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Die weißen Elefanten

auch eine Geschichte über Politiker die mit dem Arsch denken und den Kopf in den Sand stecken!

Stefan Schmitt (stellvertretender Ressortleiter im ZEIT-Ressort Wissen, geboren 1977). Er ist Vater von mindestens zwei Kindern, die er für's Basteln, Entdecken, Erforschen und Ausprobieren begeistern will.

Seit Jahrzehnten begleitet mich eine Herde friedlicher weißer Elefanten. Sie wandern mit mir die alten Wege von der Vergangenheit in die Gegenwart in die Zukunft. Je weiter wir meiner Gegenwart entgegenwanderten, um so kleiner wurden die mich begleitenden Elefanten. Einige recken mir ihre Rüssel entgegen mit freundlichen Gaben. Der eine begleitet mich dabei in einen schon lange totgesagten Park; ein zweiter bringt mir das Leben als Klang nahe; ein weiterer sorgt für Herzflimmern und Kopfschmerzen, bevor mir einer anderer die Mohnfrau schenkt. Der größte der weißen Elefanten bietet mir Hildes Geschichte an. Diese Geschichte erlaubt einen neuen, ungewohnten Blick auf die eigene Familie und ihre Geheimnisse. Danach sorgen die weißen Elefanten dafür, dass ich dankbarer und demütiger durch diese Welt gehe.

So wird es Zeit für Kurz vor Schluss I - ich werde Pensionär - und schließlich Kurz vor Schluss II: ich lasse noch einmal mein Leben an mir vorbeiziehen. Just in dieser letzten Phase - es ist kaum zwei Jahre her - kommt mir der größte aller weißen Elefanten entgegen. Hoch oben sitzt Andy Neumann und winkt mir mit seinem Büchlein zu: Es war doch nur Regen (es hat Spuren in Kurz vor Schluss II hinterlassen, Seite 351-375). Am Schwänzlein dieser riesigen Elefantenkuh hält sich ein kleiner Elefant fest. Auf ihm sitzen Maximilian Probst und Stefan Schmitt, und ich denke noch, ob die nicht zu schwer sind? Aber als der kleine Elefant in meine Nähe kommt, lässt er seine Mama los und trompetet mir zu, was Stefan Schmitt und Maximilian Probst zu sagen haben:

  • Was kann schon ein Grad anrichten? fragt Stefan Schmitt und fragt mich dann weiter: "Kann es sich je wieder unschuldig anfühlen, wenn die Sommerhitze zurückkehrt?" So wie vielleicht gegenwärtig, wo uns Hitzetage und Tropennächte zu schaffen machen? Er meint: "Forscher sagen es inzwischen pauschal: Die Emissionen der Menschen führen zu stärkeren, häufigeren Hitzewellen." Aber noch könnten wir von der Sommerhitze lernen:
  • "Erstens erkennen wir, was bereits ein Grad mehr als im vorindustriellen Zeitalter anzurichten vermag. Schon diese Zunahme im globalen Mittel führt zu den gegenwärtigen regionalen Ausschlägen. Was verheißen da erst zwei, drei, vier Grad plus?" Ich denke noch "regionale und lokale Ausschläge!" Da kommt Andy Neumann und überreicht mir sein Büchlein. Und schon stehen die unfassbaren Eindrücke nach der Flutkatastrophe im Ahrtal am 14. Juli 2021 wieder vor unseren Augen. Ich lasse ihn ein Buch signieren und bitte ihn eine Widmung für meine Enkelkinder hineinzuschreiben.
  • "Zweitens zeigt sich, wie inadäquat Begriffe wie Klimawandel und Erderwärmung sind, die das Konkrete und Abstrakte verniedlichen. Wandel also? Ein bisschen mehr Wärme? - Von wegen! Mehr Energie am Himmel lässt unser Wetter eskalieren. In Europa gelten Hitzewellen als gravierendste Folge, gezählt nach Todesfällen.
  • Drittens geschieht all dies mit Ansage. Seit 1988 der Weltklimarat gegründet wurde, wächst die Erkenntnis vor den Augen der Weltöffentlichkeit. Und mit ihr wächst die Kluft zwischen Klimawissen und Klimaschutz."Und Stefan Schmitt nimmt Maximilian Probst, seinen Redaktionskollegen, bei Seite und beide erklären mir unisono:

"Rückblickend werden Historiker sich dereinst fragen: Wie konnten die Menschen damals über Jahrzehnte das Offensichtliche ignorieren? Herrschte Anfang des 21. Jahrhunderts etwa ein fossil-reaktionärer Todeskult? Doch in einem derartigen Rückblick werden die Emissionen unserer Zukunft schwerer wiegen als die Vergangenheit - denn sie können wir noch beeinflussen, mindern und vermeiden. Im Wetter mehr zu sehen als unschuldige Jahreszeiten und Hitzewellen einen bedrohlichen Trend, das birgt die bittere Anhnung: Für die Jüngeren werden die Sommer der letzten Jahre zu den kühleren ihres Lebens gehören."

Da nehmen sich die Arsch-auf-Attacken eines Hubert Aiwanger und die populistische Schelte mit Blick auf das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) aus, wie die Ergüsse jemandes, der mit dem Arsch denkt und den Kopf in den Sand steckt; in den Sand im Übrigen, der sich in den Dürreregionen dieser Welt zunehmend ablagert wie Plaques in den Hirnen von Aiwanger, Söder und - selbstredend in den Resthirnen der Klima-Wandel-LeugnerInnen in der Alternative für Deutschland. Es mag Söder ehren und Aiwanger entlarven, wenn der eine ausgebuht und die dumm-blöde Selbstdarstellung des anderen goutiert wird. Beide wollen in Wassern fischen, in die wir nicht einmal mehr unseren Allerwertesten halten würden. Jan Philipp Reemtsma hat 2005 bei C.H. Beck sechs Reden über Kunst und Literatur publiziert - und zwar mit dem Titel: DAS UNAUFHEBBARE NICHTBESCHEIDWISSEN DER MEHRHEIT. Liest man den Klappentext, gerät man unversehens in eine depressive Falle, bei der sich das Prinzip Hoffnung verbietet. Ist dort nämlich zu lesen:

"Eine Gesellschaft, die keine Achtung mehr vor ihrer eigenen Kultur hat, der ihre eigene Unbildung gleichgültig geworden ist, ist nicht nur ernsthaft gefährdet, sondern im Grunde hoffnungslos." Da kommt die Schlussoffensive wie eine schale Paradoxie daher, wenn zu lesen ist, dass sich Reemtsma in diesen Aufsätzen nicht nur als "leidenschaftlicher Anwalt des >exquisiten Vergnügens zu lesen, was zu lesen sich lohnt<" präsentiere, sondern auch "als angriffslustiger Germanist, der all jenen Mut macht, die die Sache der Kultur nocht verloren geben wollen".

Geben wir weder die Sache der Politik noch die Sache der Kultur verloren. Das aber heißt, rühren wir uns, zeigen wir, dass wir dem fossil-reaktionären Todeskult nicht folgen, schicken wir die Aiwangers, Söders, Wissings in die Wüste und endlich die alternativen Querdenker in die Oasen ihrer Wahl - keine Stimme der AfD. Wer sich nicht besinnt, dem darf die letzte Generation gerne das Pflegebett unterm Arsch anzünden und die Schnabeltassen mit den Wassern füllen, in denen Aiwanger, Söder und andere Spacken ihre Netze auswerfen!

 

 

 

 

 

   
© ALLROUNDER & FJ Witsch-Rothmund