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Die Unhintergehbarkeit von Exklusionen und das Kommunizieren darüber - Warum ich Bianca Meyer verstehen kann!

Rudolf Stichweh (Inklusion und Exklusion - Studien zur Gesellschaftstheorie, Bielefeld 2005) versucht  im Schlusskapitel seines Buches "Inklusion und Exklusion" einen Überblick zu geben über "Logik und Entwicklungsstand einer gesellschaftstheoretischen Unterscheidung" (a.a.O. S. 179-199). Unter den Punkten III-V thematisiert er (au S. 184-187) folgende Aspekte: "Die Unhintergehbarkeit von Exklusionen", "Kommunikation als operativer Vollzug" sowie "Die strukturelle Verortung des 'Nein' in der modernen Gesellschaft". Die Wiedergabe der folgenden längeren Passage lohnt in mehrfacher Hinsicht - vom Verstehen Bianca Meyers bis hin zur Beleuchtung unvermeidbarer Exklusionseffekte im Kontext universitärer Stellenausschreibungen:

"III    Die Unhintergehbarbeit von Exklusionen

Ein Zweiter Gesichtspunkt, der betont werden sollte, besteht darin, dass die Möglichkeit der Exklusion in der Logik der Unterscheidung von Inklusion und Exklusion liegt und insofern logisch unhintergehbar ist. Wenn Inklusionen nicht über Askriptionen (Zuschreibungen, Verf.) immer schon geregelt sind, es sich vielmehr um Vorgänge handelt, die operativ noch vollzogen werden müssen, dann sind Inklusionen kontingente Vorgänge, die auch misslingen können. Eine inklusiv gemeinte Kommunikation kann immer auch daran scheitern, dass sie ihren Adressaten nicht errreicht, oder sie wird von diesem Adressaten nicht verstanden (Hervorhebung, Verf.) und bleibt deshalb folgenlos - und allein aus solchen Gründen vollzieht sich ein Wechsel auf die andere Seite der Unterscheidung, kommt es zu einer Exklusion. Man glaubt beispielsweise irrtümlich, man sei zu einem bestimmten Ereignis nicht eingeladen worden und fühlt sich deshalb ausgeschlossen, mit Folgen, die sich von denen eines explizit ausgesprochenen Ausschlusses nicht unterscheiden müssen.

IV    Kommunikation als operativer Vollzug

Die Abhängigkeit der Inklusion und Exklusion von operativen Vollzügen führt auf die Frage hin, um welchen Typus von Operationen es sich dabei handelt. Die Systemtheorie optiert für Kommunikation als basales Element von Gesellschaft (Hervorhebung, Verf.). Auch das bedeutet eine Modifikation, die die Theorie der Inklusion und Exklusion in die Theorie sozialer Ungleichheit und in die Armutstheorie einführt. Bedeutsame soziale Unterschiede werden nicht mehr zwangsläufig als Unterschiede des Verfügens über materielle Ressourcen gedacht, sondern zunächst als Differenzen des Zugangs zu Kommunikationsmöglichkeiten. Der Zugriff auf und das Verfügen über materielle Ressourcen hängen dann von diesem Zugang zu Kommunikationsmöglichkeiten ab, verkörpern jetzt also einen abgeleiteten Gesichtspunkt. Ressourcenknappheit in einem materiellen Sinn ist dann nur noch ein Aspekt eines breiten Spektrums von Exklusionen. Man kann daran grundsätzliche Überlegungen zu einem Stilwandel von Ungleichheit und Armut in der modernen Gesellschaft anschließen, also vermuten, dass die Zentralstellung des Kommunikationsbegriffs nicht nur einen Umbau in den konzeptionellen Grundlagen der Sozialwissenschaften bedeutet, dieser Umbau vielmehr sozialstrukturelle Veränderungen reflektiert.

V    Zur strukturellen Verortung des 'Nein' in der modernen Gesellschaft

Wie sehen die Kommunikationen aus, in denen Inklusionen und Exklusionen vollzogen werden? Während für Inklusionen eine große Variationsvielfalt zu unterstellen ist, gibt es im Fall der Exklusion eine interessante Unterscheidung von genau zwei Varianten. In der einen Variante kommt ein explizites 'Nein', eine explizite Verweisung des Anderen aus dem jeweiligen System vor. Die andere Möglichkeit ist die einer Exklusion, die einfach nur passiert (Hervorhebung, Verf.). Es fällt jemand in einem System nicht weiter auf; es wird zwar auch keine ausdrückliche Negation ausgesprochen, es lässt sich aber auch keine andere Kommunikation beobachten, die an die betreffende Person adressiert würde.
Interessant ist das Verhältnis dieser beiden Varianten von Exklusion zu Konflikten. Wenn, wie Niklas Luhmanns Theorie postuliert, die Form Konflikt durch das Vorkommen eines 'Nein' erzeugt wird, dann hängt das konfliktgenerierende Potential von Exklusionen davon ab, dass diese in der Form eines 'Nein' ausdrücklich mitgeteilt werden. Nur dann kann diesem 'Nein' widersprochen werden und aus diesem Widerspruch der Konflikt über Exklusionen hinauswachsen. Eine Eigentümlichkeit der modernen Gesellschaft ist nun, dass sie solche potentiell konfliktgenerierenden 'Neins' eher abbaut. Es fallen zahlreiche Mechanismen auf, die eine Nichtberücksichtigung kommunikativ transportieren, ohne dass ein Ausschluss explizit vollzogen würde. Beispiele dafür sind Ausschreibungen, Wettbewerbe, Stellenbesetzungen und Auktionen. In all diesen Verfahren wird die Aufmerksamkeit auf das 'Ja' gelenkt - und nicht auf das 'Nein'. Alle diese Verfahren erlauben eine massenhafte Nichtberücksichtigung von Interessenten und Teilnehmern, wobei der Focus der Aufmerksamkeit aber immer auf dem 'Ja' bleibt.

Mitglidern von Universitäten stehen als ein gutes Beispiel universitäre Stellenausschreibungen vor Augen. In diesen Verfahren entstehen massive Begründungslasten auf der Seite der positiven Entscheidungen. Inklusionsentscheidungen - z.B. die Feststellung und Dokumentation der Listenfähigkeit bei Hochschullehrerstellen - erlegen umfangreiche Begründungslasten auf. Die negativen Entscheidungen dagegen werden summarisch in der Form von Listen von Standardgründen abgearbeitet, und dies kann auch gar nicht anders geschehen, weil die Quantitäten, um die es geht, nicht in der Form der intensiven Prüfung des Einzelfalls bearbeitet werden können. Vor allem aber werden den Betroffenen die Negationen so gut wie nicht mitgeteilt. Absagen erhält man aus den Universitäten erst, wenn man fast schon vergessen hatte, dass man sich seinerzeit beworben hat. In gewisser Hinsicht wird hier das 'Nein' invisibilisiert, indem es zu einem Zeitpunkt mitgeteilt wird, wo diese Mitteilung keinen Informationswert mehr besitzt. Die eigentliche Exklusion von Kandidaten, die den Beruf des Hochschullehrers anstreben, erfolgt kumulativ, als immer neuer Misserfolg durch eine lange Sequenz von Bewerbungen hindurch, in der für die Betroffenen aber kein Zeitpunkt und kein Einzelereignis identifizierbar ist, von dem sie sagen könnten, dass sich in diesem Ereignis ihre Exklusion definitiv vollzogen hätte. Der einzige denkbare Akt, der mit einer solchen eindeutigen Zurechenbarkeit ausgestattet werden könnte, ist ein Akt der Selbstexklusion. Es ist jener Augenblick der Resignation, an dem sich die Entscheidung abzeichnet, dass man nie mehr eine Bewerbung für eine Stelle der entsprechenden Kategorie schreiben wird (Hervorhebung, Verf.). Dieses Beispiel illustriert zugleich gut, wie Diskontinua - die Irreversibilität des Misserfolgs - auf der Basis der Kumulation vieler kleiner mit gleichem Richtungssinn ausgestatteter Ereignisse entstehen können und sich insofern der Konflikt von Diskontinua und Kontinua als scheinbar erweist.

Hinter der gerade beschriebenen Eigentümlichkeit der modernen Gesellschaft, Negationen zu invisibilisieren, steht auch ein Gesetz der großen Zahl. Es gibt in der gegenwärtigen Gesellschaft so viele Adressen, die berücksichtigt werden könnten - und dies trifft erst recht zu, wenn man die moderne Gesellschaft als Weltgesellschaft denkt -, dass sich die Exklusionen unauffällig und wenig explizit vollziehen können, weil nirgendwo eine Kapazität dafür existiert, alle nichtberücksichtigten Adressen zu registrieren."

Im Schuljahr 2014/15 gibt es in Deutschland ca. 8,37 Millionen Adressen - eine große Zahl - und jede Adresse natürlich versehen mit dem Namen eines/einer Schülers/Schülerin.

Nehmen wir für die Föderschulen einmal die Zahlen aus dem Schuljahr 2009/10. Sie sind mir eben zugänglich. Seinerzeit wurden in Deutschland insgesamt 3306 Schulen als eigenständige Förderschulen betrieben. Diese wurden von etwa 390.000 Schüler/-innen besucht. Hinzu kommen noch einmal 94.000 Schüler/-innen, die in unterschiedlichen Lern- und Unterrichtsformen in sonstigen allgemeinbildenden Schulen sonderpädagogisch beschult werden. Im Laufe der letzten fünf Schuljahre wird die Zahl der "eigenständigen Förderschulen" abgenommen haben - ebenso wie die der darin beschulten Schüler/-innen. Die Zahl der sonderpädagogsch beschulten Kindern in den Regelschulen hingegen wird beträchtlich zugenommen haben.

Die Mutter eines Förderschülers heißt Bianca Meyer. Sie verweigert die Inklusion ihres Sohnes mit einem interessanten Argument: "'Wir haben unseren Sohn definitiv nicht an einer Regelschule gesehen'. sagt Bianca Meyer. Der Junge hat eine Sprachstörung und autistische Züge. 'Wenn er nicht verstanden wird, wird er aggressiv. Und zwei Stunden Förderung pro Woche sind ein Witz.' An der Sprachheilschule Neerstedt mit ihren kleinen Klassen blühe der Junge dagegen auf. Mit anderen Eltern startete sie 2013 eine Petition für den Erhalt der Förderschulen, am Ende unterschrieben fast 60 000 Menschen. 'Damit hatten wir nicht gerechnet', sagt die Mutter. Die Bewegung pro Förderschulen machte bundesweit Furore, auch in anderen Ländern laufen Petitionen" (siehe E&W- Zeitung der Bildungsgewerkschaft GEW, 3/2015, S. 32-33).

Was könnte man als minimale Definition von Unterricht begreifen, eine Definition, die gleichzeitig auf eine möglichst breite Zustimmung rechnen kann (siehe dazu auch Wolfgang Meseth u.a.)?

Wir definieren Unterricht mit Klaus Eberhard Schorr und Niklas Luhmann (Literaturverweise siehe ganz unten) zunächst einmal als eine besondere, wissens- bzw. belehrungszentrierte Formbildung der pädagogischen Kommunikation.

Wie alle sozialen Systeme lässt sich auch dieses analytisch zumindest in drei Dimensionen beschreiben:

  • Unterricht ist zentriert um einen Gegenstand/Thema (Sachdimension);
  • er findet in einer bestimmten Schule/Klasse/Situation statt, die einem gegebenen Ordnungsrahmen unterliegt, der Erwartungen über die Art und Weise formuliert, wie miteinander interagiert und kooperiert wird (Sozialdimension);
  • und er ist Teil einer organisatorisch spezifizierten Sequenz von vergangenen und künftigen Einheiten, die wiederum einen Anfang und ein absehbares Ende haben (Zeitdimension).

Ein Gedankenspiel - mit Hilfe der von Bianca Meyer, Rudolf Stichweh und Niklas Luhmann angebotenen Unterscheidungen:

"Frau Meyer",

so würde ich gerne fragen, "warum freuen Sie sich nicht über die endlich auch von Deutschland ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention? Die 'Aktion Mensch' folgt der wörtlichen Übersetzung des Begriffs 'Inklusion' - 'Zugehörigkeit'! Sie sei das Gegenteil von Ausgrenzung: 'Wenn jeder Mensch – mit oder ohne Behinderung – überall dabei sein kann, in der Schule, am Arbeitsplatz, im Wohnviertel, in der Freizeit, dann ist das gelungene Inklusion'. Und dennoch beanspruchen Sie für Ihren Sohn nach wie vor eine 'exklusive' Beschulung in einer Sprachheilschule?"

Und Frau Meyer?

Wie begründet sie ihr klares Votum für Exklusion? Vielleicht, nein, ganz bestimmt mit den exklusiven Bedingungen in der Sprachheilschule (Neerstedt), die ihren Sohn "aufblühen" und nicht - wie an einer Regelschule, eher verkümmern lassen. Exklusion als Privileg!?

Bianca Meyer:

"Ja, wir haben unseren Sohn definitiv nicht an einer Regelschule gesehen'. Der Junge hat eine Sprachstörung und autistische Züge. Wenn er nicht verstanden wird, wird er aggressiv. Und zwei Stunden Förderung pro Woche sind ein Witz."

Rudolf Stichweh meint,

eine inklusiv gemeinte Kommunikation könne immer auch daran scheitern, dass sie ihren Adressaten nicht errreicht, oder dass sie von diesem Adressaten nicht verstanden werde.

"Aber ja, genau so ist es",

würden Lehrer/-innen argumentieren: "Das ist doch schulischer Alltag. Und wir gehen davon aus, dass unsere Schüler/-innen, wenn sie etwas nicht verstanden haben oder wenn sie sich nicht verstanden fühlen, dass sie dann entweder nachfragen, sich erklären und sich in ihrem Unverständnis oder in ihrem Nicht-Verstanden-Fühlen äußern und in irgendeiner Weise anschlussfähig reagieren. Wir fühlen uns aber überfordert, wenn - wie Bianca Meyer sagt -, ihr Sohn "aggressiv wird", wenn er sich nicht verstanden fühlt. Und Frau Meyer sagt ja selbst, dass er eine "Sprachstörung und autistische Züge" habe. Wir haben ja nicht nur einen Schüler, sondern fünfzehn, oder zwanzig oder fünfundzwanzig oder dreißig!!! Wenn ihr im Politiksystem die UN-Behindertenrechtscharta unterzeichnet, dann schafft Voraussetzungen für einen veränderten - von zunehmender Heterogenität geprägten Unterricht. Und dabei könntet ihr eine Fülle von Anregungen aus dem Wissenschaftssystem bedenken, bevor ihr uns im Erziehungssystem zu Laborratten degradiert!"

Und Niklas Luhmann?

Der schüttet noch zusätzlich Wasser auf die Lehrermühlen. Klar, im Unterricht konstituiert sich ein soziales System, das wie alle sozialen Systeme im Modus von Kommunikation operiert - man könnte sie vielleicht professionell zugespitzt als eine besondere Form der pädagogischen Kommunikation bezeichnen. Aber was hilft das? Nun, auch im Unterricht - wie in jedem sozialen System kann „nur Kommunikation die Kommunikation beeinflussen… Wie man leicht sehen kann, gleicht Kommunikation einem außerordentlich aufwändigen Verfahren: Man kann nicht immer genauer und immer genauer nachfassen. Irgendwann, und ziemlich schnell, ist der Grenznutzen der Kommunikation erreicht oder die Geduld – das heißt die Belastbarkeit der psychischen Umwelt – erschöpft. Oder das Interesse an anderen Themen oder Partnern drängt sich vor.“ Niklas Luhmann hat dieses „außerordentlich aufwändige Verfahren“ noch konkreter beschrieben: „Beteiligte können ihre eigenen Wahrnehmungen und die damit verbundenen Situationsdeutungen in die Kommunikation einbringen; aber dies nur nach den Eigengesetzlichkeiten des Kommunikationssystems, z.B. nur in Sprachform, nur durch Inanspruchnahme von Redezeit, nur durch ein Sichaufdrängen, Sichsichtbarmachen, Sichexponieren – also nur unter entmutigend schweren Bedingungen.“

 

Natürlich bin ich nun noch meine Antwort schuldig auf die Frage, warum ich Bianca Meyer verstehen kann?

Vermutlich ist Bianca Meyer schlicht eine Expertin für die Exklusionen, die - wie Rudolf Stichweh anmerkt - einfach nur passieren. Sie tritt weder Lehrer/-innen noch Schüler/-innen zu nahe, wenn sie die Gedeihlichkeitsbedingungen (aufblühen vs. verkümmern) für ihren Sohn an einen (schul-)pädagogischen Rahmen knüpft, der eine Individualförderung erst ermöglicht. Andererseits sollten sich Lehrer/-innen Inklusionskonzepten verweigern, die zu einer internen Spiegelung von Exklusion führen - und zwar so, dass ein Förderungsniveau bei weitem verfehlt wird, für das z.B. die Sprachheilschule (hier konkret in Neerstedt) garantiert. Es ist in diesem Zusammenhang von zentraler Bedeutung, dass Bianca Meyer Unterschiede generiert, die nicht nur in der Wahrnehmung von Eltern, sondern auch in der Wahrnehmng von Schüler/-innen und Lehrer/-innen einen entscheidenden Unterschied bedeuten: Ist ein schulpädagogischer Rahmen von seiner sächlichen, personellen, räumlichen und sozialen Seite so gefasst, dass die Beteiligten Akteure auf Gedeihlichkeitsbedingungen treffen? Bleiben Lehrer/-innen gesund und beruflich zufrieden? Kommen Schüler/-innen zu ihren jeweils individuell erkennbaren Möglichkeiten, ohne dabei psychisch nachhaltigen Schaden zu nehmen? Die von Stichweh erwähnten Exklusionen, die einfach nur passieren, liegen begründet in den entmutigend schweren Bedingungen des aufwändigen Verfahrens als das sich (auch unterrichtliche) Kommunikation nur begreifen lässt. Die einfach so Exkludierten nehmen wir erst wahr, wenn sie ihre Exklusion als Totalexklusion erfahren oder phantasieren, so wie Robert Steinhäuser oder Tim Kretschmer. Lehrer/-innen nehmen sie natürlich alltäglich - auch schon jenseits aller Inklusionsphantasien wahr, weil ihr exklusives Persönlichkeitsprofil quer steht zu schulischen Erwartungen, die im Übrigen ja gar nicht von Lehrer/-innen definiert werden. Sie sind und bleiben ja die Repräsentanten eines gesellschaftlichen Systems, das an Schule klare Erwartungen stellt (PISA, IGLU, VERA etc.).

Da erstaunt es eher, dass sich ein renommierter Schulforscher wie Helmut Fend erst nach seiner Emeritierung intensiver der Frage zuwendet, wie auch "schlechte Schüler"psychisch in der Schule überleben können (siehe auch: "Manche sind superwichtig", "Fack Ju Göhte", "Das Trauma überwinden").

Manchmal überkommt mich der Eindruck, dass Frauen wie Bianca Meyer ein Menschenrecht auf Exklusion fordern, nein, pardon, vermutlich passt der Begriff der Exklusivität besser, damit der individuellen Eigenart ihrer Kinder Rechnung getragen wird. Dass es eine gewisse Exklusivität in der exklusiven Beschulung gibt, darauf jedenfalls weist Bianca Meyer ausdrücklich hin. In den beobachtbaren Erscheinungsformen inklusiven Unterrichts, wie er sich gegenwärtig unter den gegebenen Bedingungen partiell entwickelt, sind wir jedenfalls weder bereit noch in der Lage auch nur annähernd vergleichbare Bedingungen zu garantieren!

Insofern gibt es viele Eltern, viele Schüler/-innen und gewiss viele Lehrer/-innen, die Bianca Meyer verstehen können.

 

Literaturhinweise:

Luhmann, Niklas (1984): Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie, Frankfurt a.M.

Luhmann, Niklas/Klaus Eberhard Schorr (1982): Das Technologiedefizit in der Erziehung und die Pädagogik, in: Dies. (Hrsg.): Zwischen Technologie und Selbstreferenz (S. 11-40), Frankfurt a.M.

Meseth, Wolfgang(Matthias Proske/Frank Olaf Radtke (2012): Kontrolliertes Laissez-faire, in: Zeitschrift für Pädagogik, Heft 2, S. 223-241

   
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