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Miriam Lau und Sabine Rückert trennen ein Jahr und eine Zierpalme (ZEIT 10/2016, S. 56)

Die Auseinandersetzung mit Sabine Rückerts Putzerfischen hat sich aus meiner Sicht gelohnt. Dass Frauen sich auf sich selbst besinnen müssen und dass die Erfüllung von Liebesträumen nicht wie Kokosnüsse auf den Palmen wächst, hat sich bis auf die letzte Alm und die kleinste Hallige herumgesprochen. Dass man genau aus diesem Grund Sabine Rückerts platonischem Gesamtverriss mit Vorbehalten begegnen muss, versteht sich von selbst. Wir haben einfach einen anderen Erfahrungsschatz und vor allem andere Instrumentarien, diesen Erfahrungen auch gerecht zu werden.

Warum ist Miriam Lau dennoch sehr viel näher bei Sabine Rückert als sie vorgibt, und welche Anregungen lassen sich aus ihrer Replik beziehen - und schließlich: Warum taugt ihre Position nicht annähernd dazu, meiner Nichte - wie sie annimmt - die ersehnte Munition bereitzustellen?

Sie ist das Resultat eines gigantischen Fehlschlusses, den junge wie ältere Frauen aus dem Feminismus gezogen haben. Es lautet: Liebe schafft Abhängigkeit.

Und dann möchte ich mit Miriam Lau und Sabine Rückert ein Apfelbäumchen, nein, eine Riesenpalme pflanzen; vielleicht lassen sie mich ja der Dritte im Bunde sein.

Liebe Kathrin, die Miriam Lau kannst Du nicht zu Deiner Kronzeugin erheben. Ich möchte Dir nicht zu nahe treten - weder Dir noch Sabine Rückert noch Miriam Lau. Letztere ist auch nicht bereit, das Schisma zu sehen, das Menschen trennt, die Kinder haben und die keine haben; und noch viel mehr Frauen, die Kinder geboren haben und die, die keine geboren haben. Ich werde hier nicht behaupten, dass diese die schlechteren und jene die besseren Menschen seien. Aber  l u s t i g e r w e i s e  finden sich Miriam Lau (drei Kinder - Töchter) und Sabine Rückert (ein Kind - Tochter) just an jenem Punkt, wo auch Miriam Lau nur "begeistert nicken" kann:

"'Ich wollte nie ein Kind', mit diesem Bekenntnis beginnt es. Sie hat dann, weil ihr Mann nicht nachließ, doch eine Tochter bekommen, die heute 19 Jahre alt ist. In dieser Zeit musste sie sich 'von sich selbst verabschieden', Verantwortung für andere übernehmen - ein echter Paradigmenwechsel. Eine Befreiung aus der Nabelschau. Man nennt es auch erwachsen sein. Warum soll das nicht schon mit 25 drin sein? Ich habe keine Ratschläge für junge Frauen. Werdet erwachsen, wie immer ihr lustig seid. Man braucht nicht einmal Kinder dazu. Obwohl sie das Ganze natürlich sehr versüßen."

Das mit dem Versüßen sehe ich Miriam Lau nach - obwohl es ganz bestimmt zutrifft. Sie hat auch den richtigen Begriff gewählt, um das Schisma zu markieren. Sie spricht von einem  P a r a d i g m e n w e c h s e l !!! Das ist ein großes Wort. Ja, liebe Katrhin, Du bist erwachsen - und dies auf beeindruckende Weise. Aber was Miriam Lau und Sabine Rückert mit Paradigmenwechsel meinen, darüber werden wir vielleicht und hoffentlich in 10 Jahren noch einmal reden. Hinsichtlich der Bedeutung dieses Paradigmenwechsels unterscheiden sich erwachsene Frauen und Männer nur noch graduell.