Verstehen heißt antworten - so meint Aron Bodenheimer
Verstehen heißt antworten - so meint Aron Bodenheimer (Stuttgart 1992, S. 169f.).
"Fragen kann krank machen, sagen kann bewahren - selbst wenn der Tod schon vor der Tür steht. Sogar dann, wenn es der nukleare Tod ist, das Ende im atomaren Genozid. - Im Gespräch über diesen treffen wir, es ist nach Tschernobyl, eine Familie an, irgendwo rund um die Erde, und das Kind fragt: 'Was passiert, wenn die Atombombe losgeht?' Dieses Kind hat Eltern, denen Wahrheit die Deutlichkeit der Realität ist, nicht die bewegende Wirkung des Wortes. Und aus dem heraus, was ihnen als Liebe zur Wahrheit gilt, antworten sie ohne weitere Besinnung dem fragenden Kind: 'Dann sind wir alle tot.'
Nur, die Eltern überhören, dass das Kind sich nichts hat vorstellen können: weder unter den Realitäten noch unter den Bedrohungen dahinter, noch unter dem Text und dem Sinn dieser Antwort. Atomare Bedrohung ist diesem Kind, was der Tod jedem Kind ist, und wenn es fragt, was es mit der Bombe auf sich hat, so fragt es, wie und was es sonst zu fragen gewohnt ist, um zu erkunden, wo seine Eltern sind und wer sie ihm sind. Das Kind will wissen, ob es sich seiner Eltern vergewissern darf. Und darauf kann die Antwort nicht heißen:'Dann sind wir tot', sondern:
'Dann sind wir bei dir.'
Und sich, den Eltern, sagen sie damit: Auch wenn wir zugrunde gehen, es macht einen Unterschied, wie es sein wird, eh wir zugrunde gehen. Das Kind erkundet, was es von den Eltern zu erhoffen hat. Versicherndes und bewegendes Sagen versagt auch nicht vor vernichtender Bedrohung."
Diese Textpassage habe ich Aron Ronald Bodenheimer: Verstehen heißt antworten (Stuttgart 1992, S. 169f.) entnommen. Den kompletten Beitrag unter diesem Link