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Wer erzählt, der überlebt!
Ein Beitrag von Werner Siefer in der ZEIT (52/2015, S. 43), der weiß, dass Menschen doch ihre Geschichten sind!
Ein Beitrag über den "allgegenwärtigen Drang der Menschen, Geschichten weiterzureichen" - ein Drang mit langer Tradition und mit Sinn, wie Werner Siefer meint. Einen Tag vor dem Heiligen Abend bezieht er sich natürlich auf die Weihnachtsgeschichte des Evangelisten Lukas: "Die Gläubigen wollen sich vergewissern, dass es diesen Jesus gab, woher er kam und wie das alles begann."
Lukas - so Siefer - habe dabei den Vorzug, eine richtig gute Story zu erzählen. Und da die Menschen Geschichten liebten, sei seine Geschichte bis heute in aller Munde. Mit Roland Barthes stellt er fest, dass die Menge der Erzählungen unüberschaubar sei und vor allem dass es nirgends jemals ein Volk gibt oder gab - ohne Erzählung. So tauft der amerikanische Philosoph Walter Fisher den Homo sapiens in Homo narrans um, während der schottisch-amerikanische Philosoph Alasdair MacIntyre im Menschen gar das erzählende Tier sehe, ein "storytelling animal". So weit so gut.
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Was nun, Herr Kant?
fragt Thomas Assheuer - ZEIT 49/15 (S. 49)
Wie konnte jemand so kühn denken? Was Immanuel Kant (1724-1804) wohl tatsächlich zum "Giganten" macht, bringt Thomas Assheuer mit der Feststellung auf den Punkt, das Kant für eine "kopernikanische Wende" in der Erkenntnistheorie stehe:
"Er war davon überzeugt, das Philosophen, die ausschließlich nach dem 'Ding an sich' suchen, keine Erkenntnis gewinnen. Statt immer nur die Gegenstände anzustarren, täten sie besser daran, sich mit dem Menschen zu beschäftigen, mit seinen Erkenntnisarten und seinem Wahrnehmungsapparat."
Thomas Assheuer meint, auf diese Weise habe Kant seine Zeitgenossen provoziert. Aber bis heute begegnen wir durchgängig einer Haltung, in der Menschen ihre Weltbilder distanzlos bewohnen; Weltbilder erster Ordnung, die das "Ding an sich" zur Prämisse haben, die auf absoluten Wahrheitsansprüchen und Letztbegründungen fußen. So bleibt auch Niklas Luhmann ein einsamer Rufer in der Wüste und die Luhmannsche Lektion ungehört. Der Imperativ triumphiert über den Konjunktiv, obwohl der Zufall regiert.
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Vom Verschwinden aus dieser Welt - und vom Kampf um Liebe
Peter Kümmels Nachruf auf Luc Bondy ZEIT 49/2015 (61)
In der Überschrift zu Peter Kümmels Nachruf lese ich: "Er verfolgte seine Figuren bis zu dem Moment, da ihre Tarnung aufflog. Aber er beschützte sie vor unserer Neugier." Vielleicht rührt aus dieser brutalen Paradoxie so etwas wie meine Urangst vor dem Theater. Vermutlich wäre das Theater ja tot, ohne Regisseure, die genau das tun, was Peter Kümmel Luc Bondy unterstellt. Ein Schauspieler muss mit Hilfe des Regisseurs zeigen und herausholen aus der Figur, was in ihr steckt. Er muss das Unsichtbare sichtbar machen und wird sich selbst dabei nicht verbergen können; eine beängstigende Ausgangslage und ein Anforderungsprofil, das "Schauspieler" an Grenzen führt und auch scheitern lässt. Peter Kümmel nennt Beispiele, wie z.B. Samuel Finzi, Gert Voss, Nina Hoss und andere, die unter der Regie von Luc Bondy diesen heillosen Spagat versuchen.
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Eine kurze (Nach-)Besinnung - oder worauf können wir stolz sein?
"Ihr bekommt meinen Hass nicht!" (Antoine Leiris)
Jeden Freitag während des Vorlesungsbetriebs läuft mein Masterseminar "Grenzsituationen" (Teilmodul 6.3 Differenzierte Unterrichtsmethoden und Kommunikation in spezfischen Unterrichtssituationen). Nach den ersten drei Sitzungen zu einer theoretischen Grundlegung mit der Klärung der Fragen: Was ist Kommunikation (in der modernen Gesellschaft)? bzw.: Inwieweit können wir den Lebenslauf als das allgemeinste Medium zur Beobachtung der Wirkungen von Erziehung (pädagogischer Kommunikation) betrachten? - haben wir heute, am 20. November 2015, zum ersten Mal "fallorientiert" gearbeitet.
Am 22./23.1.2000 erschienen im Wochenend-Journal der Rhein-Zeitung zwei Artikel unter der Fragestellung: "Einfach vergessen?" (Passwort: wiro2015) In einem Beitrag vertraut sich Christina Bienotsch der renommierten Redakteurin Gabi Novak-Oster (unter Mitarbeit von Kerstin Stiefel) vor allem unter der Perspektive an: "Wie lange darf eine Mutter trauern?"
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Das Projekt der Moderne ist das Projekt einer Selbstdesinteressierung!
Worum geht es eigentlich - in Paris und anderswo?
"Es geht [...] um nichts geringeres als das allen Weltbescheibungen erster Ordnung inhärente Paranoia-Potential und die von ihm gebundene und entbundene Gewalt. Wo immer Menschen anfangen, ihre Weltbilder distanzlos zu bewohnen und und ihre Einteilungen des Seienden im ganzen als eine Arena realer Kämpfe zu erleben, dort sind sie der Versuchung ausgesetzt, für ihre Identitätskonstrukte bis zum bitteren Ende zu kämpfen und für ihre Fiktionen zu töten."
So hört sich eine der zentralen Schlussfolgerungen an, die Peter Sloterdijk (Berlin 2010, S. 153) in der Würdigung Niklas Luhmanns einige Jahre nach dessen Tod 2001 bereits formuliert hat (siehe die Luhmannsche Lektion).
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