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Bernhard Schlink - Selbs Justiz neu gelesen

Bernhard Schlinks Stil eignet sich aufgrund seiner klaren, unverschnörkelten Sprache und den in der Regel überschaubaren Kapiteleinteilungen hervorragend auch zum Vorlesen. So habe ich Selbs Justiz noch einmal vorgenommen und lese sehr wachsam, was Gerhard Selb im Alter von 68 Jahren Mitte der 80er Jahre über sich und die Welt zu sagen hat: Auf dem Cover ist im Sinne einer kurzen Inhaltsangabe zu lesen, dass der Privatdetektiv Gerhard Selb, 68, von einem Chemiekonzern beauftragt wird, einem Hacker das Handwerk zu legen, der das werkseigene Computersystem stört.

Bei der Lösung des Falles wird er mit seiner eigenen Vergangenheit als junger Nazi-Staatsanwalt konfrontiert und findet für die Ahndung zweier Morde, deren argloses Werkzeug er war, eine eigenwilligen Lösung. 

Es gibt ein Minikapitel (18, Seite 82f.) Die Unsauberkeit der Welt, in dem sich Selb den Hacker Mischkey zurechtlegt und seine eigene Verstrickung andeutet:

„Ich empfand eine unsaubere Mischung aus beruflichem Ehrgeiz, Respekt für den Gegner, keimender Eifersucht, klassischer Rivalität zwischen Jäger und Gejagtem, Neid auf Mischkeys Jugend. Ich weiß zwar, daß dies die Unsauberkeit der Welt ist, der nur die Heiligen entrinnen und die Fanatiker meinen, entrinnen zu können. Gleichwohl stört sie mich manchmal. Weil so wenige sie sich eingestehen, denke ich dann, nur ich litte unter ihr. Auf der Universität in Berlin hatte mein Lehrer Carl Schmitt uns Studenten eine Theorie vorgeschlagen, die reinlich zwischen dem politischen und dem persönlichen Feind unterschied, und alle waren überzeugt und fühlten sich in ihrem Antisemitismus gerechtfertigt. Schon damals hatte mich beschäftigt, ob die anderen die Unsauberkeit ihrer Gefühle nicht aushalten konnten und bemänteln mußten oder ob meine Fähigkeit, zwischen Persönlichem und Sachlichem gefühlsmäßig eine klare Grenze zu ziehen, unterentwickelt war (S. 82f.).“

1987 bzw. in der Entstehungsphase zu Selbs Justiz hatten Bernhard Schlink/Walter Popp bereits die Idee, Gerhard Selb als Hörer von Carl Schmitt auszuweisen. Ich frage mich einmal mehr, was Schlink damit bezweckt? Gerhard Selb ist Mitte der 80er Jahre 68 Jahre als – für mich besonders interessant, weil ich selbst mitten im 69sten Lebensjahr unterwegs bin. Selb ist mir nicht unsympathisch, er ist mir zuweilen irgendwie vertraut. Er ist aber 1944 der junge, schneidige Staatsanwalt, der das Todesurteil für Tyberg und Dohmke beantragt. Der vermutlich 1916 geborene Selb deckt im Verlauf seine eigene tiefe Verstrickung auf, die er in gewisser Weise als Missbrauch realisiert – eingefädelt von seinem Schwager und Schulfreund Korten. Er nähert sich damit gewissermaßen einer „Normalbiografie“ im Kontext des Nationalsozialismus, worin auch die geistige Elite sich letztlich in ihrer übergroßen Mehrheit erkennen muss(te) als Erfüllungsgehilfen eines Terrorstaates!

Mir ist dies – nebenbei bemerkt – vollends noch einmal bewusst geworden in einem  ZEIT-Beitrag aus 16/20 vom 8. April: „Ein Tag, zwei Leben – Der eine hatte eine NS-Eliteschule besucht, der andere war dem Holocaust entronnen: Der frühere ZEIT-Chefredakteur Theo Sommer und der Historiker Saul Friedländer im Gespräch über ihren 8. Mai 1945“. Außerordentlich frappierend und aufschlussreich – vor allem die Bekenntnisse des damals 15jährigen Theo Sommer.

Bernhard Schlink geht ja noch sehr viel weiter. Der von ihm – auch als erotische Verlockung – geschätzten Frau Buchendorff gegenüber lässt Selb buchstäblich die Hosen runter:

„Nach Kriegsende wollte man mich nicht mehr. Ich war überzeugter Nationalsozialist gewesen, aktives Parteimitglied und ein harter Staatsanwalt, der auch Todesstrafen gefordert und gekriegt hat. Es waren spektakuläre Prozesse dabei. Ich glaubte an die Sache und verstand mich als Soldat an der Rechtsfront, an der anderen Front konnte ich nach meiner Verwundung gleich zu Beginn des Krieges nicht mehr eingesetzt werden… Nach 1945 war ich zunächst bei meinen Schwiegereltern auf dem Bauernhof, dann im Kohlenhandel, und danach ging’s langsam als Privatdetektiv los. Für mich hatte die Arbeit als Staatsanwalt keine Perspektive mehr. Ich sah mich nur als nationalsozialistischen Staatsanwalt, der ich gewesen war und auf keinen Fall mehr sein konnte. Mein Glaube war verlorengegangen. Sie können sich wahrscheinlich nicht vorstellen, wie man überhaupt an den Nationalsozialismus glauben konnte. Aber sie sind mit dem Wissen aufgewachsen, das wir nach 1945 erst Stück für Stück bekamen… Um die Zeit der Währungsreform begann man, belastete Kollegen wieder einzustellen. Da hätte ich wohl auch wieder zur Justiz gekonnt. Aber ich sah, was die Bemühung um Wiedereinstellung selbst aus den Kollegen machte. Anstelle von Schuld hatten sie nur noch das Gefühl, man habe ihnen mit der Entlassung Unrecht getan und die Wiedereinstellung sei eine Art Wiedergutmachung. Das widerte mich an (121).“

Bernhard Schlink ist Jahrgang 1944 und meines Wissens gibt es keine erkennbaren oder nachweisbaren Verstrickungen seiner Familie in die nationalsozialistische Ära. Dann muss ich aber doch bei Schlink irgendwie zu der Annahme kommen, dass er – mit Blick auf den Übergang zur Bundesrepublik – eine Art Verstrickung in die DNA seines Protagonisten hineinwebt, die einerseits den strukturellen Zwiespalt offenbart, mit dem ein um 1916 geborener „überzeugter Nationalsozialist“ sich eine Nische sucht (auch als Hochgebildeter/Intellektueller) in der entstehenden, sich entpuppenden Republik und die als eine Art tickender Zeitbombe bis hin zum Mord an Kürten führt. Dieser Mord allerdings schrumpft dann auf ein Tötungsdelikt im „Affekt“ ausschließlich gespeist aus der Kränkung und dem Missbrauch, dessen sich Kürten hat schuldig werden lassen, indem er Selb zu seinem Instrument in einem Komplott niederster sittlicher Kategorie macht.

Für mich bedeutet dies einmal mehr der Frage nachzugehen, wie wir uns zur Tätergeneration stellen. Kohortenmäßig gehören ihr meine Eltern an. Mein Vater hat seine (auch seelische???) Unversehrtheit verspielt und hat gleichwohl in einem zweiten Leben dazu beigetragen (alle) seine (Enkel-)Kinder mit zu immunisieren gegen jegliche faschistische Gesinnungssplitter. Wie war das möglich? Es war unter anderem möglich, weil alle seine (Enkel-)Kinder sowohl in der Auseinandersetzung mit ihm als auch in der (emotionalen) Identifikation mit ihm zu aufrechten Demokraten geworden sind. Für Theo Witsch, Angehöriger der Wehrmacht bis zuletzt, ausgezeichnet mit dem EKII, waren alle Kinder gleich. Seine – meinerseits bewunderte, weil nicht in die Zeit passende – Haltung machte keinen Unterschied zwischen legitim und illegitim. Nichts wirkt bis zum heutigen Tag stärker in mir nach als jene offen- und warmherzige Haltung eines Mannes, der, am 11.12.1922 geboren, nicht die geringste Chance hatte, sich dem Anforderungsprofil und den pflichtauslösenden Erwartungen der Nazis zu entziehen. Denn es gibt da noch die andere Seite meines Vaters: er war blond, blauäugig, flink wie ein Windhund, hart wie Kruppstahl und zäh wie Leder. Er hätte ansonsten vermutlich den Krieg - zumindest in vorderster Front, wo er sich bewegen musste - auch nicht überlebt.

Es gibt eine kleine Episode, die offenbart, wie dünn die Klinge war, auf der unbedarfte junge Kerle, wie er,  auch balanciert sind. Mein Vater war vom 23.2.1944 bis zum 9.3.1944 auf „Genesungsurlaub“. Aus dieser Zeit stammen die Fotos, die ihn mit Kopfverband zeigen. Er hat mir erzählt, dass – wie immer auch die Umstände sich darstellen mögen – ihm die Frage gestellt wurde, ob er sich eine dienstliche Verwendung als Wachsoldat vorstellen könne (es ist der Name Dachau gefallen). Mein Vater hat mir gegenüber geäußert, dies nicht erwogen zu haben. Ich bin bei der WASt in Berlin gewesen und habe mir auch seine Personalakte ganz genau angesehen. Er ist nach diesem Genesungsurlaub zu seiner Einheit zurückgekehrt und hat den Rückzug aus Italien mitvollzogen bis zu seiner Gefangennahme durch amerikanische Einheiten.

Unsere Republik ist geworden, was sie ist, mit den Selbs mit Theo Witsch und mit Hilde Witsch – und vor allem: die Geschichte ist nicht zu Ende. In Schlinks Vorleser ist Michael Berg erst 10 Jahre nach Hannas Tod in der Lage, seine Geschichte aufzuschreiben. Hier – im Vorleser – ist es natürlich noch einmal ganz anders. Hans Berg fühlt in sich eine mittelbar auf ihn übergegangene, in ihm wirkende Schuld. Dieter Kampmeyer hat 2014 unter anderem zu Bernhard Schlinks Vorleser seine Trauma-Konfigurationen (Königshausen & Neumann, Würzburg 2014) vorgelegt:

„Der einundfünfzigjährige Professor und Schriftsteller bekennt sich neben seiner sexuellen auch zu seiner schriftstellerischen Abhängigkeit von Hanna... Er gesteht psychisch schwer verletzt worden zu sein, indem Hanna, nachdem sie ihn von sich abhängig gemacht habe, aus seinem Leben verschwunden sei. Die traumatische Wirkung, die den ‚Riss‘ in seiner Psyche verursacht hat, kann er nicht erinnern. Die Erinnerungen bleiben in der Nähe von Hanna, wiederholen das Zusammensein, vermitteln Bilder ihres Körpers in verschiedenen Lagen und Positionen. Es handelt sich um Erinnerungen, die den ‚Riss‘ in seiner Psyche, der die Verknotung mit Hanna herbeigeführt hat, verdecken. Es kann dem Einundfünfzigjährigen bei der Verschriftlichung seiner Geschichte mit Hanna immer nur um Ereignisse gehen, niemals aber um seine traumatische Verknotung. Und seine Geschichte mit Hanna ist nur eine ‚Deckgeschichte‘, bestehend aus ‚false memories‘, die ihn nicht von Hanna befreien, sondern seinen status quo festigen.“ (Kampmeyer, S. 44)

Ich habe – analog zu Schlink – versucht, und versuche im Übrigen bis heute, den Trauma-Konfigurationen in der eigenen Familie nachzuspüren. Mir haben die Abgeklärtheit und vor allem die rechtsphilosophischen und –ethischen Kenntnisse eines Bernhard Schlink gefehlt, um neben den Trauma-Konfigurationen und den referenztheoretischen Dimensionen (Neitzel/Welzer) auch den rechtlichen Rahmen zu bedenken, der einen nuanciert anderen Umgang mit den Fragen von Kollektivschuld und individueller Schuld ausgelöst hat. Die Bedeutung der Radbruchschen Formel ist mir erst über die Auseinandersetzung mit Bernhard Schlink wirklich umfassend klar geworden – vor allem, weil er eine durchaus abweichende Haltung einnimmt. Seine Argumentation betont, dass mit der Inventarisierung des Rückwirkungsverbots, was durch Artikel 103 (2) GG geltendes Recht sei, „an einem entscheidenden Punkt Verlässlichkeit der Lebenswelt gewährleistet ist. Soweit es um das Betrafen eines Verhaltens geht, soll man sich auf das Recht so verlassen können, wie es zur Zeit des Verhaltens galt. Das strafrechtliche Rückwirkungsverbot heißt nicht, dass das Verhalten moralisch richtig war, und schließt weder spätere soziale oder ökonomische Sanktionen noch negative Folgen für Beruf und Karriere aus. Es heißt nur, dass an die vergangene Lebenswelt strafrechtlich nicht mehr gerührt werden darf [...] Die Frage der rückwirkenden Bestrafung wäre nicht von der Rechtsprechung, sondern vom Gesetzgeber zu beantworten gewesen - mit der politischen Diskussion und Publizität, die verfassungsändernde Gesetzgebung genießt.“ (Bernhard Schlink, zitiert nach Kampmeyer, a.a.O., S. 78)

Bernhard Schlink vertritt also durchaus die Auffassung, dass es bei so schwerwiegenden Rechtsverletzungen, wie sie hier zur Rede stehen, sein kann, dass einer Gesellschaft der Rechtfertigungsgrund fehlt, sie mit dem Hinweis auf das Rückwirkungsverbot gesellschaftlich zu integrieren. Für diese Fälle sei dann das Parlament legitimiert und aufgefordert, das Rückwirkungsverbot mit einer verfassungsändernden Mehrheit zwar nicht grundsätzlich aufzuheben, aber zu modifizieren. Bernhard Schlink dringe damit auf eine öffentliche, politische Auseinandersetzung und Entscheidung. (siehe zu diesem Argumentationszusammenhang Kampmeyer, ebd.)

Auf diesem Hintergrund verstehe ich eher die Konstruktion einer Figur, wie sie uns in Gerhard Selb begegnet. Und ich tue mich schwer damit, die von Schlink/Popp angebotenen Lebenswelten des Gerhard Selb integrieren zu können. Mir schwant, dass mir in meinem Leben viele Selbs begegnet sind. Ein klitzekleiner Selb verkörpert sich beispielsweise in meinem Schwiegervater, der anders als mein Vater (und dabei 1 ½ Jahre jünger – was in diesem Zeitfenster einen Unterschied macht, der einen Unterschied ausmacht) sich freiwillig zur Wehrmacht meldet – und dies sicher nicht ausschließlich aus taktischen Erwägungen, sondern weil er überzeugt war von der Not- und Rechtmäßigkeit des von Deutschland verursachten und gesuchten Krieges, wobei die Satzergänzung das ausmacht, was Gerhard Selb mit der Formulierung fasst und relativiert, dass es zu dem Wissen gehört, „das wir nach 1945 Stück um Stück bekamen“. Es gibt da so viele Kronzeugen, die mich auch in meinem akademischen Leben so außerordentlich geprägt haben. Hier nur noch ein Beispiel:

Wolfgang Klafki (eine der prägenden und einflussreichen Figuren in der bundesdeutschen Erziehungswissenschaft) stellt sich (in: Verführung, Distanzierung, Ernüchterung - Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus. Autobiographisches aus erziehungswissenschaftlicher Sicht, Weinheim und Basel 1988, Beltz-Verlag) im Rückblick auf seine biographische Rekonstruktion seiner politischen Identitätsbildung als Kind und Jugendlicher vor allem die Frage, wie er „innerlich mit der Spannung zwischen den identifikatorischen und den im Laufe der Zeit immer zahlreicher werdenden Distanzierungs- und Zweifelsmomenten“ fertiggeworden ist. Klafki führt aus, dass es vor allem die „Realerfahrungen und Beobachtungen“ waren, die es ihm jedenfalls - „wie etlichen anderen Altersgenossen“ erlaubte, sich nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes vom Nationalsozialismus abzukehren. Diese „Abkehr“ vollzieht sich auf dem Hintergrund schockierender Erfahrungen und Enthüllungen, denn:

  • "Über die Judenverfolgungen haben weder meine Eltern mit uns Kindern, jedenfalls nicht mit mir, gesprochen, noch hat es im Schulunterricht, den ich erlebte, entsprechende Hinweise, geschweige denn ausführlichere Gespräche gegeben (ebd. 163).“
  • "Von der systematischen Ausrottung der Juden habe ich erst nach dem Kriege mit Erschütterung erfahren. Was ich von der nazistischen Judenpolitik, ohne die Herkunftsquelle genauer benennen zu können, wusste, war, dass man Juden, ihrer angeblichen staats- und volksschädlichen Machenschaften wegen, aus allen anspruchsvollen Funktionen und Berufen entfernt hatte (ebd.).“

Wolfgang Klafki berichtet unter anderem von einer konkreten Beobachtung im Umgang mit russischen Kriegsgefangenen: „Mich erschreckte die Brutalität des deutschen Wachmannes zutiefst, die Beobachtung beschäftigte mich in der Vorstellung tagelang.“ Sein nachfolgendes Eingeständnis macht deutlich, warum wir Goldhagens These von „Hitlers willigen Vollstreckern“ substanziell und strukturell nicht wirklich ignorieren können: "Dass ich in diesem und in vergleichbaren, wenngleich weniger extremen Fällen aus Angst nicht protestiert, nicht in irgendeiner Form - sonst ein zum Fragen und auch zu offener Kritik bereiter Junge -, wie kindlich und ohne Aussicht auf Erfolg auch immer, mit anderen Menschen, meinen Eltern zumal, gesprochen, sie gefragt, Widerspruch gewagt habe, gehört zu jenen Schulderfahrungen, von denen ich mich auch unter Hinweis auf mein damaliges Alter nicht freisprechen kann und will (ebd. 164).“

Die Lektüre von Selbs Justiz hat in mir – wie so oft – eine Auseinandersetzung ausgelöst, die mich nicht nur mit den Verstrickungen meiner Elterngeneration, sondern die vielmehr auch die Frage aufwerfen, aus welcher Perspektive wir auf diese (schuldhaften) Verstrickungen schauen: Niemand hat das präziser formuliert als Stefan Slupetzky, indem er den Vater seines Hauptprotagonisten im Letzten großen Trost die Mahnung aussprechen lässt:

„Wer weiß? Ich lebe seit fast vierzig Jahren in Frieden, du seit über zwanzig. Welche Bestien - oder Engel - in uns schlummern, hat sich nie gezeigt. Wir sind im besten Fall Chronisten, die behaupten, aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben. Aber sind wir wirklich bessere Menschen, nur weil uns die Zeit, in der wir leben, besser aussehen lässt?“

Hier schließt sich nun der Kreis. Ich hatte unterdessen immer wieder mal die Phantasie, man hätte Schlink einmal die Frage stellen können, was ihn und Popp im Einzelnen dazu veranlasst hat, die Figur des Gerhard Selb genauso zu stricken, dass sie einerseits Identifikationspotentiale eröffnet, andererseits aber eben auch die abgrundtiefe Verstrickung im Sinne einer ausgewiesenen Täterbiografie.

   
© ALLROUNDER & FJ Witsch-Rothmund