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Karl Otto Hondrich: Unschuld und Sühne
Karl Otto Hondrich gehört zu meinen zentralen Referenzautoren. Mit dem jetzt hier zu besprechenden Beitrag aus dem Jahre 2001 (FAZ vom 8. Dezember 2001, auch in: Karl Otto Hondrich, Wieder Krieg, bei Suhrkamp, Frankfurt 2002, S. 177-192) wird er nun endgültig für mich zu Karl Otto dem Großen: weitsichtig, hellsichtig, demütig und auf ungewöhnliche Weise (wenn auch kein Politiker) jener elder statesman, aus dessen Holz und Statur nur Ausnahmeerscheinungen wachsen.
Karl Otto Hondrich, der 2007 im Alter von siebzig Jahren verstorben ist, schreibt Ende 2001 im Kontext von nine eleven, der Terroranschläge in den USA. Ich bin ganz und gar davon überzeugt, dass die zentralen Aussagen Hondrichs - cum grano salis - auch auf die aktuellen Konflikte anwendbar sind. Zunächst stellt Hondrich in den Raum, dass entgegen aller humanen Ermahnung Sühne und Vergeltung, Schwere der Schuld und Genugtuung für die Opfer und ihre Angehörigen eine gewichtige Rolle spielen, "eine viel größere als uns lieb ist":
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Byung-Chul Han: Das Zuhören ist kein passiver Akt
„Der Terror des Gleichen erfasst heute alle Lebensbereiche. Man fährt überallhin, ohne eine Erfahrung zu machen. Man nimmt Kenntnis von allem, ohne zu einer Erkenntnis zu gelangen. Man häuft Daten und Informationen an, ohne Wissen zu erlangen. Man giert nach Erlebnissen und Erregungen, in denen man aber sich immer gleich bleibt. Man akkumuliert Friends und Follower, ohne je einem anderen zu begegnen. Soziale Medien stellen eine absolute Schwundstufe des Sozialen dar.“
Damit hat Byung-Chul Han 2016 meinen Blick auf eine sich rasant verändernde Gesellschaft geschärft. Seine pauschale Kritik – überschrieben mit dem Signum eines Terrors des Gleichen – beflügelte meine Streitbarkeit im letzten Jahr meines aktiven Berufslebens ebenso, wie mir die drohende Versetzung in den Ruhestand schließlich wie eine Erlösung zukam.
Die Austreibung des Anderen – Gesellschaft, Wahrnehmung und Kommunikation heute nennt Byung-Chul Han seine Essay-Sammlung, die 2016 bei S. Fischer erschienen ist. Die letzten neun Seiten tragen den Titel Zuhören (Seite 63-102):
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Großeltern - Eltern und Enkel (mit Bezug auf Fulbert Steffensky) Teil II (hier: Teil I)
Aber der Teil II wird nun doch einen anderen Akzent setzen, zumal Fulbert Steffensky auch in seinen Nachtgedanken eines alten Menschen (a.a.O. S. 215-134) ein eigenes, kleines Enkelkapitel einfügt. Der alte Mensch, der da schreibt – Fulbert Steffensky – ist zum Zeitpunkt seines Schreibens siebzig Jahre alt. Unterdessen – 2024 – ist Steffensky tatsächlich ein Greis im hohen Alter von gut 90 Jahren. Auf der anderen Seite kann ich mit Fug und Recht sagen, dass die Gedanken, die ich hier aufgreife, eben die Gedanken eines jungen Alten repräsentieren, der ich selbst inzwischen mit meinen 72 auch geworden bin. Kurzum: Fulbert Steffensky – der wortgewaltige und gleichermaßen empathische wie sensible Prediger – hilft mir mit seinen Unterscheidungen einmal mehr auf sowohl im Durchdringen der Bedrohungen als auch im Begründen der Sinninseln in der letzten Phase des Lebens (ich unterlege zur besseren Nachvollziehbarkeit die Zitate farbig - Hervorhebungen auch von FJWR):
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Großeltern - Eltern und Enkel (mit Bezug auf Fulbert Steffensky) Teil I - Teil II hier
Wir kommen weit her
liebes Kind
und müssen weit gehen
keine Angst
alle sind wir bei Dir
die vor Dir waren
Deine Mutter, Dein Vater
und alle, die vor ihnen waren
Weit weit zurück
alle sind bei Dir
keine Angst
wir kommen weit her
und müssen weit gehen
liebes Kind
Mit diesem Text, den Heinrich Böll kurz vor seinem Tod für seine Enkeltochter Samay geschrieben hat, schließt Fulbert Steffensky seinen Brief an die Enkelkinder ab. Im Folgenden nehme ich Bezug auf diesen Brief und die unmittelbar davor platzierten Gedanken, die Fulbert Steffensky mit Letzte Lieben – GROSSELTERN UND IHRE ENKEL überschrieben hat; beides in: Fulbert Steffensky: Schwarzbrot-Spiritualität, Stuttgart 2006 (RADIUS-Verlag), Seite 197-205 bzw. Seite 207-214
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Wo ist die Zukunft hin? ZEIT-Dossier (21/24, Seite 11-13) von Henning Sussebach
Auf seiner Reise durch Deutschland macht Henning Sussebach unter anderem Station beim Ehepaar Marina und Herfried Münkler. Ganz nebenbei fordern die Münklers, das Bildungssystem zu reformieren: „Das dreigliedrige Schulsystem abschaffen, die Klassengrößen halbieren, die Lehrpläne von >Überfrachtung< befreien.“ Willkommen in einem seit Jahrzehnten geforderten Umbruchsdenken, dass nun wirklich nicht neu ist.
Aber ich erwähne die Münklers hier, um auch noch einmal kurz innezuhalten und nach einem halben Leben meinen Wechsel von der SPD zu den Grünen zu bedenken: Die Münklers bemerken, das sich viele ihrer Forderungen auf ein Oben richten, Forderungen an den Staat sind: