Ecce Homo - Werner Mittelstaedt
Kurskorrektur - Bausteine für die Zukunft (2004 Büchergilde Gutenberg) - zwischen den nachfolgend wiedergegebenen Thesenbzw. Vorschlägen Mittelstaedts und dem aktuellen politischen Diskurs liegen fast zwanzig Jahre, kaum zu glauben!
Die große Kluft zwischen Wissen und konkretem Handeln - Künftige Lösungen dürfen nicht wieder Teil der Krise werden (Seite 53-56):
- Wir benötigen letztendlich Lösungen, die nicht dazu beitragen, auf die ein oder andere Weise wieder Teil der Krise zu werden. Aufgrund der Komplexität der zu lösenden Probleme und Kirsen mutet dies wie die Quadratur des Kreises an - damit ist gemeint, dass wir tiefgreifende Lösungen benötigen, die nicht nur lokal, sonder auch global wirken.
- Manche Menschen sind der Auffassung, dass die Menschheit zur Wiedererlangung (!) ihrer Zukunftsfähigkeit nicht mehr die richtigen Antworten finden wird, weil der Zeitrahmen, in denen Lösungen für dieses Ziel heranreifen könnten, viel zu klein wäre. Zur Untermauerung dieser Einschätzung wird angeführt, dass der Egoismus des Menschen, kombiniert mit Nationalismus, Machtgier und Fundamentalismus unterschiedlichster Provinienz, die ökonomischen, sozialen, kulturellen und politischen Lösungsversuche und Einsichten oft im Keim ersticken würden. Dieser Einschätzung muss heftig widersprochen werden, weil sie unverantwortlich ist. Wieviel Zeit der Menschheit zum Handeln tatsächlich zur Verfügung steht, um nicht vollends zukunftsunfähig zu werden, kann niemand genau vorhersagen. Einschätzungen wie die oben angeführten tragen zur Resignation bei.
- Um die aus heutiger Sicht sich anbahnende Megakrise der Menschheit doch noch abzuwenden, bedeuten realistische Lösungen, sie unter weitestgehender Einbeziehung der bestehenden Wert- und Handlungsmuster anzugehen.
- Ökonomische, soziale, kulturelle und politische Lösungen müssen für die Mehrheit der Menschen nachvollziehbar und konsensfähig sein. Zukunftsfähigkeit und evolutionäre Zukunftsgestaltung im Sinne des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung kann nur unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten erreicht werden, die im Prinzip schon heute vorhanden sind: Ausreizung wissenschaftlich-technischen Know-hows zur Wiedergewinnung und Substitution von Ressourcen; Produktionenen mit größerer Effizienz und möglichst geringem Naturverbrauch müssen vorangetrieben werden (vg. Weizsäcker u.a. 1995); verbreitete Nutzung von Methoden für ein besseres Verständnis komplexer Strukturen zur Lösung von Umweltproblemen (vgl. Vester 2000).; viel strengere Umweltgesetze und konsequentere Umweltüberwachung; Schaffung einer Weltumweltpolitik; grundlegende Reformen der Vereinten Nationen mit dem Ziel einer Weltfriedenspolitik; Steuern auf zukunftsunfähige Produktionen; für Konsumenten nachvollziehbare Zertifizierungen von Konsumgütern aller Art mit Hinweisen auf Zukunftsfähigkeit bzw. Zukunftsunfähigkeit; breite Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung gegenüber den zukunftsgefährdenden globalen Megatrends unter Einbeziehung individueller Handlungsmöglichkeiten und Verantwortungspotentiale; individuelle Abgaben (Entwicklungshilfesteuern) für die Länder des Südens, um nur einige Schlagworte zu nennen.Ich kommentiere einmal mit meinem letzten lyrischen Erguss - wie gesagt fast 20 Jahre später und mehr als ernüchtert:
N i m b y oder: Sankt Florian wird uns schon retten*
Wir saßen im Café
und tranken klares Wasser.
Wir fingen an zu grübeln und hatten nichts im Tee.
Zuletzt entstand der Eindruck, ich sei ein Menschenhasser.
Es waren nur drei schlichte Fragen,
und doch ging es um Kopf Kragen:
Kommt der Strom nur aus der Dose und das Wasser aus dem Hahn?
Und die Freiheit zu Bleiben und zu Gehn, ist nicht nur schlichter Wahn?
Da rief von MallePinkwarts Omma übers warme Meer:
Freitag, Samstag ist hier alles dicht - kommt doch alle her.
Layla ist schon da und viele ihrer Freier,
hohl im Kopf, doch in der Hose dicke Eier.
Ich kann nicht, ruft Herr Schultz: Hab Land Sickness und fliege nach Korea.
Da ruft die Eva, die von Redecker: Bleibt doch alle hier!
Und du, Herr Schultz, denk an Medea,
bevor die (Groß)Mutter wird zum Tier!
Der Welt, in der, von der wir leben, sind wir egal.
Gleichwohl geraten Fluten, Dürren uns zur Mahnung,
und die Vergnügen werden schal.
Im Ahrtal hat man davon mehr als eine Ahnung.
Und doch gehn uns die Kleber auf den Sack,
bald gibt es Feuer unter Pflegebetten,
N i m b y - not in my back-yard - ruft das Pack,
Sankt Florian wird uns schon retten!