Anni Ernaux - Eine Frau - Abschied von der Mutter - ein erbärmliches Buch? Ein Buch zum Erbarmen!
Für M. und P.
Anni Ernaux ist eine bemerkenswerte Frau. Die 1940 geborene Nobelpreisträgerin für Literatur bekennt im SPIEGEL-Interview (6/23, S. 104-107), dass sie diesen Preis- den Nobelpreis - nicht wollte: "Ich hatte mir das Alter immer als einen Moment vorgestellt, in dem man frei ist und in Ruhe gelassen wird. Wo ich tun kann, was ich möchte. Schreiben kann, wann ich will. [...] Ich bin nicht mehr Anni Ernaux. Ich bin jetzt die Nobelpreisträgerin." Erst wenn man Anni Ernauxs Dilemma ernst nimmt, begreift man, wie ungemein privilegiert man das Momentum des Alters, die mit ihm verbundene Freiheit - wenn es gut kommt - genießen kann, jenseits der Bürde, plötzlich eine öffentliche Person sein zu müssen. Auf dem 89 Seiten starken Bändchchen Eine Frau von Anni Ernaux klebt ein Button:
Nobelpreis für Literatur 2022. Dieses Bändchen ist 1987 bei Gallimard verlegt worden - erst seit 2019 gibt es eine Übersetzung ins Deutsche. Mir liegt die dritte Auflage aus 2022 vor, das Geschenk einer guten Freundin, die sporadisch auch meinen Blog verfolgt. Eine Frau gilt der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung als eine "großartige Miniatur, ein Porträt ohne Schminke, Wehleidigkeit und Vorwürfe, ein kostbarer Versuch darüber, wie es ist". Auf der Rückseite dieses schmalen Bändchens steht zu lesen: "Dreizehn Tage nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 1986 schreibt Anni Ernaux ein kurzes, schmerzhaftes Requiem. Und lässt die Mutter als Repräsentantin einer Zeit und eines Milieus auferstehen, das auch das ihre war." Das ist nicht die ganze Wahrheit: 1986 hatte Anni Ernaux Pierre Bourdieu gelesen. Ihn gelesen zu haben, erinnert sie als Schock - ein Schock, der nachwirken wird:
"Auf einmal verstand ich, warum ich mich zwischen den bürgerlichen Studenten anders fühlte. Und warum ich damals diesen Satz schrieb, meine Rasse zu rächen. Was ich intuitiv wusste, erklärte Bourdieu wissenschaftlich. Und ich erkannte mich in seinen Gesellschaftsanalysen wieder. Ich kannte die Kluft, die zwischen den Studenten, die >Erben< waren. Und jenen, die nur ein Stipendium hatten und aus dem Arbeitermilieu kamen."
Im SPIEGEL-Interview stellt sie im Übrigen klar, dass der Begriff "Rasse", den sie im obigen Zitat verwendet, damals für sie für "unterdrückte und verachtete soziale Klasse" stand. Die feinen Unterschiede bedeuten in Frankreich grundsätzlich eine andere - ein totalere - Dimension struktureller Gewalt, die auch heute noch den Charakter von Klassenunterschieden, wenn auch in unzählige soziale Milieus ausdifferenziert, offenbaren. Vielleicht war Anni Ernaux 1986 noch nicht auf der Höhe ihres Denkens und ihres Schreibens - dies vermag ich nicht annähernd zu beurteilen. Deutlich wird nur, dass die feinen Unterschiede - sozusagen in Abkehr von der verachteten bürgerlichen Welt, der Anni Ernaux's Rachebedürfnisse gelten - sie gnadenlos einholen, einholen in dem was und wie sie schreibt.
Es bedarf anderer Kriterien und Unterscheidungskategorien als die der feinen Unterschiede, um zu begreifen, was hier geschieht: Das Büchlein Anni Ernaux's implementiert den mörderischen Beobachter, dessen Brutalität und Tragik sich nur begreifen lässt, indem man eine fundmentale Unterscheidung Niklas Luhmanns einführt, wonach soziale Systeme nicht denken und psychische Systeme nicht kommunizieren können (siehe dazu den Exkurs ganz am Ende dieses Beitrags). Die nüchterne Schlussfolgerung, dass nur die Kommunikation kommunizieren könne, springt uns aus jeder Zeile an. Anni Ernaux führt das man ein - entledigt sich Teilen ihrer Verantwortung, um genau dies dann zu bedauern. In der Endphase - in den letzten Monaten und Wochen in einem privaten Seniorenheim und auf der geriatrischen Station des Krankenhauses von Pontoise - beginnt das Protokoll, das Anni Ernaux und die Leser als mörderische Beobachter dem aussetzt, was Jean Baudrillard schon 1976 (Frankfurt 2003) nüchtern beschreibt: "Die dem Terrain des Todes abgerungenen Gebiete sind verwüstet." Mir bleibt vollkommen unverständlich, dass Anni Ernaux Bezug nimmt auf Pierre Bourdieu, hingegen ihren Landsmann Jean Baudrillard nicht mit einem Wort erwähnt. Sie schreibt:
"Sie betrat nun endgültig diesen Raum ohne Jahreszeiten, mit gleichbleibender Temperatur und gleichbleibendem Geruch, diesen Raum ohne Zeit, in dem es nur die reibungslose Wiederholung der Lebensfunktionen gab, essen, schlafen etc. Zwischendurch im Flur spazierengehen, sich eine Stunde vor den Mahlzeiten an den Tisch setzen, beim Warten ständig die Serviette auseinander und zusammenfalten, amerikanische Serien und Hochglanzwerbung auf dem Bildschirm vorbeiziehen sehen. [...] Nach wenigen Wochen verließ sie das Bedürfnis, auf sich zu achten. Sie sackte zusammen, ging gebeugt, mit gesenktem Kopf. Sie verlor die Brille, ihr Blick war trüb, das Gesicht nackt, leicht aufgedunsen von den Beruhigungsmitteln. Sie sah immer wilder aus. Nach und nach verlegte sie all ihre Sachen, eine Strickjacke, die sie sehr gemocht hatte, die Zweitbrille, den Kulturbeutel. [...] Wie den meisten anderen Frauen zog man ihr aus Bequemlichkeit einen am Rücken offenen Krankenhauskittel an, darüber eine geblümte Bluse. Sie schämte sich für nichts mehr, eine Windel tragen, gierig mit den Fingern essen. Die Menschen um sie herum wurden einander immer ähnlicher. Die Worte, die zu ihr durchdrangen, verloren ihre Bedeutung, aber sie antwortete trotzdem, aufs Geratewohl. Sie hatte immer noch Lust sich zu unterhalten. Ihr Sprachvermögen war intakt, zusammenhängende Sätze, richtig ausgesprochene Wörter, nur eben ohne Bezhug zu den Dingen, der Fantasie entsprungen. Sie erfand das Leben, das sie nicht mehr führte: Sie fuhr nach Paris, sie hatte sich einen Goldfisch gekauft, man hatte sie zum Grab ihres Mannes gebracht. Manchmal WUSSTE sie allerdings: 'Ich fürchte, mein Zustand wird sich nicht mehr bessern.' Oder sie ERINNERTE sich: 'Obwohl ich alles für das Glück meiner Tochter getan habe, ist sie nicht glücklicher (S. 80ff.).'"
Was sich in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erst in zaghaften Anfängen entpuppte, und was Jean Baudrillard erst ahnen konnte, ist die Überführung dessen, was er ökonomisches Parasitentum nennt, in eigens entstandene Geschäftsfelder und -modelle, die Wertschöpfungskriterien unterliegen und ihre Wirtschaftlichkeit nachweisen müssen. Dies brutalisiert allerdings den von ihm schon diagnostizierten Effekt, wonach die dem Terrain des Todes abgerungenen Gebiete drohen der Verwüstung anheimzufallen. Anni Ernauxs Mutter bricht sich zuletzt den Oberschenkelhals:
"Sie wurde nicht operiert. Ihr eine Hüftprothese einzusetzen, lohnte nicht mehr, genauso wenig wie alles andere, eien neue Brille, eine neues Gebiss. Sie stand nicht mehr aus ihrem Rollstuhl auf, die Pflegerinnen banden sie mit einem Stoffstreifen um die Taille fest. Sie schoben sie zu den anderen Frauen in den Speisesaal, stellten sie vor dem Fernseher ab. Menschen, die sie gekannt hatten, schrieben mir, 'das hat sie nicht verdient', sie fanden es wäre besser, wenn sie schnell 'erlöst' würde. Vielleicht wird eines Tages die ganze Gesellschaft dieser Meinung sein. Sie kamen nicht zu Besuch, für sei war meine Mutter längst tot(Hervorhebungen, FJWR)."
Wir gelangen konsequent wieder zu Jean Baudrillard, der zunächst einmal feststellt, dass das Greisentum in anderen gesellschaftlichen Formationen als wirklicher symbolischer Angelpunkt der Gruppe existiert habe:
"Der Status des Greises, der durch den des Ahnen vollendet wird, ist der angesehenste. Die Jahre sind ein realer Reichtum, für den man Autorität und Macht eintauscht, im Gegensatz zur heutigen Zeit, wo die gewonnen Jahre nur zählbare Jahre sind: akkumuliert, ohne dass man sie eintauschen könnte. Die verlängerte Lebenserwartung hat also nur zu einer Diskrimierung der Alters geführt, die sich aus der Diskrimierung des Todes ergibt und entwickelt."
Es sind die letzten Wochen und Tage, die diese prekäre Klemme für Anni Ernaux so greifbar machen, denn in den letzten Wochen und Tagen intensiviert sie ihre Bemühungen - gerade da, wo ihr vor Augen steht, dass ihre Mutter leben will und gleichwohl an einen Ort der Verwüstung verbannt ist:
"Sie versuchte immer wieder aufzustehen, indem sie sich mit ihrem gesunden Bein hochstemmte, wollte sie den Stoffstreifen abreißen, der sie daran hinderte. Sie streckte die Hand nach allem in ihrer Reichweite aus. Sie hatte ständig Hunger, alle Energie konzentrierte sich auf ihren Mund. Sie liebte es, wenn man ihre einen Kuss auf die Wange gab, und spitzte die Lippen, um den Kuss zu erwidern. Sie war ein kleines Mädchen, das nie erwachsen werden würde. Ich brachte ihr Schokolade und Gebäck mit und fütterte sie in kleinen Stücken. Anfangs kaufte ich nie die richtige Sorte, der Kuchen war entweder zu cremig oder zu trocken, sie konnte ihn nicht essen (unbeschreiblich schmerzhaft zu sehen, wie sie kämpfte, mit den Fingern, mit der Zunge). Ich wusch ihr die Hände, rasierte ihr die Wangen und das Kinn, trug ihr Parfum auf. Eines Tages begann ich ihr das Haar zu bürsten und hörte dann wieder auf. Sie sagte: 'Ich mag es, wenn du mich frisierst'. Von da an bürstete ich es ihr immer. Ich saß ihr im Zimmer gegenüber. Oft griff sie nach meinem Rock und befühlte den Stoff, als wollte sie die Qualität prüfen. Mit zusammengebissenen Zähnen riss sie das Papier von dem Gebäck. Sie redete über Geld, über Kunden, warf lachend den Kopf in den Nacken. Das waren Gesten, die immer typisch für sie gewesen waren, Worte, die sie ein Leben lang begleitet hatten. Ich wollte nicht, dass sie starb. Ich hatte das Bedürfnis, sie zu füttern, zu berühren, ihr zuzuhören (S. 84f.)."
Es ist die Schnittstelle zu dritten Dimension von Leben. Anni Ernaux, die Tochter sieht, leidet - sie wird zur mörderischen Beobachterin. Und es mag kein Zufall sein, dass wir dann uns als Subjekte in den Vordergrund schieben - "unbeschreiblich schmerzhaft zu sehen"!!! Es ist der Körper, der zeigt, der fordert, was er will, was ihm gut tut, was ihm fehlt. Berühren - so schreibt es Dietmar Kamper in seinem Traumbuch (München 2012) - in seinem Sterbetagebuch:
"Was mir in Zeiten des entfernten Körpers immer unwahrscheinlicher und immer notwendiger vorkommt, ist die Berührung. Leben des Körpers heißt nichts anderes als Berührtwerden, als Berühren (S. 37)."
Als Anni Ernaux dies begreift, fasst die Verzweiflung sie an. Dass sie nicht will, dass ihre Mutter stirbt, dass sie nicht ertragen kann, unter welchen Umständen sie ihre letzten Wochen und Tage verbringt, zerreißt sie und führt ihr noch einmal die Aussichtslosigkeit dessen vor Augen, worin eine Lösung hätte bestehen können:
Sie schreibt auf Seite 85: "Mehrmals der heftige Wunsch, sie mit nach Hause zu nehmen, mich nur noch um sie zu kümmern, und sofort zu wissen, dass ich dazu nicht imstande wäre. (Schuldgefühle, dass ich sie ins Heim gegeben hatte, auch wenn ich, wie die Leute sagten, 'keine Wahl' hatte)." Warum lässt Du das so stehen - Anni Ernaux? Warum hattest Du keine Wahl? Hattest Du keine Wahl?
Vielleicht rede ich deshalb von einem erbärmlichen, von einem erbarmungswürdigen Buch. Und jedem, der es liest, wird diese quälende Frage vor Augen treten, sofern er sich mit den eigenen Eltern (überhaupt noch) auseinandersetzt bzw. sofern er überhaupt noch die Gelegenheit zu einer solchen Auseinandersetzung hat. Anni Ernaux schreibt:
"Am Sonntag nach Ostern besuchte ich sie mit einem Strauß Forsythien. Es war ein kühler grauer Tag. Sie war mit den anderen Frauen im Speisesaal. Der Fernseher lief. Als ich zu ihr ging, lächelte sie. Ich schob den Rollstuhl in ihr Zimmer. Ich arrangierte die Forsythienzweige in einer Vase. Ich setzte mich neben sie und fütterte sie mit Schokolade. Man hatte ihr braune Wollstrümpfe angezogen, die bis übers Knie reichten, und einen zu kurzen Krankenhauskittel, unter dem die abgegemagerten Oberschenkel zu sehen waren. Ich säuberte ihr die Hände und den Mund, ihre Haut war warm. Einmal versuchte sie, nach den Forsysthienzweigen zu greifen. Später brachte ich sie zurück in den Speisesaal, im Fernsehen lief L'ecole des fans mit Jaques Martin. Ich verbabschiedete mich mit einem Kuss auf die Wange von ihr und nahm den Fahrstuhl. Am nächsten Tag war sie tot (S. 85f.)."
Erbärmlichkeit und Erbarmungswürdigkeit dieser Aufzeichnungen der Nobelpreisträgerin Anni Ernaux verschmelzen in der bitteren Erkenntnis Anni Ernaux's ihren eigenen Erwartungen nicht genügt zu haben. In den Hekatomben von Schuldgefühlen verdichten sich die Versagensängste, die Tanja Stelzer zuletzt in der ZEIT zu der appellativen Geste veranlasste: Rettet unsere Alten! Es ist aber niemand geringeres als Anni Ernaux (Jahrgang 1940), die schon 1986 nach dem Tod ihrer Mutter schreibt:
Es ist Februar, es regnet oft, das Wetter ist mild. Heute Abend bin ich nach dem Einkaufen zu dem Pflegeheim gefahren. Vom Parkplatz aus wirkte das Gebäude heller, fast einladend. Im ehemaligen Zimmer meiner Mutter brannte Licht. Zum ersten Mal, erstaunt: 'Es gibt jemanden, der ihren Platz eingenommen hat.' Mir ging durch den Kopf, dass ich im neuen Jahrtausend eine dieser Frauen sein werde, die beim Warten aufs Abendessen ihre Serviette auseinander- und zusammenfalten, hier oder woanders (S. 86f.)."
Fast 37 Jahre sind vergangen nach der Veröffentlichung des Reqiems. Anni Ernaux - nunmehr schon drei Jahre älter als ihre Mutter (1906-1986) - sieht nicht nur ihre Mutter, sondern spiegelt sich selbst früh schon in ihrer Mutter und ihrem Altersschicksal. Aber bevor sie die Augen für immer schließen wird, hat sie gezeigt, wie sehr der Zugang zu Bildung ein Leben und den Blick aufs Leben verändert. Zum mörderischen Beobachter kann nur werden, wer seinen Beobachtungen Sprache verleiht. Darin unterscheidet sich Anni Ernaux radikal von ihrer Mutter. Will man gesellschaftliche Resonanz erzeugen, will man möglicherweise sensibilisieren für das, was alte Menschen, nein, was alle Menschen zum Über-)Leben benötigen wie das tägliche Brot, dann muss man die Schnittstellen benennen und beschreiben können, an denen sich Menschen (die nicht kommunizieren können) und soziale Systeme (die nicht denken und nicht fühlen können) begegnen. Erst als die Mutter wieder Kind wird, erst als Anni Ernaux wieder vorbehaltlos zu jemandem werden kann, der Urbedürfnissen offen und liebevoll entspricht ("Sie liebe es, wenn man ihr einen Kuss auf die Wange gab, und spitzte die Lippen, um den Kuss zu erwidern") ereignet sich das, was so vielen Menschen versagt bleibt: Liebevolle, vor allem auch körperliche Zuwendung jenen gegenüber, die einen geboren, umsorgt und liebevoll begleitet haben: ("Ich wusch ihr die Hände rasierte ihr die Wangen und das Kinn, trug ihr Parfum auf. Eines Tages begann ich ihr das Haar zu bürsten und hörte dann wieder auf. Sie sagte, 'ich mag es, wenn du mich frisierst'. Von da an bürstete ich es immer.").
Ja, genau darin sehe ich den Wert der Absonderungen Anni Ernaux's. Und es ist ein Trost, genau jenes Privileg für sich beanspruchen zu können, das Anni Ernaux mit ihrem Ruhm als Nobelpreisträgerin verloren geht. Das just in time über vier lange Monate protokollierte Sterbetagebuch meiner Mutter verfehlt jene Selbstzweifel Anni Ernaux's und begreift jedes Wort (auch die, die zu viel sind) als Kostbarkeit, so wie jedes noch so vermeintlich überflüssige Detail. Eine familial geerdete Herkunftsvorstellung, die das Geben und Nehmen in einen nahezu harmonischen Kreislauf integriert, verleiht die heute so selten gewordene Vorstellung, im intergenerativen Geschehen das getan zu haben, was nötig und was möglich erscheint. Dies gilt mehr noch in der Begleitung meiner Schwiegereltern, die aufgrund der eigenwilligen Dynamik noch einmal den ganzen Facettenreichtum einer Begleitung zum Tode hin offenbart. Das Wiederlesen der nachstehenden Einleitung zu einem Demenztagebuch stellt den eigentlichen Auslöser für diese Auseinandersetzung mit Anni Ernaux dar. Es veranlasst mich nun dieses Demenztagebuch endlich auch zu Ende zu schreiben - immer in dem Bewusstsein, dabei möglicherweise in einen Spiegel zu schauen.
Einleitung zu einem Demenztagebuch oder: Butter bei die Fische
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Zum Einstieg oder zum besseren Verständnis sollte man mit dem ältesten Beitrag beginnen.
Mit den folgenden Bemerkungen habe ich in der Kopfzeile meines mäandernden BLOGS einen weiteren komplexen Menüpunkt eröffnet. Es wird nicht bei theoeretischen Reflexionen zum Sinn und den Grenzen eines Tagebuchs bleiben. Ein alter Fluss mäandert gern und lässt sich ungern in ein (betoniertes) Bett zwängen. Gleichwohl stößt er auf Barrieren, und Jahrmillionen wird keiner von uns fließen. Man wird die wenigsten Barrieren und Hindernisse erodieren können, so dass Letztgültiges und Finales nicht zu erwarten ist. Vielleicht wird es dennoch spannend und unterhaltsam:
Denkt man darüber nach, welche Absichten und Zwecke man mit dem Verfassen eines Tagebuches verfolgt, bewegt man sich auf einer Metaebene. Ich fasse solche Bemühungen deshalb unter dem Begriff des Metatagebuchs zusammen. Nehme ich die Zwecke selbst in Augenschein, bleiben neben dem Tagebuch selbst, das vermutlich die eindrücklichste und nachvollziehbarste Form der Selbstvergewisserung darstellt, spezifische Unternehmungen, wie beispielsweise das Lerntagebuch oder ein Sterbetagebuch. Dies kann gewissermaßen auch in einem Gesamtunterfangen kumulieren, wie es z.B. Wolfgang Herrndorf in seinem Online-Tagebuch Arbeit und Struktur öffentlich in Form eines BLOGS bis zu seinem Suizid im August 2013 versucht hat. Der Leser kann bis zum Ende jene (sicht- und nachvollziehbaren) Spuren verfolgen, die jemand im Angesicht einer finalen Diagnose hinterlässt. Das Tagebuch wird auf diese Weise zu einer prozeduralen Hinterlassenschaft, die Einsichten erlaubt – eben in die Arbeit (Prozess), die jemand absondert und in die Gerinnung dieser Absonderungen (Struktur). Irgendwann – spätestens post mortem – bleiben nur noch die Einkerbungen in eine Welt, die das eigentlich nicht nötig hätte (Derrida).
Aber vielleicht hat es der Tagebuchschreiber nötig. Die spannendste Frage ist und bleibt für Beobachter (fürs Publikum) die, wie weit jemand dabei bereit ist zu gehen. Soweit ein Tagebuch ausschließlich der Selbstvergewisserung dienen soll, wird es in der Regel im Selbstpol verschlossen bleiben – ein autistisches Unterfangen, bei dem man sich rückhaltlos mit sich selbst und der Welt auseinander setzt, ohne sich einer Öffentlichkeit auszuliefern. Davon wird es vermutlich Millionnen und Abermillionen an Zeugnissen geben, die in Schulbladen – heute in virtuellen Ordnern – geheim gehalten werden oder auch vor sich hinwarten, bis sie sich irgendwann unbeobachtet – auch physisch entmaterialisieren. Im Übrigen kann man die von Henning Mankell vertretene Haltung, man solle sich im Leben nicht zu viele Sorgen machen, man komme da sowieso nicht lebend raus, so oder so deuten: Lebt einfacht und hört auf ständig zu reflektieren oder gar zu lamentieren - oder: Lehre uns bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden (Psalm 90). Henning Mankell hat offensichtlich beide Haltungen auf ungewöhnliche Weise zu einer Symbiose verschmolzen.
Soll das Tagebuch hingegen eine Außenwirkung haben – zwischen Selbst- und Fremdpol oszillieren –, dann muss es adressiert sein; an die Hinterbliebenen oder im Falle ausgewiesener Prominenz an die (Welt-)Öffentlichkeit. Dazu hat nicht jeder den Mut bzw. manche neigen dazu, ihr Mütchen erst posthum zu kühlen. Dann kann man nicht (mehr) gefragt werden, und man muss/kann sich auch nicht mehr rechtfertigen. Dass dies eine sinnvolle, ja not-wendige Voraussetzung für ein erträgliches soziales Miteinander sein kann, hat Peter Sloterdijk (kommt im sechsten Absatz des sich öffnenden Beitrags zu Wort!) in der lapidaren Sentenz zusammengefasst, diskret sei derjenige, der wisse, was er nicht bemerkt haben solle! Selbstdiskretion – und Diskretion überhaupt – sind nicht selten notwendige Voraussetzungen für ein Überleben in Gemeinschaft (ein Fallbeispiel). Schließlich erklärt sich aus den zivilisatorischen Errungenschaften der Selbstdesinteresserierung, des Taktes und der Diskretion, warum das Tagebuch nach wie vor in seiner überwiegenden Existenz im Selbstpol verschlossen bleibt und das nicht autorisierte Lesen eines Tagebuchs einen gravierenden, in der Regel folgenreichen Tabubruch darstellt. Denn der ernsthafte Versuch eines Tagebuches entgeht in der Regel nicht der nachhaltigen und radikalen – oder wie sagt man so treffend: der schonungslosen Auseinandersetzung mit den eigenen Schamgrenzen und den eigenen schuldhaften Verstrickungen im Leben.
Daher grundsätzlich die Empfehlung an die zarten Seelen lieber zu leben als (nach-) zu denken oder gar mit der unvermeidbaren Sichtbarkeit von (Schrift-)Zeichen Spuren zu produzieren und möglicherweise zu hinterlassen. Wer hingegen das Risiko der Aussetzung bereit ist in Kauf zu nehmen oder zu kalkulieren, der ist mit einem Online-Tagebuch gut beraten (aber das machen die Schnapsnasen in unreflektierter bis peinlicher Weise - völlig unambitioniert - ja ohnehin in den sogenannten sozialen Netzwerken, ohne auch nur annähernd respektables Tagebuch-Niveau zu erreichen).
Die Frage ist nun, wie kommt Butter bei die Fische? Ob nun Geistesriese à la Immanuel Kant oder delikate Nichtigkeit im Sinne Adrian Nemos (der mich als mein alter ego zweifellos überleben wird) - um die Beantwortung der Kantischen Fragen kann man sich nicht wirklich herummogeln:
- Was kann ich wissen?
- Was soll ich tun?
- Was darf ich hoffen?
- Was ist der Mensch?
Um Missverständnissen vorzubeugen; ich will und kann diese Fragen nicht beantworten - zumindest nicht unter der Maßgabe eines "kategorischen Imperativs" ("Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte!"). Ich mogle mich an dieser Stelle mit meinem ironietechnischen Werkzeugkasten heraus und empfehle, sich des Imperativs zu enthalten. Gleichwohl taste ich mich selbst für mich selbst durchaus an eine Beantwortung dieser Fragen heran. Und so theorieüberfrachtet mein Gesamtkunstwerk: www.fj-witsch-rothmund.de auch daher kommen mag, die Antworten, die sich mir anbieten, resultieren aus einer Praxis, die am dichtesten und am authentischsten aus den von mir zu bewältigenden finalen Wendepunkten aufscheint. Besondere und markante Grenzsituationen markieren im Luhmannschen Sinne Wendepunkte in einem Lebenslauf, an denen etwas geschehen ist, was nicht hätte geschehen müssen. Dies mag uneingeschränkt zutreffen auf die absolute Zufallsabhängkeit der Liebe (falling in love). Die Frage, ob und wie wir die Liebe unseres Lebens finden, lässt sich ohne die Macht und Gnade des Zufalls sicherlich nicht beantworten. Ein wenig anders stellen sich finale Wendepunkte in einem Lebenslauf dar: der Tod und das Sterben von Vater und Mutter, des Bruders, des Schwiegervaters, guter Freunde - hier ist es noch die Frage, wie wir damit im Einzelnen umgehen und wie wir finale Prozesse (mit-)gestalten und beeinflussen. Bezogen auf den finalen Wendepunkt des eigenen Lebenslaufs stößt man an die Grenze des: mors certa - hora incerta! Aber Vieles mag da schon entschieden sein durch die Praxis eines aktiven Lebens, das sich von einer Pädagogik der Bewahrung abwendet und sich einer Pädagogik der Bewährung aussetzt: Wie kann ein Muttersohn das Sterben der Mutter begleiten? Wie hält er dieser Bewährungssituation stand? Und wie stellt sich ein ganzes Leben dar - zwischen dem unerhörten Glück vorbehaltloser Zugehörigkeit und den Verlusten, die das Leben unwiederbringlich mit sich bringt?
Das Tagebuch ist hier im besten Falle ein Instrument, das dem Sog des Vergessens Inseln der Erinnerung abringt. Als verschriftlichtes Gedächtnis bringt es Struktur in den unaufhaltsamen Prozess eines selektiven Erinnerns und Vergessens. Was mich dazu veranlasst, nun auch dazu überzugehen, die eigenen Erinnerungen mit einem soliden Gerüst auszustatten, ist zwei zentralen Motiven geschuldet:
- Ich werde alt - ich bin alt, kein Methusalem, aber ein Mensch mit einem Gedächtnis, das seine Spannkraft verlieren wird, das möglicherweise leer und leerer wird - je älter ich selbst werde.
- Ich habe genau dies erlebt! Die Beantwortung der Frage, wie ein Muttersohn das Sterben der eigenen Mutter begleiten kann, wurde 2003 bereits begleitet vom unaufhaltsamen Weg meines Schwiegervaters in die Demenz; ein langer Prozess, der erst mit seinem Tod im März 2010 endete.
Bei der Lektüre der jeweiligen Tagebücher, die ich seinerzeit akribisch geführt habe, wurde mir wiederum zweierlei umfassend klar:
- Die Sorge und die Fürsorge, die liebevolle Zuwendung und die Begleitung hinein in diesen finalen Prozess hinein machte mich auch zum Beobachter. Und ich wollte wissen, wie sich solche Prozesse des (Selbst-)Vergessens vollziehen, wie man sie gestalten, mildern und begleiten kann. Ich wollte wissen, auf welche Weise und wie sehr sie das soziale System der eigenen Familie und der Herkunftsfamilienund auch des sozialen Netzwerks insgesamt, in dem man sich bewegt, beeinflussen und verändern. Ich sollte mir die Frage beantworten müssen, wie ich selbst - nach dem Sterben und dem Tod der Mutter - dieser Herausforderung würde standhalten können.
- Die erneute Lektüre meiner Tagebücher erweist sich dabei als ungewöhnliche Kraftquelle einerseits. Andererseits zeigt sich eben auch, wie sehr solche Prozesse die systemische Entwicklungsdynamik in der eigenen Familie und selbstverständlich auch auf die Paarbeziehung und Freundschaften befeuern. Hier nun - an dieser Stelle, mit Blick auf die intime Paarbeziehung, in der ich mich aufgehoben fühle - installiere ich ein Klärwerk, das Mitteilungsfähiges und Nicht-Mitteilungsfähiges zu scheiden weiß. Diese Grenzen muss ich ausloten. Wollen wir alle aber gemeinsam verstehen und auch lernen, wie Familie funktioniert, dann muss die Soziologie der Familie mit Geschichten zum Leben erweckt werden; denn die Menschen sind doch ihre Geschichten. So kann man an dieser Stelle zumindest sagen, dass z.B. "Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete..." nicht zu verstehen ist und so gar nicht erst entstanden wäre, hätte es den langen Weg Leos in die Demenz mit seinen systemischen Wirkungen und Nebenwirkungen nicht gegeben.
Wenn ich nun mit einem Eintrag aus dem Frühjahr 2003 beginne und dann einen großen Zeitsprung vollziehe, dann geht es einerseits darum, einen Eindruck von den Rhythmen und dem basso continuo zu vermitteln. Zum anderen wird der Zeitsprung eine größere Dichte offenbaren, was den Weg in und durch die Demenz von Leo, meinem Schwiegervater angeht. Die Lücken werde ich nach und nach füllen. Und wie schon gesagt: Hygienewasch und Inkonsistenzbereinigungsprogramme sorgen dafür, dass niemand Ängste haben muss, es ginge ihm hier ans Leder.
Inzwischen, nach den ersten Eintragungen ist mir die Klemme allerdings mächtig bewusst, in die ich mich - insbesondere auch bei dem auf Leo, meinen Schwiegervater - bezogenen Demenztagebuch hineinbegebe. Naturgemäß - da es ein finales Tagebuch ist - verschiebt sich der Fokus gewissermaßen hin zu einem Pol, den ich Thanatos-Pol nennen möchte. Es endet mit dem Tod Leos, aber nicht mit meinem! Auszuhalten, zu gestalten war dieser gesamte Prozess im Rückblick durch den Spannungsraum, der auf der anderen Seite durch einen Pol aufgespannt wurde, den ich Eros-Pol nennen möchte. Parellel zur finalen Begleitung meines Schwiegervaters vollzogen sich im komplexen System so viele Prozesse, ohne die ein Zusammenbruch, eine Resignation angesichts des finalen Charakters der liebevollen Fürsorge und Pflege vermutlich unabwendbar gewesen wäre. Bios wird durch Eros erst zu jener Qualität, die der anderen durch Thanotos repräsentierten Seite einen vitalen Egoismus - möglicherweise bis hin zur Egomanie entgegenhalten kann. Ich werde dies wohl nur in einer verfremdenden literarischen Aufarbeitung angehen können, denn es gibt ja den Diskretionsvorbehalt à la Sloterdijk: Diskret ist wer weiß, was er nicht bemerkt haben soll! Sanfte Andeutungen hingegen gestatte ich mir.
Exkurs: Der Mythos der Ganzheitlichkeit und was ist unserer Beobachtung zugänglich?
Um „Ordnung in die Welt zu bringen“ müssen wir Unterscheidungen treffen. Durch die gewählten Unterscheidungen ziehen wir eine Grenze. Wir bezeichnen das Eine und nicht das Andere. Mit den Worten Niklas Luhmanns: „Wir reduzieren auf die uns mögliche Weise Komplexität.“ Die folgenden Unterscheidungen beziehen sich auf den Bereich des Lebendigen, des Lebendigen deshalb, weil dies wohl der allgemeinste Begriff ist, mit dem es möglich ist, sowohl über das einzelne Individuum, als auch über die Interaktionssysteme, an denen es beteiligt ist, nachzudenken. Die Grundunterscheidungen, die ich wähle, bezeichne ich in Anlehnung an Niklas Luhmann und Arnold Retzer als
• Gelebtes Leben
• Erlebtes Leben
• Erzähltes Leben
Ich teile also den Menschen in drei Teile ein:
Unter „gelebtem Leben“ verstehen wir demnach die Biologie, die Physiologie, die Anatomie eines Menschen, also das, was gemeinhin Gegenstand der Mediziner ist. Während sie diese Zeilen hier lesen, laufen z.B. ungezählte biochemische Prozesse in ihnen ab, die garantieren, dass sie als lebendiges, organisches System „funktionieren“. Dies alles geschieht sozusagen „autopoietisch“, ohne ihr Zutun. Das lebende System, das sie biologisch repräsentieren, vermag – eine zuträgliche Umwelt vorausgesetzt – die Elemente, aus denen es biologisch gesehen besteht, selbst mit Hilfe der Elemente, aus denen es besteht, zu erschaffen. Wenn wir uns der Psychologie und der Soziologie zuwenden, bedeutet dies folgendes im Sinne einer Unterscheidung von System und Umwelt:
• Psychische Systeme (erlebtes Leben - wir als Individuen) operieren im Modus des Bewusstseins (Gedanken produzieren Gedanken im Netzwerk von Gedanken) während
• Soziale Systeme (erzähltes Leben) im Modus der Kommunikation operieren (Kommunikationen produzieren Kommunikationen im Netzwerk von Kommunikationen)
Alle drei Phänomenbereiche (gelebtes, erlebtes und erzähltes Leben) wirken als Umwelten füreinander. Die Elemente dieser Systeme treten nicht in das jeweils andere System ein, sondern operieren nur jeweils im eigenen, operational geschlossenen Bereich. In allen drei Bereichen findet eine charakteristische Form der Selbstorganisation statt, die als Autopoiese bezeichnet wird.
Bezogen auf Anni Ernaux's Protokoll Eine Frau erkennen wir, dass ihr das Verhalten, die Äußerungen ihrer Mutter zunehmend fragwürdig werden. Auf ihre Fragen bekommt sie keine Antworten mehr - die Mutter lebt in ihrer eigenen Welt. Innerhalb der Interaktionen im sozialen System (Mutter-Tochter; Mutter-Pflegerinnen; Mutter und die Anderen) gibt sie Rätsel auf bzw. an die Stelle von klärenden Gesprächen treten Vermutungen. Vermutungen wiederum werden da zu einer Gewissheit, wo die Schnittstelle zum gelebten Leben berührt wird: Berühren, Berührt-Werden, Streicheln, Füttern, Kämmen etc. werden zu wohltuenden, positive Resonanz erzeugenden Handlungen und Ritualen. All dies beruht auf der aufmerksamen Beobachtung der Tochter Anni, die ihre Schlussfolgerungen zieht und beginnt danach zu handeln. Kommunikation löst sich hier vom üblichen Sprachmodus. Verstehen resultiert nicht aus sprachbasierten (Re-)Aktionen, sondern mehr und mehr aufgrund körperlich signalisierten Wohlempfindens - soziale Handlungen bewegen sich an der Schnittstelle zum gelebten Leben. Empfindungen und ihre wechselseitige Wahrnehmung steuern Verhalten. Was üblicherweise Verliebten vorbehalten ist, wird zu einer Möglichkeit der Kommunikation zwischen Tochter und Mutter. Eltern und Großeltern sind vergleichbare Erfahrungen im Wechselspiel mit ihren kleinen Kindern und Enkeln im Kleinkindalter vertraut. Schließlich wirken Anni Ernaux's Beobachtungen in den kulturellen Raum hinein. Wir diskutieren sie im Kontext theroretischer Konzepte, wie beispielsweise die von Bourdieu oder Baudrillard. Dort entfalten sie außerordentlichen Sprengstoff bis hin zu Appellen wie "Rettet unsere Alten" (siehe oben).
Gestern habe ich unsere Altersvorsorge mit unserem Debeka-Mann (der das im Übrigen sehr gut macht) einem Check unterzogen. Wir sind finanziell auf alle Eventualitäten vorbereitet. Stellen sich nur die nicht zu beantwortenden Fragen: Wer wird uns den Arsch putzen (eklatante personelle Mangelsituation in der Pflege in progress)? Und viel mehr noch: Wie alt wollen wir werden, und wie wollen wir alt werden? Das mors certa - hora incerta glich lange einem unkalkulierbaren Damoklesschwert. Hand an sich zu legen unter bestimmten Bedingungen und mit liebevoller Begleitung erscheint zwar vordergründig betrachtet, wie ein unauflösbares Paradoxon. Gleichwohl nehmen entsprechende Optionen am Horizont Gestalt an. Wir bleiben im Gespräch.