Hommage an Charly, Biene und Vasco - nun ist auch Biene schon ein Jahr tot
Und es ist eine Menge passiert im Verlauf dieses Jahres. Ums Verschwinden aus dieser Welt geht es und überhaupt um die Frage, worum es eigentlich geht, geht es; heraus kommt Besinnliches und die ein oder andere Mahnung. Hilfreich wie immer bleibt die Luhmannsche Lektion und zuletzt Odo Marquard. Ich bin halt ein intellektueller Vagabund ohne Imperativ.
"Das Sterben ist eine große, schwierige Sache. Anders wäre es kaum erklärlich, dass die Philosophie seit der Antike, verkürzt gesagt, das Leben als eine einzige Einübung darauf begreift. Dafür werden 'Gelassenheit, 'Unerschütterlichkeit' oder 'Zuversicht' geltend gemacht." So der programmatische Ausgangspunkt von Edo Reents am 22.11.14 in der FAZ im Zuge seiner Beteiligung am Diskurs über gesetzliche Regelungen zur Sterbehilfe: "Das Sterben ist kein Wunschkonzert". Ich habe in meiner Reaktion darauf gefragt, wie denn diese drei Grundtugenden Geltung erlangen, und ich habe meine Antwort darauf gefunden. Und natürlich frage ich mich, ob auch bei Tieren, bei Hunden, bei unserer Biene das Sterben eine große, schwierige Sache ist/war. Und meine klare Antwort lautet: Nein! Damit will ich keineswegs sagen, dass Tiere, dass Hunde, dass unsere Biene (über) keine tiefe Empfindungswelt verfügen, dass sie sie nicht offenbaren - das ganze Gegenteil ist der Fall. Und dennoch: Bienes Leiden spiegelt sich in erster Linie in unseren Empfindungen und in unserem Schmerz, der beträchtlich ist. Aber wir - Claudia, Laura, Anne und ich - sind uns sicher, die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt getroffen zu haben und in Frau Nüsslein, unserer Tierärztin, eine einfühlsame, sachkundige Begleiterin gefunden zu haben, die eben dann auch das richtige zum richtigen Zeitpunkt getan hat. Dafür sei ihr an dieser Stelle ausdrücklich gedankt.
In meiner Auseinandersetzung mit Edo Reents, werfe ich ihm an einer Stelle die Schnöseligkeit eines unreifen Intellektuellen vor, der mitreden will, wo er offensichtlich aufgrund fehlender Erfahrung und Praxis nicht mitreden kann! "Es gibt Fälle, in denen Menschen nicht (mehr) Hand an sich legen können. Wie wäre es, wenn man sich damit abfände." Meine Antwort darauf kann man nachlesen (siehe obigen Link). Sie ist und bleibt eine bittere Auseinandersetzung mit dem Verlust des Todes in der modernen Gesellschaft und mit einer Ignoranz dem Sterben gegenüber in der Institution des Krankenhauses. Verkürzt, und ohne Tier und Mensch in Eins zu setzen, sind wir hingegen froh und erleichtert, dass wir gestern Hand an Biene legen konnten, nachdem wir zuvor unseren Abschied genommen haben, der nachwirkt und der zutiefst schmerzt. Deshalb bleibt es im Folgenden bei der Hommage an Charly, Biene und Vasco (Christa Krawitzens Hund, der häufig bei Rudi zu Besuch war) die ich insbesondere mit den Gedanken des leider viel zu früh verstorbenen Karl Otto Hondrich unterlege:
(Charly erinnert in seinen jägerhaften Eskapaden im Übrigen weit mehr an Vasco als an Biene, der als Border-Collie-Hündin das Hüten im Blut lag). Beginnen wir da, wo Karl Otto Hondrich endet in seiner Hommage an Charly: „Während unsere Kinder älter werdend in Beziehung zu uns immer jünger bleiben, werden unsere Tiere älter werdend in Beziehung zu uns immer älter, immer häufiger muss ich besonders am Hang auf Charly warten, immer länger hat er zu schnüffeln, es scheint mir wie ein Vorwand, um sich auszuruhen. Du warst mal jünger als ich, sage ich zu ihm, jetzt bist du älter als ich, aber zwischen uns hat sich nichts geändert.“
Karl Otto Hondrich ist 2007 gestorben, ganz sicher zu früh, aber ganz sicher nach seinem Hund Charly. 1997, in einem Beitrag für den Merkur (Heft 580, auch in: Ders.: Liebe in Zeiten der Weltgesellschaft, Frankfurt 2004, S. 136-148) feiert er die Beziehung zu seinem Hund. Entzückt und verärgert, enttäuscht und voller Stolz und Angst zugleich entsinnt sich Hondrich, wie ihn Charly „zum ersten Mal in großem Stil überlistet hat“: Er und Charly waren im „Weinberg“ gewesen und Charly hatte nicht zu schlecht aus der Küche bekommen. Auf dem Heimweg war er auf einmal verschwunden. Hondrich rief nach hinten und nach vorn, doch Charly blieb verschwunden. So machte er sich denn auf, zurück zum „Weinberg“ und fand seinen Charly vor der Küche:
„Natürlich gab es zärtliches Geschimpfe, erleichtertes Gelächter, Lob der Schlauheit, gesenkten Schwanz, den ganzen Heimweg musste der gemaßregelte Charly neben mir bei Fuß laufen, fast den ganzen Heimweg lang, er musste sich, dass er ein ungezogener Hund sei, anhören, er musste sich, dass er mich blamiere, anhören, er musste sich anhören, er sei ein listiges Vieh, er musste sich, er solle nicht glauben, das ich jedes Mal hinter ihm hersuche, anhören.“
Aber – so fragt Karl Otto Hondrich – was wäre gewesen, hätte er nicht hinter ihm hergesucht? „Unsere Beziehung hätte aufgehört. Wer von uns beiden kümmert sich eigentlich darum, dass unsere Beziehung nicht aufhört?“ Hondrich verlässt sich darauf, dass Charly ihn nicht verlässt, und Charly verlässt sich wohl darauf, dass ihn sein Herr nicht verlässt:
„Setzt er unsere Beziehung aufs Spiel, weil er weiß, dass er sich auf mich verlassen kann oder weil es ihm egal ist oder weil er gar nichts weiß?“
Ja, ja, Martin Heidegger verachtet Nietzsche und Rilke, weil sie die „Weltarmut“ der Tiere übertünchen mit ihrer Vermenschlichung der Kreatur. Wir weltbildenden Menschen machen eben auch Tiere zu unseren Gefährten:
Dass mir der Hund das Liebste sei, sagst Du, o Mensch, sei Sünde. Ein Hund bleibt Dir im Sturme treu, ein Mensch nicht mal im Winde!
Ich erinnere mich heute dieser intellektuell anspruchsvollen Hommage Karl Otto Hondrichs an seinen Hund Charly, weil ich Abschied nehmen muss von Biene, meiner Border-Collie-Hündin. Nein, sie ist noch nicht tot, aber sie hat nun eine finale Diagnose mit einem Tumor, der die Milz bedrängt; vielleicht ein Vierteljahr, ein halbes. Ich will nicht feilschen. So ist es nun gekommen - gut vier Monate nach der Diagnose haben wir Biene gestern Abend begraben. Sie war uns mehr als 13 Jahre eine treue Hündin – vor allem, weil sie es nicht besser wusste. Ich halte eine Menge von Heideggers Unterscheidungen, wonach der Stein weltlos, das Tier weltarm und wir Menschen weltbildend seien. Darauf brauchen wir uns rein gar nichts einbilden, vor allem dann nicht, wenn wir uns die Welt ansehen, und was wir daraus gemacht haben.
Die Biene wäre nicht auf die Idee gekommen, sich alleine auf den Weg zu machen, in den „Weinberg“ zurückzukehren; aber dies auch nur, weil sie eine Border-Collie-Hündin ist, die auf ihre Lieben achtgeben muss, sie ständig und immer behüten muss. Das macht den Abschied besonders schwer, weil sie immer so zugetan, beflissen und unermüdlich wirkt.
Nein, das soll nicht heißen, dass sie nicht „linksgehen“ könne – ganz und gar nicht! Sie hat ihre Favoriten, meist Männer. Biene ist ein Männerhund. Während sie mir aus dem Weg geht, zieht sie ihren Waschlappen unversehens durch fremde Gesichter und über liebevoll gepflegte Glatzen. Aber macht sie dies nicht noch einzigartiger. Zu mir kommt sie, wenn es ganz eng wird, wenn das Gewitter ihre Weltarmut zu einem Inferno verdichtet oder wenn sie spürt, dass die weißen und grünen Kittel um sie herum nichts Gutes verheißen. Im drohenden Weltverlust findet ihre Zunge dann auch meine Wange, und ich beginne mich zu fühlen, als wäre ich aus Zucker.
Biene haben wir spät bekommen, aber nicht zu spät – vielleicht, nein ganz sicher ein großes Glück, dass sie da war, wenn wir sprachbegabten und sprachverdammten Menschen unsere weltbildenden Bemühungen aufs Konflikthafte konzentrierten. Biene hat Laura und Anne durch ihre Pubertät begleitet, tröstlich, ermunternd und Verantwortung weckend. Und sie hat Leo, meinen Schwiegervater, Claudias Vater, Lauras und Annes Großvater mit einer Feinfühligkeit in und durch die Demenz begleitet, so dass ihre Weltarmut zum größten Reichtum wurde.
Ja, wir müssen nichts vermenschlichen, wenn wir beobachten, wie der Mensch, der sich verliert, in Biene ein Wesen gewinnt, das mit einer traumwandlerischen Sicherheit das tut, was gut tut!
Aber das ist ja noch nicht alles. Ähnlich wie John Steinbeck seinen Charly (Meine Reise mit Charly), begreift Karl Otto Hondrich seinen Charly als großen Beziehungsgenerator und als Indikator für die Menschlichkeit in/auf dieser Welt:
„Gehe ich mit Charly spazieren, schaue ich den Menschen, die uns begegnen, ins Gesicht, ich schaue ob sie Charly ignorieren oder ob sie einen Bogen um Charly machen oder ob sie finster auf Charly blicken. Blicken sie finster auf Charly, blicke ich finster auf sie, lächeln sie Charly an, lächle ich sie an, können sie ihren von Charly gerührten Blick nicht von ihm wenden, kann ich gerührt meinen Blick nicht von ihnen wenden. Indem sie eine Beziehung zu Charly aufnehmen, nehmen sie eine Beziehung zu mir auf. Nehmen sie eine Beziehung zu mir auf? Jedenfalls nehme ich eine Beziehung zu ihnen auf, Charly bringt mich in Beziehung zu Leuten, ohne dass sie es wissen, knüpft er zwischen Leuten und mir eine Beziehung. Er tut es, ohne es zu wollen, ohne dass irgend jemand es weiß oder will, bringt Charly Menschen in Beziehung zueinander, er bringt Beziehungen unter die Menschen, er bringt die Menschen dazu, sich auf ihn zu beziehen, auch wenn sie sich nicht auf ihn beziehen wollen, können sie manchmal nicht umhin, sich auf ihn zu beziehen.“
Genauso ist es mir mit Biene ergangen. In ihren mehr als dreizehn Jahren hat sie nie einen Menschen bedrängt oder gebissen. Aber ich bin mir nicht so sicher, wie Karl Otto Hondrich, dass Biene – so wie Charly „zwischen Menschen mit kritischem und liebevollen Verhältnis zu Hunden unterscheiden kann“. Was ich aber weiß und bestätigen kann, ist schlicht die Tatsache, dass Biene sehr vielen Menschen Freude gemacht hat: Studenten, aber vor allem Studentinnen, die auf ihre Sprechstunde warten mussten; sie hat PrüfungskandidatInnen beruhigt und von ihren Ängsten abgelenkt, sie hat als meine Assistentin in Seminaren demonstriert, was Maria Montessori „Polarisation der Aufmerksamkeit“ genannt hat – bis die Hochschulleitung, in einer zeitgeistigen Umnachtung glaubte, eine generelles Hundeverbot auf dem Campus aussprechen zu müssen.
Karl Otto Hondrich hätte dazu bemerkt, dass „alle unsere Verhältnisse zu Tieren durch und durch moralisch sind. Sie sind nicht weniger als unsere Verhältnisse zu Menschen moralische Verhältnisse.“ Und doch bleibe noch genug moralischer Raum für Unterschiede: „Wir dürfen Tiere nicht quälen, aber wir dürfen ein kritisches Verhältnis und müssen kein liebevolles Verhältnis zu ihnen haben.“
Also müssen wir Regeln finden, um das Miteinander von Mensch und Tier – auch in öffentlichen Räumen – zu ermöglichen. Auf dem Campus bedeutet das Leinenzwang und die Beachtung von hygienischen Erfordernissen. Von unseren Hundesteuern werden Hunde-Stationen eingerichtet, die es jedem anständigen Hundehalter erlauben, die Absonderungen seines Lieblings zu entsorgen. Aber darüber hinaus benötigen wir wohl den gesellschaftlichen Diskurs darüber, was die Tier-Mensch-Beziehung zu einer besonderen macht. Gemeinsam bin ich mit Biene gegen das Hundeverbot auf dem Campus zu Felde gezogen, und wir haben obsiegt. Zu folgendem Brief hat sie mich inspiriert und zugleich dafür gesorgt, dass mein persönliches Verhältnis zur Institution Universität eine realistischere Färbung angenommen hat, denn trotz unseres „Sieges“ bin ich lange davon überzeugt, dass sich die habituellen und strukturellen Veränderungen in dieser Gesellschaft weder aufhalten von revidieren lassen:
Brief an die Hochschulleitung anlässlich des „Hundeverbots“ vom 8. Juli 2010:
An die Kanzlerin
der Universität Koblenz-Landau
Frau Simone Mertel-Scherer |
Akademischer Oberrat Dr. F.J. Witsch-Rothmund Universitätstr. 1 – Raum MC 101 56070 Koblenz, 12.7.2010 Tel. u. Fax: 0261/287-1821 E-mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! Privat: 0261/401298 |
Sehr geehrte Frau Mertel-Scherer,
ich nehme Bezug auf Ihr „Schreiben“ vom 8. Juli 2010. Sie sind die Kanzlerin unserer Universität. Ich frage mich, was Sie bei der Abfassung des erwähnten Schreibens formal und inhaltlich beschäftigt haben mag? Formal würde ich Ihnen empfehlen – wenn Sie schon Ordnungspolitik nach Gutsfrauenart im Zuständigkeitsbereich unserer Hochschule betreiben – auf Begründungsfloskeln zu verzichten! Wo ist der „gegebene Anlass“? Und wenn es denn einen Anlass gibt, dann hätte ich ihn gerne auch schon näher - am besten eindeutig - substantiiert. Ich möchte ihre formale Anordnung auch inhaltlich nachvollziehen können.
Ihre Anordnung eines generellen, umfassenden Hundeverbots – „das Mitführen von Haustieren, insbesondere von Hunden, ist verboten… Dieses Verbot gilt auch für alle Außenstellen und in den von der Universität angemieteten Dienstgebäuden und –räumen“ – ist schlicht undifferenziert. Eine solch undifferenzierte Anordnungspolitik entspricht nicht den diskursiven Gepflogenheiten einer Universität. Sie löst Unmut aus, und sie stellt im Übrigen einen Eingriff in die Freiheit von Forschung und Lehre dar. Ich führe Ihnen im Folgenden einmal ein paar „gegebene Anlässe“ auf, die den Hund zum Gegenstand von Forschung und Lehre machen und die den verantwortlichen Umgang mit dem Hund anregen und pflegen, ihn aber gleichermaßen als Grundrecht auch voraussetzen:
- Natalie Weber: Tiere in der Schule? Konzepte, Ideen, Beispiele, Koblenz 2006
- Julia Mann: Der Klassenhund als ‚Hilfslehrer’ – Aspekte einer tiergestützten Pädagogik in der Schule“, Koblenz 2007
- Manuela Clemens: Tiergestützte Pädagogik – Der Schulhund als pädagogischer Begleiter, Koblenz 2008 (Internet: gswittlich-friedrichstr.bildung-rp.de)
- Nina Jakobs: Rahmenbedingungen für eine tiergestützte Pädagogik am Beispiel des Schulhundes, Koblenz 2008
- Anna Geich-Gimbel: Der Schulhund: Möglichkeiten einer tiergestützten Pädagogik in der Schule, Koblenz 2009
Die „Tiergestützte Pädagogik“ ist in den letzten 10 Jahren (auch an unserer Hochschule) zu einem ausgewiesenen Forschungsfeld geworden, dass auch in der Lehrerausbildung an einigen Universitäten zur Ausbildung eigener Forschungs- und Weiterbildungsschwerpunkte geführt hat (stellvertretend sei hier hingewiesen auf: www.schulhundweb.de).
Es kann doch nicht sein, dass eine mehrtausendjährige Kulturgeschichte des Hundes auf dem Campus Koblenz in einem generellen Hundeverbot endet. Der 2003 noch amtierende Vizepräsident am Campus Koblenz, Herr Prof. Dr. Druxes hat sich hier weitaus besonnener gezeigt, indem er von einem „generellen Hundeverbot auf dem Campus“ abgesehen hat: „Wir setzen auf die gegenseitige Rücksichtnahme der Interessengruppen. Daher bitten wir alle Hundebesitzerinnen und Hundebesitzer, ihre Hunde auf dem Hochschulgelände nur angeleint mitzuführen und Störungen jeglicher Art zu vermeiden“ (Anschreiben vom 8.4.2003).
Ich möchte an dieser Stelle kein falsches Pathos aufkommen lassen und mit Elias Canetti fragen: „Wann werden alle Tiere schießen lernen?“ (Elias Canetti: Über Tiere, München 2002, S. 44). Diese Frage gäbe Sinn, wenn wir z.B. die Tierversuche von Herrn Prof. Andreas Kreiter an der Universität Bremen – die umstrittene Arbeit mit Makaken im Rahmen neurobiologischer Forschung – in Relation setzen würden zu einem pauschalen Anwesenheitsverbot von Tieren auf dem Campus Koblenz. Sofort kämen wir in den Verdacht, die Anwesenheit von Tieren auf universitärem Gelände nur dann zu dulden, wenn sie unter ausschließlichen Erwägungen des Nutzens für den Menschen – in Absehung aller Tierschutzerwägungen – Sinn ergäben.
Die Konsequenzen, die Frau Mertel-Scherers Anordnung eines tierfreien Campus nach sich ziehen, sind allerdings viel dramatischer. Sie zeugen von einem Kulturverlust, in dessen Folge wir jeden anthropomorph daher kommenden „outdoor-fähigen“ Roboter – ich glaube, das ist jetzt „Robbie-5“ oder „Robbie-6“ willkommen heißen, aber Hunden Platzverbot erteilen. Dies geschieht in völliger Verkennung der Tatsache, dass Tiere – und ich beschränke mich hier auf den Hund – in der Gerontologie, in der Frühpädagogik, in der Schulpädagogik, im Kontakt mit beeinträchtigten Menschen (im Übrigen auch im Kontext sozialer Deprivation) eine wichtige Rolle spielen.
Soziale Kompetenzen, eine aktive verantwortliche Haltung im Umgang mit dem Hund – vor allem auch in öffentlichen Räumen – sind auch Grundlagen einer tiergestützten Pädagogik. Sie sollten grundsätzliche Beachtung finden in einer Gesellschaft, die gerade den Verlust solch zentraler Kompetenzen und Haltungen beklagt. Eine Verbotspolitik à la Mertel-Scherer hilft hier nicht weiter. Sie taugt im besten Fall dazu, die Regeln für einen verantwortlichen Umgang mit dem Hund (auch in öffentlichen Räumen) stärker ins Bewusstsein zu rufen und auch einzufordern. Aber darüber müsste man reden, was angesichts einer dahingeschnodderten Anordnung schwer fällt.
Angesichts der inakzeptablen Position von Frau Mertel-Scherer, werde ich jedenfalls meinem Hund vorläufig das Betreten des Hochschulgeländes untersagen. Dieser aufmerksamen überaus freundlichen Hündin, namens Biene, die in den 9 Jahren ihres Lebens vielen stressgeplagten und prüfungsängstlichen Menschen ein liebgewordener Begleiter war und die auch einer anonymen, zuweilen kalten Hochschulatmosphäre ein wenig Wärme vermitteln konnte, werde ich vor jeglichem ordnungspolitischen Hundemobbing zu schützen wissen. Aber wie sollte man in einem wirklichkeits- und auch standortfernen Präsidial-Büro in Mainz solche Erwägungen jemals nachvollziehen können.
Gez.
Dr. Franz Josef Witsch-Rothmund
P.S.: Ich habe im Übrigen bei der Gestaltung des Briefkopfes bereits reagiert und werde den Zertifizierungshinweis der „Familienfreundlichkeit“ dieser Universität fortan im Briefkopf nicht mehr führen!