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Bodo Janssen (30.03.1953-07.02.2023)

„Bodo hat seinen Kampf gewonnen. Er hat allen gezeigt, dass es sich lohnt, für seine Überzeugung und seinen SeelenfriedenDSC 04232 mit unbändigem Willen zu kämpfen.“

Mit diesen Worten beginnt Vickys Trauerrede, die dann in ein leidenschaftliches Bekenntnis zu einer so ganz und gar besonderen und ungewöhnlichen Liebesbeziehung übergeht; eine Beziehung, die sich nach der Trennung zu einer unverbrüchlichen Freundschaft wandelte – sicher eine Freundschaft, so würde Arnold Retzer sagen, die vor allem ihre liebevolle Seite nie verloren hat – bis zuletzt.

Nobbys Trauerrede endet mit dem bemerkenswerten Satz: „Wenn es einmal nicht so läuft, wie man es sich vorstellt, muss ich an Bodo denken und an die Kraft und Lebensfreude, die ansteckend waren für alle, die das Glück hatten, ihn zum Freund zu haben.“

Diese Grundstimmung verband am 13. März 2023 die Trauergemeinde auf dem Zentralfriedhof in Koblenz, wo Bodo Janssen seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Man kann sich ein Leben – besser einen Lebenslauf – vor Augen führen unter der Betonung von Wendepunkten, an denen etwas geschehen ist, was nicht hätte geschehen müssen. Nobby betont: „1987 war Bodos Schicksalsjahr. Er wollte uns einen Überraschungsbesuch in Wiesbaden abstatten, als er verunglückte.“ Dieser Wendepunkt in Bodos Leben markiert ein Vorher und ein Nachher – Ausgangsbedingungen für ein Leben und eine Lebensgestaltung, die man sie sich gegensätzlicher nicht denken kann. Nobby, den mit Bodo eine Freundschaft seit Schulzeiten verband, schreibt: „Bodo war ein Bewegungsmensch, immer agil“ und man könne vielleicht ahnen, wie sehr Bodo mit sich gerungen haben muss, bis er jenen Lebensmut und jene Energie für sich zurückgewinnen konnte, die ihn bis zuletzt so besonders erscheinen ließen: „Bodo, Du warst der nichtbehinderste Rollstuhlfahrer der Welt.“ In dieser paradoxen Charakterisierung spricht Vicky etwas aus, was allen, die Bodo begegnet sind, so eindrücklich in Erinnerung bleibt: Ein wacher Geist, eine nie versiegende Neugier, ein ungebrochener Wille machten aus dem querschnittsgelähmten Bewegungsmenschen Bodo einen aufmerksamen, tatkräftigen Gestalter, der aus dem Rollstuhl heraus die Welt bewegte. Seine Kontakte, seine kenntnisreiche Expertise, seine Leidenschaft ließen Güls im Café Hahn mit Bodo‘s Bluesbox über viele Jahre zum Mekka der Blus- und Rockszene werden: „… und viele Künstler folgten Deinem Ruf“ erinnert sich Vicky. „Die Aftershow-Parties in der Stauseestraße (unweit des Café Hahn) waren legendär und auf Deiner Couch saßen viele berühmte Leute – Marla Glen, Pete York und Eddie Hardin, die Hamburg Blues Band, Nine Below Zero, um nur einige zu nennen.“

Auch nach dieser verrückten, intensiven Zeit - mit Bodo als Impressario der Koblenzer Blues-Szene -blieb die Stauseestraße jener Ort, wo Freundinnen und Freunde „uff e Schwätzje“ zusammenkamen: „Das gemeinsame Essen ist Inbegriff des Zusammenlebens. Das Essen, Trinken und Zusammen-Reden mit dem Freund/den Freunden ist ein besonderes vergnügliches Sichverständigen (Arnold Retzer).“

Es gibt Berufenere, die Lebensleistung und die Persönlichkeit Bodos zu würdigen. Vicky – Bodo bis zuletzt in Liebe und Freundschaft verbunden – schreibt: „Du warst ein Mensch voller Energie, Leidenschaft, Sturheit, unglaublicher mentaler Stärke, Großzügigkeit, Liebe, Wärme, Humor und Zuversicht. Der Blues, Kochen, Katzen, Kakteen, Genussmittel in vielen Varianten waren einige Deiner Passionen.“

All dies verlieh den Treffen bei Bodo – wenn sich zum Beispiel die Kehrbruderschaft (Hans, Jürgen, Frank I und II, Jupp – manchmal Rudi und Herbert) statt an der Kehrkapelle auf dem Maifeld in der Stauseestraße versammelte – das besondere Flair und jene Atmosphäre, in der offenkundig wurde, dass die „Tugendhaftigkeit des sinkenden Testosteronspiegels nicht das Ende aller Laster ist“. Und die Frage, ob „die Lebenserfahrung eines Siebzigjährigen Weisheit oder nur die Summe aller Fehler ist“, ist in diesen Runden nie zu Ende diskutiert worden.

Die beiden Zitate entstammen im Übrigen Helge Timmerbergs „Lecko Mio, siebzig werden“. Bodo, der nie einen Geburtstag vergessen hat, hat Helge Timmerbergs amüsante Auseinandersetzung mit dem Alter seinem Freund Nobby noch wenige Wochen vor seinem Tod zum Geburtstag geschenkt. Bodo wäre am 30. März 2023 siebzig geworden.

Seine Eigenart, sein Humor, seine ungebrochene Lebenslust, seine Leidenschaft für den Blues – für die Musik, jenes Medium, in dem er sich bewegte wie ein Fisch im Wasser und das ihn immer wieder befähigte so viele Menschen zu vereinen und zu erfreuen, all dies leuchtete noch einmal auf in Marcels Trauerrede, die eine Brücke schlug von dem, was Bodo war und verkörperte und dem, was er in unserer Erinnerung so facettenreich bleiben wird. Die Trauer darüber, dass jemand nicht mehr unter uns ist, ist der Spiegel der Liebe und der Freundschaft, die Menschen verbindet.

Jeder und  jede einzelne von uns wird Bodo folgen. So wie er uns vorausgegangen ist, begreifen wir vielleicht, dass selbst das Sterben kein hoffnungsloses Geschehen ist. Selbst wenn unsere Körper und unsere Lebensenergien schwinden, strahlen unser Geist und unser Herz zurück auf jene, die sich dem Toten verbunden fühlen.

Vicky und Nobby haben auf eindrucksvolle Weise daran erinnert, dass von Bodo durch seine Wahl, durch seine Entscheidung für ein aktives Leben – trotz seiner Fesselung an den Rollstuhl – diese besondere Strahlkraft ausging. Mit Christine Longaker möchte ich daran erinnern, dass alle spirituellen Traditionen das Leben nicht als etwas verstehen, was man einfach so besitzt, sondern als etwas, für das man sich entscheiden muss. Wie weiland der Frederick Leo Lionnis hat Bodo Sonnenstrahlen (verwandelt in die Klangwelt des Blues) gesammelt und uns damit Zeit seines Lebens beglückt.

Am 12. Januar 2024 werden wir – eingedenk der Einsicht des mors certa – hora incerta (der Tod ist gewiss – die Stunde ungewiss) diese Beglückung im Cafe´ Hahn zu Güls, unweit der Stauseestraße, noch einmal aufleben lassen. Was Bodo - früher als andere – mitten im Leben schon erfahren musste, bringt Christine Longaker mit der Einsicht auf den Punkt: „Und was einen dazu bringt, das Leben zu wählen, ist die Herausforderung des Todes. Man muss hier und jetzt, und nicht erst eines Tages, zu sterben lernen.“ Danke Bodo♣

Ich danke Victoria (Vicky) te Booij und Norbert Finger herzlich für die Überlassung der Trauerreden

   
© ALLROUNDER & FJ Witsch-Rothmund