weil sie nicht in die Ordnung passten, die errichtet werden sollte (man muss hier in jedem Fall die Tausenden Ermorderter hinzurechnen, die aufgrund ihrer politischen Überzeugungen von den Nazis ermordert worden sind). Er zählt in der Folge einer weitere Vielzahl von Massakern auf, um dann festzustellen: "All diese Massaker Massaker unterschieden sich von den unzähligen vorangegangenen Exzessen menschlicher Grausamkeit nicht nur (oder jedenfalls nicht notwendigerweise) durch die Anzahl der Opfer, sondern vor allem darin, dass sie kategoriale Morde waren. Männer, Frauen und Kinder wurden getötet, weil man sie einer Kategorie von Lebewesen zurechnete, die ausgelöscht werden sollte (S. 79)."

Bauman präzisiert seine Argumentation, indem er zwei Gründe für kategoriale Morde benennt:

  • Das Schicksal der Opfer werde erstens allein durch die einseitig von den späteren Mördern durchgeführte Kategorisierung und Verurteilung besiegelt. Man verlange dafür keinen Beweis ihrer Schuld als die Zugehörigkeit zur entsprechenden Kategorie: "Wie Raul Hilberg einmal konstatierte, war das Schicksal der Juden in dem Moment besiegelt, in dem sie von der nationalsozialistischen Bürokratie registriert und aktenmäßig von den 'normalen' Deutschen getrennt worden waren und man den Buchstaben 'J' in ihre Pässe stempelte."
  • Was diese  Fälle von Massenmord zu "kategorialen Morden" mache, sei zweitens ihre Einseitigkeit: "Der kategoriale Mord ist das schiere Gegenteil eines Kampfes, einer Konfrontation zweier Parteien [...] Der kategoriale Mord ist von vornherein eine unilaterale, einseitige Angelegenheit." Der kategoriale Mord ziel weiterhin darauf ab, die vorgesehenen menschlichen Zielobjekte ihres Lebens zu berauben - aber auch, und zwar a priori, ihnen Menschlichkeit abzusprechenk, deren unerlässlicher und konstitutiver Bestandteil das Recht auf Indivudalität und Selbstbestimmung sei.

Das Erbe des des 20. Jahrhundert und wie wir es bewahren können

Zygmut Bauman bezieht sich auf Heidegger und Ricoeur, wenn er von einer schöpferischen Funktion spricht, die die Bewahrung der Vergangenheit füdr die Ausgestaltung der individuellen und kollektiven Gegenwart spiele: "Inzwischen ist es sogar zum Allgmeinplatz geworden, dass eine Gruppe mit ihrem Gedächtnis stets auch ihre Identität verliert, dass der Verlust der Vergangenheit unweigerlich zum Verlust der Gegenwart führt, und dass es in den Fällen, in denen das Überleben einer Gruppe in Frage gestellt wird, für den Ausgang des Konflikts entscheidend darauf ankommt, Erinnerungen lebendig zu halten (S. 84)."

Sehr schnell wird deutlich, wozu uns Zygmunt Bauman gleichermaßen mahnt und ermuntert, wenn er gleichzeitig feststellt, dass die "Wiedererweckung" und das "Lebendighalten der Vergangenheit" sich nur verstehen und organisieren lassen als "aktive, selektive, reproduzierende Tätigkeit des Erinnerns": "Sich zu erinnern heißt, die Vergangenheit zu interpretieren; genauer gesagt: eine Geschichte zu erzählen, die an die Stelle der vergangenen Ereignisse tritt S. 85)."

Bevor ich Zygmunt Bauman in der spezifischen Auseinandersetzung mit dem Holcaust wahrgenommen habe, war ich bereits seit Jahren unterwegs. Weit in der zweiten Lebenshälfte habe ich selbst unter dem enormen Einfluss der 12 Jahre des tausenjährigen Reiches zunehmend den Druck verspürt, unsere Geschichten erzählen zu müssen. Selbst nur knapp sieben Jahre nach der Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 geboren, rückt mir der Abgrund, dem ich knapp entronnen bin, mit jedem Jahr, das ich älter werde, näher. Zukunft wird mit jedem Tag, den ich noch lebe, knapper und die Vergangenheit wächst sich zu einem Dschungel aus, in den es gilt Lichtungen zu schlagen: Hildes Geschichte, mein Gespräch mit Franz Streit, die Sache mit dem Referenzrahmen, Hannah Schmitz und Franz Streit - Bernhard Schlink und Michael Berg, die Familiengeschichte als Sparring-Partner, die beginnende Auseinanderestzung mit dem an Fahrt gewinnenden Rechtsextremismus ringen mir die Worte ab, aus denen ich beginne die Pfade, Wege und Straßen zu bauen, die alles in allem unisono dazu in der Lage sind, eine Erziehung nach Auschwitz und das Nie-Wieder zu begründen!

Die Mahnungen Zygmunt Baumans nehmen noch einen anderen Charakter an, indem er das Erzählen einem Vorbehalt aussetzt:

"Einerseits werden Geschichten erzählt. Ohne Erzähler gibt und kann es keine Geschichten geben und die Erzähler unterliegen wie alle Menschen Irrtümern, sie schweifen ab und schmücken aus. Andererseits steht der Begriff 'Vergangenheit' für ein starres, ewiges, unveränderliches, unumkehrbahres und massives 'Ding' - also den Inbegriff einer 'Realität', die weder rückgängig gemacht noch wegdiskutiert werden kann. Die Erzähler verbergen ihre menschlichen Schwächen hinter der majestätischen Größe der Vergangenheit - der man im Gegensatz zur unbeständigen Gegenwart und zur formlosen Zukunft (und entgegen der Wahrheit) die Aura des Unstrittigen andichten kann. Wir neigen dazu, die Vergangenheit (wenn auch kontrafaktisch) als den Fels in der Brandung anderer - brüchiger, flüchtiger, trügerischer und schwer fassbarer - Wahrheitsbehauptungen darzustellen. Indem sie sich auf die Autorität ihres Gegenstandes berufen, lenken die Erzähler der Geschichte der Vergangenheit davon ab, dass die Vergangenheit zunächst wiederaufbereitet werden muss, bevor sie in eine Geschichte verwandelt werden kann. Die Autorität der Vergangenheit zu beschwören, schützt ihre Interpreten vor lästigen und leidigen Nachfragen. Die Toten verfügen nicht über die Macht, den Lebenden den Weg zu weisen, geschweige denn sie zu überwachen oder zu korrigieren. Im Rohzustand des 'Wie es eigentlich gewesen ist' könnten ihre Lebenserfahrungen uns kaum etwas lehren; damit sie lehrreich werden, müssen sie erst in Geschichten verwandelt werden (anders als viele andere Erzähler un vor allem ihre Zuhörer weiß Shakespeare das, wenn er Hamlet kurz vor seinem Tod zu seinem Freund Horatio sagen lässt: 'tell my story'). Die Vergangenheit dringt nie unmittelbar in die Gegenwart ein, sie kann allein durch Geschichte vermittelt werden. In welcher Form sie dann in der Gegenwart auftritt und wie sie diese beeinflusst, wird auf dem Schlachtfeld der Erinnerung entschieden, auf dem Geschichten die Truppen sind und Erzähler die gewieften oder glücklosen Befehlshaber. In dieser Schlacht geht es vor allem um die Frage, welche Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen sind (S. 85f.)."

Es sei mir der Hinweis gestattet, dass es hier nicht (nur) um die großen Erzählungen und die großen Erzähler (von Rang) geht. Es geht um uns alle. Wir sind die Geschichtenerzähler. Wir erzählen Geschichten, immer wenn wir anderen Menschen begegnen und in das komplexe Rauschen der Gesellschaft mit unseren Auslassungen, unseren Erzählungen Sinn tragen, Lichtungen schlagen, dem Ozean des Vergessens kleine Erinnerungsinseln abringen. Und selbstverständlich tragen sich unsere Erzählungen selten und nur in Ausnahmefällen auf dem Papier zu. Geschichten werden erzählt, Tag für Tag in jeder Familie - mit der von Bernhard Schlink markierten Ausnahme und dem daraus folgenden Appell:

REDE mit mir!

Vermutlich liegt in der Verweigerung der Rede, des Erzählens der konequenteste - möglicherweise in vielen Fällen auch der pathologische - Ausdruck dem Druck einer wie auch immer gearteten Wahrnehmung und Bewältigung von Vergangenem zu entgehen. Um so bedeutsamer - möglicherweise auch hilfreich und erklärungsfähig - ist der Hinweis Baumans, dass entgegen dem Anschein der in zahllosen Talkshows herbeigeführten öffentlichen Bekenntnisse individuelle Erfahrungen tatsächlich individuell seien und daher eigentlich "nicht mitteilbar".

Dieser Hinweis wird allerdings vollumfänglich erst verstehbar, wenn wir ein - vielleicht systemtheoretisches Verständnis bemühen, das die operationale Geschlossenheit von biologischen, psychischen und sozialen Systemen betont - in diesem Zusammenhang vielleicht zuträglicher in der begrifflichen Variation von gelebten, erlebtem und erzähltem Leben!

Bauman führt aus, dass der Wettstreit der Interpretationen, in dessen Verlauf die Vergangenheit Konturen annehme, für die Gegenwart lebendig und sinnstiftend gemacht und für Zukunftsentscheidungen verwendbar werde, - er nimmt hier auf Tzvetan Todorov Bezug - "sich auf dem schmalen Grat zwischen Sakralisierung und Banalisierung abspielt" (S. 86). Beides zeitigt gleichermaßen problematische Konsequenzen:

  • Bauman zitiert Todorov: "Durch Sakralisierung wird es unmöglich, allgemeingültige Lehren aus konkreten Ereignissen zu ziehen. Damit wird Komunikation zwischen Vergangenheit und Gegenwart unterbunden."
  • Die Banalisierung - so Bauman - strebe anscheinend in die der Sakralisierung direkt entgegengesetzte Richtung, führe jedoch annähernd zum selben Resultat: "Sie verneint, wenn auch nur indirekt, die Originalität jeglicher Erfahrung, die die Gruppe gemacht hat, und beraubt diese damit a priori ihres einzigartigen Werts, der die Notwendigkeit zwischen den Gruppen begründen könnte" (jeweils S. 88).

Conclusio I: "Sowohl Sakralisierung als auch Banalisierung erschweren (oder verhindern) genau die Formen des Zusammenlebens, die notwenig sind, damit das Überleben der Gruppe gesichert wird und kategoriale Morde in alle ihren Spielarten nicht länger als ein mögliches Mittel erscheinen, den Zusammenhalt und das Überleben der Gruppe zu sichern (S.89)."

Conclusio II: "Eine Gerechtigkeit, die nicht alle Menschen nach denselben Maßstäben beurteilt, verdient ihren Namen nicht" (Todorov zitiert nach Bauman, S. 91). Überall dort, wo Täter für ihre fraglos menschenverachtenden und menschenvernichtenden Taten nicht bestraft werden, "wird das Recht des Staates bestätigt (und anerkannt), seine Bürger oder die Bewohner abhängiger Territorien zu verfolgen, denen er zuvor - ohne das Einspruch dagegen möglich gewesen wäre - selbst die bösen Absichten unterstellt hat, die nun die Bestrafung tatsächlicher oder angeblich geplanter Missetaten rechtfertigen. Und dieses Recht, das die Nationalsozialisten bis an seine Grenzen ausnutzten und bis auf den letzten Tropfen auspressten, mündete in die Katastrophe des Holocaust" (S.92).

Schlussakkord:

"Ich schreibe ganz bewusst: uns allen. Teilung, Separation und Exklusion waren und bleiben die wichtigsten Instrumente des kategorialen Mords, daher ist es nicht sinnvoll, sie auch als Mittel zu seiner Verhütung einzusetzen. Wenn man Völkermorde und ähnliche Verbrechen mit der Wurzel ausrotten will, darf man nicht mit zweierlei Maß messen, man muss alle Menschen gleich behandeln und Spaltungen verhindern, die den Nährboden des Nullsummenspiels des Überlebens darstellen. Welche Gebote des menschlichen Zusammenlebens man auch immer aus der langen Geschichte des kategorialen Mordes destilliert. Sie können nicht anders als universal sein. Sie dürfen nicht selektiv angewandt werden, damit sie sich nicht in eine weitere Rechtfertigung des Rechts des Stärkeren verwandeln (wer auch immer dieses Recht für sich reklamiert)." (S. 104)

 

 

 

   
© ALLROUNDER & FJ Witsch-Rothmund
Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.