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Es geht auch mit Hartmut Rosa
Es muss nicht Karl Otto Hondrich sein, der ja deutlich über eine rein deskriptive Analyse der Individualisierungsgewinne und -verluste hinausgeht. Auch aktuelle Soziologen vom Format eines Hartmut Rosa äußern sich in ähnlicher Weise, wenn auch in einer nuanciert anderen Sprache (siehe vor allem auch: hier):
"Eine Kritik der Resonanzverhältnisse zielt also notwendig auf Emanzipation und Autonomie. Allerdings und das ist mein entscheidender Punkt, reicht diese freie Schwingungsfähigkeit als Kriterium für ein gutes Leben nicht aus." (S. 755)
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Ein Horrortrip ins Niemandsland -
in Erinnerung an Karl Otto Hondrich, den Andernacher Jungen (1937-2007)
Für alle meine Nichten, meinen Neffen, meine Kinder und Kindeskinder – und auch für gute Freunde, die Karl Otto Hondrich im Verlauf seiner Ausführungen zu Recht mit in den Vordergrund rückt.
Der zukunftsgläubige Mensch – und seine Herkunftszwänge
So lautet die Überschrift zu einem Aufsatz, den Karl Otto Hondrich 1998 (!!!) im Handwörterbuch zur Gesellschaft Deutschlands, herausgegeben von Bernhard Schäfers und Wolfgang Zapf, veröffentlicht hat. Ich entnehme ihn dem Suhrkamp-Band: Der neue Mensch, erste Auflage 2001, erschienen bei Suhrkamp, Seite 179-208
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Für Hiltrud und Georg
„Kommen wir noch einmal auf die Trauer zurück. Man kann doch nicht sagen, >ich habe einen Verlust erlebt, jetzt muss ich Trauerarbeit leisten, und dann geht es mir wieder so wie vorher<. Es wird nie mehr gehen wie vorher! Die Trauer verändert den Menschen, sie verändert Lebensziele, sie verändert Bewusstsein, sie verändert das Weltverhältnis. Der Mensch ist grundsätzlich immer in Entwicklung. Nur wenn der trauernde Mensch seine Fähigkeit zur Entwicklung verliert, indem er sich ganz zurückzieht und handlungsunfähig wird, dann verliert er seine Anpassungsfähigkeit und kommt dadurch erst in den Zustand des Krankhaften.
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Botho Strauss: Oniritti - Höhlenbilder
Unter dem Eindruck eines höchst intensiven Wochenendes fallen mir Botho Straussens Oniritti Höhlenbilder vor die Augen. Brutale Kost, die Abwehrreflexe mobilisiert – immer auf der Suche nach Rettungsankern. Die Höhlenbilder verbürgen, dass wir weder herkunftslos noch hoffnungslos in dieser Welt stehen, wobei Letzteres durchaus mehr als fragwürdig erscheint. Überlasse ich jetzt Botho Strauß (es wird nicht verschwiegen, dass Botho Strauß unbotmäßig schweigt!) das Wort, wird Herkunft (die er selbst so eindringlich wachruft – eben in Herkunft - siehe auch ganz unten im Sinne eines würdigenden Nachtrags) übermächtig, wirkt wie eine Krake, die uns im Drosselgriff den Atem nimmt. Die Hoffnung erweist sich als ein Girsch oder ein Hahnenfuß, unzählige Male traktiert, extrahiert und dennoch nicht auzumerzen!
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mors certa - hora incerta
"Opa, du hast doch viele Menschen gekannt, die schon tot sind!? Opa, wie lange lebst du noch? Opa, warum gibt es eigentlich Soldaten - und was machen Soldaten? Opa, warum haben Polizisten Pistolen?"
Leo ist am 8. Mai fünf Jahre alt geworden. Gemeinsam mit Jule seiner dreieinhalbjährigen Schwester und dem Küken Anouk, die am 5. Juli ein halbes Jahr alt wird, sind sie meine Augäpfel und die Lieben meines späten Lebens. Alles, was wir auf dieser Erde anrichten und zu verantworten haben, lastet schwer - auch auf mir. Die Antwort auf die Frage, warum es Soldaten gibt und was die tun und warum es die Polizei gibt und Polizistinnen und Polizisten in Deutschland eine Waffe tragen, fällt mir schwer und leicht zugleich. Leo und Jule sind Kindergartenkinder - und natürlich Geschwister, Geschwister, die wie alle Geschwister, miteinander streiten, manchmal heftig streiten. Da wird auch schon einmal gebissen, geschlagen, gepitscht. Der unkontrollierte, spontane Versuch seine Interessen oder auch seinen Unmut, seine Kränkung und Verletzung gewaltsam durchzusetzen bzw. auszuleben, sind den Kindern vertraut. Sie erleben sogar im frühen und frühesten Alter schon, dass auch die geliebten Bezugspersonen sich nicht immer unter Kontrolle haben. Die Beachtung von Regeln, die Gültigkeit von Verboten, die Erfahrung des Entscheidermonopols von Eltern und Großeltern gehören zu den frühesten und prägendsten, teils schmerzhaften realitätswirksamen Zumutungen.