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Danke für Hildes Geschichte (26) - immer mit dem Verweis auf J. Lear - Dankbar? Wofür?
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Henning Sußebach hat mich auf die Idee gebracht, meinen Blog zu nutzen und Hildes Geschichte noch einmal Kapitel für Kapitel zu erzählen - ganz im Sinne seiner Überzeugungen, die er mit dem Aufschreiben der Geschichte seiner Urgroßmutter verbindet. Hilde, meine Mutter ist inzwischen auch Urgroßmutter, und ich stelle mir vor, dass sie ihre Hand nicht nur über mich hält, sondern über alle, die aus ihr hervorgegangen sind. Bert Hellinger macht uns noch einmal darauf aufmerksam, dass zu diesem Hervorbringen unter Umständen - und Hilde hat solche Umstände erlebt - auch die schlimmen Gesellen gehören. Aber werden wir beispielsweise dem Vater meiner Schwester tatsächlich gerecht, wenn wir ihn als schlimmen Gesellen sehen. Der Ausschluss, das beharrliche Weigern auch jenen Ahnen zu sehen und anzunehmen, dem meine Mutter, die Mutter meiner Schwester, die Großmutter meines Neffen, meiner Kinder und meiner Nichten und die Urgroßmutter aller Enkel:innen in Hingebung und Liebe begegnete, verhindert dort anzukommen, wo ich mich wähne - als jemand der irgendwann die Augen öffnet, sich noch einmal umblickt, aufsteht und geht - im Einklang mit sich selbst und seiner Geschichte.
Es ist in gewisser Weise beschämend, wie sehr eine Welt sich uns gänzlich entzieht, wenn niemand dafür sorgt, dass ehemals identitätsstiftende Phänomene Erinnerung und die Erinnerung Gestaltung erfahren. So könnte manch einer in der Versuchung stehen, zu bestreiten, dass es im Luftkurort Flammersfeld jenes Braune Haus gegeben hat, das der NSV als Entbindungsheim diente, in dem Ursula am 5.6.1942 das Licht der Welt erblickte, und dass in den letzten Kriegswochen sogar noch dem Stab von Franz Streits Regiment (33) als Quartier gedient hat. Auf den nachstehend erwähnten und zitierten Postkarten ist im Übrigen das Braune Haus, so wie es nachstehend in Erscheinung tritt, deutlich zu erkennen.
Im Juli 1960 verbrachte Hilde mit ihren Söhnen, Franz Josef und Wilfried, eine knappe Woche dort in Flammersfeld, wo sie 18 Jahre zuvor ihre Tochter Ursula geboren hatte. Diesen gemeinsamen Kurzurlaub habe ich in Kurz vor Schluss II (Seite 45-50) zum Anlass genommen, noch einmal über Hildes Zwangsevakuierung nach Flammersfeld nachzudenken - wie im nachstehenden Kapitel erwogen -, Hypothek und Belastung für die werdende Mutter zugleich. Dort, in Flammersfeld, widerfuhr ihr Fürsorge, Betreuung, möglicherweise sogar eine Form von Wertschätzung. Meine Erinnerungen an diesen Aufenthalt in Flammersfeld sind in zweifacher Hinsicht bemerkenswert: Wir haben Flammersfeld und die Umgebung in kleinen Wanderungen erkundet. Dabei spielt im Nachhinein eine Bemerkung Hildes eine markante Rolle. Sie schreibt auf der Ansichtskarte vom 20.7.1960: "Der Herr mit Auto ist mir auch schon begegnet - war mir sehr peinlich." Darauf vermag ich mir keinen Reim zu machen. Jahrzehnte später wird mir aber immerhin klar, dass Hilde in den ersten Jahren, vielleicht Jahrzehnten, immer damit gerechnet hat bzw. rechnen musste, dass irgendwann ein Mann auftauchen würde, um Kontakt zu seiner Tochter aufnehmen zu wollen. Was aus Franz Streit, mit dem die letzte Begegnung so ziemlich genau vor 18 Jahren hier in Flammersfeld stattgefunden hatte, entzog sich ja gänzlich ihrer Kenntnis. Du hast ein Kind, weißt wer sein Vater ist, hast aber keine Ahnung, was aus ihm geworden ist! Ihrer Tochter schreibt Hilde am 22.7.1960: "Aus Deinem Geburtsort herzliche Grüße sendet Dir Deine Mutter und Geschwister. Hast Du auch schon Post von Deinem Ernst. Ich habe gedacht, wenn der Ernst Dir vielleicht nicht, schreibt, will ich Dir wenigstens eine Karte schreiben."
In welches Frauen- und in welches Frauenbild ist Hilde hineingewachsen? Zumindest hat sie sich der nationalsozialistischen Ideologie weitgehend entzogen. Zeit ihres Lebens war Hilde voller Respekt und Liebe für Mutter und Vater. Und sie hat Zeit ihres Lebens aktiv Anteil genommen am Gemeindeleben der Katholischen Pfarrgemeinde in Bad Neuenahr. Aber es steht für mich andererseits vollkommen außer Zweifel, dass sie Franz Streit in eine Ehe bzw. Familiengründung gefolgt wäre, sofern es die Umstände zugelassen hätten. Die Umstände haben es anders gewollt. Ohne den Bruch mit Franz Streit, hätte es zwar Ursula gegeben, aber ihre beiden Brüder Franz Josef und Wilfried wären nicht geboren worden. - Details
Hildes Geschichte - Die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV)
Das Mütterheim der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) befand sich mitten in Flammersfeld, sozusagen am Schnittpunkt der Hauptstraße von Neuwied nach Altenkirchen und der innerörtlichen Verkehrswege. Es handelte sich im Kern um ein dreigeschossiges Haus, dessen Walmdach man zur Schaffung zusätzlicher Zimmer aufgebrochen hatte. So wirkte der ursprünglich ausgewogene Baukörper ein wenig klobig. Abgemildert wurde der Gesamteindruck durch eine Reihe nach hinten verspringender Anbauten, die dem Personal Wohnmöglichkeiten erschlossen. Hinter dem Haus befand sich ein kleiner parkähnlicher Garten. Ein tennisplatzgroßes Grün mit Rosenhecken und wenigen Bäumen wurde von Wegen eingefasst; freundlich und einladend wirkende weiße Holzbänke boten Gelegenheit zum Verweilen. (34)
Seit einigen Jahren hatte die NSV hier in der Abgeschiedenheit des Westerwaldes, im Luftkurort Flammersfeld, ein Mütterheim eingerichtet, das auch unverheirateten Frauen kostenlose Gesundheitsfürsorge und Niederkunft ermöglichte. Hilde hatte von Änne und der Mutter nur erfahren, dass hier für sie bestens gesorgt würde; von ihren Nöten und Gewissensbissen aufgrund der Tatsache, dass es sich um ein „Parteihaus“ handelte, erzählte sie Hilde nichts. Eine gewisse Erleichterung fand sie mit ihrem Mann darin, dass Hilde hier wohl die beste nur denkbare Geburtsvorbereitung und auch –begleitung erfahren würde, eine Fürsorge, die aus eigenen bescheidenen Mitteln nicht im Bereich des Möglichen lag. Für die Mutter war der Weg in ein Heim der NSV dennoch eine Kröte, an der sie fast zu ersticken drohte. Denn so sehr die Fürsorge auch ein Segen war, so sehr bedrückte sie der Umstand, dass die Nazis gewissermaßen eine „Unehelichenpolitik“ begründet hatten. Änne hatte ihr erklärt, dort kümmere man sich fast ausschließlich um uneheliche Schwangere und Mütter unehelicher Kinder. In der Welt der bürgerlichen Moral und des Kleinbürgertums hatte es für solche Fälle zu Schuld und Schande oder zur Abtreibung bislang keine Alternative gegeben. Und selbst der Gang in die Kirche war ihr schwer geworden. Auch dort war Maria Magdalena eine persona non grata geblieben. Lediglich die eigene Mutter, Hildes Großmutter (in Hönningen an der Ahr) ließ erkennen, dass der christliche Glauben genau hier mit Blick auf die „gefallenen“ Mädchen und Frauen eine starke Option bereit hielt, die den bigotten und frömmelnden Repräsentanten einer Wohlanständigkeit verschlossen blieb.
So kam die überaus paradoxe Konstellation zustande, dass die Politik der Nazis für einen sozialen Nebeneffekt sorgte, der die Diskriminierung und moralische Ächtung der unverheirateten Mutter und ihres Kindes abmilderte. Und überhaupt – ergab sich ja erst durch die Einrichtung der Entbindungs- und Mütterheime ein Entscheidungsspielraum von Schwangeren für eine geschützte Austragung und Geburt ihres Kindes. Barbara Lahnstein konnte dies sehr wohl sehen und rieb sich die Augen, mit welchem Nachdruck ihre Tochter sich für diese Option entschieden hatte. Die Oma hatte sicherlich das Ihrige dazu beigetragen, dass Hilde zunehmend aus der Haltung der Schuld in eine Haltung der aufrechten und selbstbewussten Gestaltung des Unabwendbaren überging. Hilde selbst folgte dabei ganz gewiss der intuitiven Gewissheit, dass eine durch die Liebe gesegnete und legitimierte Schwangerschaft sich genau aus diesem ursprünglichen, gewissermaßen archaischen Motiv und damit aus einem eigenen Recht nicht in Frage stellen ließ. Dass ihre Schwangerschaft hier in Flammersfeld nicht verurteilt wurde, sondern dass sie sich mit anderen jungen Frauen plötzlich einer unverhofften Wertschätzung und Fürsorge gegenübersah, erstaunte sie angesichts der ausweglosen und zunehmend unerträglichen Konfrontation im Heimatort über alle Maßen. In den 14 Tagen, seit sie hier war, hatte sie allerdings schon eine Ahnung davon bekommen, wie man dieses einerseits wohltuende andererseits aber auch zutiefst irritierende Wechselbad, diese so ganz und gar andere Welt verstehen musste. Neben Säuglingspflege und Haushaltsführung gab es an vier Abenden in der Woche eine Schulung, die der Einführung in nationalsozialistisches Gedankengut und v. a. in das entsprechende Bild von der Frau im NS-Staat vorbehalten war.
Wie um die Mutter ihrerseits zu schützen, zu beruhigen und vielleicht auch zu versöhnen, hatte Hilde mit dem ersten Brief ein kleines Kärtchen an die Mutter geschickt:
„Gott als die Urkraft allen Seins hat jeden Einzelnen von uns als ein Atom seiner selbst ins Leben gestellt. Wir heutigen, so glaube ich, haben einen Auftrag zu erfüllen, den Menschen unserer Gegenwart zu dem Erleben zu bringen, daß Gott selbst immer und ewig der Urgrund aller Formen ist. So muß ich hier sagen, daß ich dann die deutsche Frau aufrufe, selbst wieder Priesterin der Familie und der Nation zu werden. Wenn deshalb der Nationalsozialismus seine Aufgabe darin sieht, im ärmsten und verzagtesten Volksgenossen wieder den Willen zu seiner eigenen Kraft zu erwecken, eine von Verantwortungsbewußtsein geadelte Arbeit, dann schafft er damit die Voraussetzung zu einer religiösen Wiederbesinnung des deutschen Volkes. Wenn die Gewalt Gottes erst allen zum Erleben im Alltag wieder wird und sie verpflichtet zur absoluten Wahrhaftigkeit und Demut, Fröhlichkeit und Kraft, dann sind wir an der Stelle, an der Nationalsozialismus und Religion in jeder Form sich begegnen.“
So augenscheinlich sich der Mutter mit dieser Betrachtungsweise des Deutschen NS-Frauenwerks eine Brücke bot, an deren beiden Ufern sich die Motive eines Christenmenschen wiederfinden und seine Ängste besänftigen ließen, so sehr traten im Rahmen der Schulungsabende beunruhigende und verwirrende Auffassungen in den Vordergrund. Schon nach wenigen Tagen rückte ein Brief von Rudolf Heß in den Mittelpunkt, den der „Völkische Beobachter“ am 24. Dezember 1939 veröffentlich hatte. Heß, Adolf Hitlers Stellvertreter, richtete diesen Brief an eine unverheiratete Frau, die ein Kind von ihrem inzwischen gefallenen Verlobten erwartete. Der Brief nahm das persönliche Schicksal der Frau zum Anlass, die Frage unehelicher Geburten im Krieg anzusprechen und auch richtungsweisend zu klären. Es war gleichzeitig die parteioffizielle Reaktion auf Himmlers „Zeugungsbefehl“ vom Oktober 1939. In diesem Brief sicherte Rudolf Heß der werdenden Mutter jegliche Unterstützung zu. Sie war damit ein exponiertes Beispiel für ein Gesetzesvorhaben, infolgedessen Frauen in ähnlicher Lage versorgungsrechtlich so behandelt werden sollten, als seien sie verheiratet.
Der Brief ging allerdings im Sinne des erwähnten Zeugungsbefehls einen entscheidenden Schritt weiter, von dem sich nicht ermessen lässt, inwieweit er Hildes Denken und Fühlen wirklich erreichte. Dass sie der Mutter aber eher die religiös vermittelnde Haltung des „Deutschen Frauenwerks“ mitteilte und nicht das „Gebot zur außerehelichen Zeugung“, lässt zumindest vermuten, dass Hilde eine deutliche Ahnung dessen hatte, was auch der NSV wohl letztendlich befürwortete. Im Schulungsmaterial – insbesondere im erwähnten Brief – begründete nämlich Heß den Beistand, den die NSDAP der ledigen Mutter gewähren wollte, ähnlich bzw. fast gleichlautend wie Himmler: Er betonte die Überzeugung, dass künftig das ganze deutsche Volk – wie er selbst – „zu all jenen Müttern steht, die über die Grenzen vielleicht sonst notwendiger bürgerlicher Sitten und Gewohnheiten hinaus beitragen, die Blutopfer des Krieges auszugleichen.“ Denn was hülfe es schließlich, wenn ein Volk siege – durch die Opfer für den Sieg als Volk aber stürbe!?
„Höher als alle vom Menschen erdachten Prinzipien, höher als alle Sitten, die zwar Ausdruck einer anerkannten Gewohnheit, nicht aber der Ausdruck der Sittlichkeit an sich sind, höher steht das Wohl der Gesamtheit, steht das Leben des Volkes. Der höchste Dienst, den die Frau der Gesamtheit leisten kann, ist, beizutragen für die Forterhaltung der Nation in rassisch gesunden Kindern.“
Auch das dem Brief beigefügte Gedicht „Wir brauchen Mütter“ schickte Hilde der eigenen Mutter nicht. Sie spürte auch hier intuitiv, dass hinter all der Fürsorge und Wertschätzung, die ihr hier angedieh, andere, stärkere und mächtigere Motive standen. Heimlich und für sich bewahrte sich Hilde ein tiefes Misstrauen:
„Wir brauchen Mütter, die im Schoße tragen
Ein hart Geschlecht, das wie aus Erz geschweißt
Und ohne Knechtsinn und bänglich zagen
Sich kühn den Weg zum neuen Aufstieg weißt.
Wir brauchen Mütter, die nicht abseits stehen,
Wenn blonde Söhne ruft der Kampfesschall,
Die schützend in Gebet zur Seite gehen
und segnend Hände breiten überall.
Wir brauchen Mütter, die da opfernd geben,
was sie genährt mit ihres Leibes Blut
und wenn der Wunde tiefste schlug das Leben
sich selbst verströmen in der Liebe Glut.“
Das war nicht Hildes Welt. Zweifellos war sie unehelich, ja sogar ungewollt schwanger. Aber dies alles konnte sie tragen und ertragen, weil sie in Franz denjenigen sah und erwartete, der genau diesem Zustand ein Ende bereiten sollte. Ohne ihr Misstrauen und ihre Vorbehalte in Sprache fassen zu können, spürte Hilde, dass ihr diese „neue Moral“ vollkommen fremd war und blieb. Hier entstand eine regelrechte „Unehelichenpolitik“. Und da wo sich Hildes Motive mit dieser „Politik“ deckten, nämlich (eine) Abtreibung zu verhindern und darüber hinaus dafür zu sorgen, die Ausgrenzung unehelich Schwangerer und unehelich geborener Kinder zu verhindern, machte sie ihren (zeitweiligen) Frieden und kämpfe ums eigene Überleben.
Hier in Flammersfeld spürte aber auch die junge Hilde, dass „Unehelichenpolitik“ viel, viel weiter ging und zur außerehelichen Zeugung animierte. Sie kam zu der untrüglichen Überzeugung, alle Maßnahmen und Angebote fürsorglicher und anderer Art seien vor allem Lockmittel, sich dieser Politik anzuschließen.
Zweifellos geriet Hilde auf diese Weise zwangsläufig zwischen die Mühlsteine einer bürgerlichen Moral, die sie verletzt hatte und deren gnadenlose Repräsentanten sie in Bad Neuenahr aus der Gemeinschaft der Wohlanständigen ausgestoßen hatten.
Der andere Mühlstein begann diese bürgerliche Moral zu zertrümmern. Zu den Schulungsmaterialen gehörte indirekt Himmlers „Zeugungsbefehl“, der wenige Monate später im „SS-Befehl an die letzten Söhne“ gipfelte:
„Ihr seid auf Befehl des Führers als letzte Söhne aus der Front zurückgezogen worden… Eure Pflicht ist es, so rasch wie möglich durch Zeugung und Geburt von Kindern guten Blutes dafür zu sorgen, daß ihr nicht mehr letzte Söhne seid.“
Manchen Abend brummte Hilde der Schädel. Zwar bestand der Tageslauf in erster Linie aus praktischer Mütterschulung. Die vor der Niederkunft stehenden jungen Frauen erlebten Säuglingspflege aus nächster Anschauung und durch eigenes Tun. In den wenigen Stunden, die zur eigenen Verfügung standen, galt es dies alles zu verarbeiten und die eigenen Angelegenheiten zu regeln. All die jungen Frauen, die hierhergekommen waren, befanden sich in vergleichbaren Situationen. Die meisten hatten keine unmittelbare Nähe zum NS-Staat. Im Gegensatz zum Lebensborn e.V. mit seiner offensiven Strategie, nahmen die NSV-Heime ja gerade jene jungen Frauen auf, die unverhofft und v.a. ungewollt insbesondere durch Unkenntnis schwanger geworden waren. Der Versuch, die jungen Frauen für die NS-Ideologie zu begeistern und zu gewinnen, vollzog sich mehr oder weniger behutsam und diskret. Hilde war eine kluge, aufgeweckte junge Frau, die aufgrund ihrer familiären christlichen Prägung unversehens zwischen die ideologischen Mühlsteine geriet. Die ungewollte Schwangerschaft machte sie zu Hause und in ihrer Gemeinde zu einem „gefallenen Mädel“ – die unverblümte Wertschätzung im Kontext einer „Unehelichenpolitik“, die einer staatlich geförderten Ermunterung zur außerehelichen Zeugung gleichkam, musste sie in tiefste Verwirrung und Orientierungsnöte stürzen.
Natürlich wollte sie davon nichts wissen und klammerte sich an die Hoffnung, wenn Franz nun käme, würde sich dieses ganze Wirr-Warr mit einem Mal auflösen. Jeden Tag machte sie ausgedehnte Spaziergänge durch den nahen Wald und malte sich aus, dass Franz endlich da wäre, dass er ihr die baldige Heirat in Aussicht stellte, und dass ihr Kind einen rechtmäßigen Vater haben würde.