<<Zurück

 
 
 
 

Das unverhoffte, unfassbare Glück eines alten weißen Mannes

Nova Meierhenrich - kenn ich nicht, kannte ich nicht. Ich blättere im SPIEGEL (11/25, Seite 108-110). Carola Padtberg und Tobias Becker führen das Interview. Es geht um den unerfüllten Kinderwunsch Nova Meierhenrichs. Da ist die Frage zwangsläufig, was sie denn an der Vorstellung mochte, "allein ein Kind zu haben"? Nova Meierhenrich antwortet, sie habe ihren Lebenstraum, Mutter zu werden, nicht davon abhängig machen wollen, dass sie ihr "perfect match" zum perfekten Zeitpunkt treffe: "Ich wollte mich in diesem Punkt nicht von einem Mann abhängig machen, wollte selbstbestimmt sein." Carola Padtberg merkt an, dass Frauen in diesem Punkt privilgegiert seien. "Der Weg zu einem leiblichen Kind ganz allein ist Männern versperrt." Auch die Antwort Nova Meierhenrichs ist mir vertraut. In meinen Bekannten- und Freundeskreis gibt es Frauen, die sich Nova Meierhenrichs Hinweis zu eigen gemacht haben. Sie meint: "Wenn wir es drauf anlegen,können wir uns auch von einem One-Night-Stand schwängern lassen. Das war nie mein Weg."

Auch alle anderen Wege führen bei Nova Meierhenrich nicht zur Erfüllung ihres Kinderwunsches. Der muss mächtig gewesen sein und lässt sich gewiss nicht nur daran ermessen, dass neben den Entbehrungen und Zumutungen* am Ende - neben dem Verdienstausfall - Kosten in Höhe von € 80.000 anfielen.

* Carola Padtberg/Tobias Becker fassen das so zusammen: "Beim Thema Familienplanung haben Sie erst die Kontrolle verloren und dann den Kampf. Schon mit Anfang dreißig begannen Sie mit Fruchtbarkeitschecks, nahmen ab Ende dreißig jahrelang Hormone, haben sechs erfolglose Kinderwunschbehandlungen hinter sich, bis Sie mit 43 aufgaben." 

Nova Meierhenrich bestätigt dies mit der nach wie vor erschütternden Einsicht, dass es sie schockiert habe nicht schwanger zu werden. Diese immense Diskrepanz zwischen einem ausgeprägten Kinderwunsch, den Enttäuschungen und all den Mühen und Belastungen kann eine Mann und wird ein Mann niemals eins zu eins nachvollziehen können. Aber er kann etwas anderes:

Er kann begreifen, wie unfassbar privilegiert er ist - im übrigen ganz und gar abweichend von dem Privileg, dass Carola Padtberg Frauen zuspricht (siehe weiter oben) -, wenn ihm Vaterschaft sozusagen buchstäblich geschenkt wird. Im besten aller Fälle werden Männer, die gleichermaßen das Privileg genießen bzw. für sich beanspruchen konnten, ihre Frauen in der Schwangerschaft, bei der Geburt zu begleiten, vor allem im Rückblick begreifen, wie gesegnet sie von Umständen sind, die sie zwar mit verursachen, deren Konsequenzen ihnen aber dann sozusagen auf dem Silbertablett serviert werden. Dazu gehört gewiss auch die Einsicht mit Blick auf den männlichen Anteil an Elternschaft, dass Vaterwerden (zumindest in aller Regel) nicht schwer ist, Vatersein hingegen eine außerordentliche Herausforderung darstellt. Stellt man sich dieser Herausforderung (wie erfolgreich vermag man selbst nicht zu beurteilen), erwächst daraus im besten Fall das unfassbare Privileg, sich einen Erfahrungsraum zu erschließen, der in der Soziologie mit dem Begriff der Generativität bezeichnet wird. Nova Meierhenrich ist dieser Erfahrungsraum verschlossen. Wieso ich ihr tiefes Bedauern darüber nachvollziehen kann, werde ich in der Folge näher begründen.

in progress 

   
© ALLROUNDER & FJ Witsch-Rothmund
Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.