An alle Arschlöscher, die von libertärer Entfesselung schwafeln
Ulf Poschardt sollte sich über eines im Klaren sein: Konservative Intellektuelle seines Zungenschlages können Karl Heinz Bohrer oder Joachim Fest, Michel Foucault oder Gilles Deleuze nicht für sich vereinnahmen. Die dunklen Seiten eines Martin Heidegger oder die die intellektuell-schmutzigen Ergüsse eines Carl Schmitt (siehe Carl Schmitts Tagebücher oder seine faschistoiden Entartungen: Der Führer schützt das Recht oder Der Begriff des Politischen) hingegen passen zu den Kettensägenphantasien infantiler, kindergesichtiger intellektueller Tiefflieger à la Musk, Trump - oder eben eines Ulf Poschardt, der sich nicht entblödet als Wurmfortsatz solcher Flachpfeifen in Erscheinung zu treten.
Das Gedicht am Ende des Beitrags legt jene Schichten frei, die sich sowohl den Kinderaugen Ulf Poschardts entziehen als auch den gewaltverherrlichenden Phantasien rechter Intellektueller vom Zuschnitt Ernst Jüngers. Zu ihnen passt die Nihilismus-Attitüde des Kettensägen-schwingenden Erneuerers. Hingegen hätte Martin Heidegger womöglich jene Tiefenschichtung schauen können, hätte er seine Brillengläser nicht mit Hakenkreuzen verklebt.
Libertäre Entfesselung - Philipp Oehmke im SPIEGEL (6/25) zu Ulf Poschardts Shitbürgertum
Kontext: „Ulf Poschardt, 57 Jahre alt, bis vor Kurzem Chefredakteur, inzwischen Herausgeber der >Welt<, hat bewegte Wochen hinter sich. Seine mehr oder minder letzte Amtshandlung als >Welt<-Chefredakteur hatte darin bestanden, einen Gastbeitrag von Elon Musk gegen den Willen von Teilen der Redaktion ins Blatt zu heben. In dem Text hatte Musk zur Wahl der AfD aufgerufen, der Beitrag war dumm und kenntnisarm und hätte nicht gedruckt werden dürfen. Das sieht Poschardt im Grunde auch so. Er hat ihn trotzdem ins Blatt genommen, als quasi nihilistischen Akt, was womöglich einen entscheidenden Hinweis auf Poschardts aktuelle Geistesverfassung gibt.“
Philipp Oehmke trifft Ulf Poschardt in Berlin und begibt sich mit ihm auf sight-seeing-tour in den Südwesten Berlins: „Es ist großbürgerlich (die Villen) und westdeutsch miefig (die Verkehrsstraßen) zugleich. Es bietet Weite (die Seen) und Überbleibsel von preußischem Glanz (Kavaliershäuser und Teepavillons von Karl Friedrich Schinkel).“ So sei Deutschland eben auch einmal gewesen, merkt Poschardt an. Was Philipp Oehmke nun in seinem Beitrag zu Ulf Poschardt wiedergibt, löst jene Reflexe aus, die Ulf Poschardt für sich beansprucht. Poschardt wird zitiert mit dem üblichen Bla-Bla-Bla der zum Shitbürgertum:
"Die kulturelle Dominanz des Shitbürgertums hat die Gesellschaft gespalten, die wirtschaftliche Vernunft vertrieben, Unternehmen vergrätzt, Investoren und Wissenschaftler verschreckt. Deutschland braucht die Kettensäge. Ist so."
Philipp Oehmkes Schlussresümee zu den widerwärtig-abstrusen Klärschlemmen eines Ulf Poschardt im Gefolge von infantilen und machtgeilen alten Greisen und arschkriechenden Tec-Milliardären findet seine Zuspitzung im reklamierten Begriff der Disruption:
"Der Begriff >Disruption< ist inzwischen positiv besetzt, weil sich so viele diffus nach irgendeinem Neuanfang sehnen. Nach der Disruption kommt die totale Freiheit, verspricht Poschardt. Nach der Disruption kommt das Golden Age, verspricht Trump."
Philipp Oehmke zieht angemessene und zutreffende Schlussfolgerungen:
"Doch Disruption verlangt, jegliche Empathie über Bord zu werfen. Wer eine Kettensäge hat, kann Mitgefühl nicht gebrauchen. Disruption reduziert Menschen auf Funktionen. Das macht sie brutal, für manche auch attraktiv. Massendeportationen in den USA, Remigrationspläne der AfD, ein neuer unverhohlener Sexismus - Poschardt weiß, dass er all dies implizit mit in Kauf nimmt oder sogar befördert, wenn er mit Trump, Milei und Co. in den Kampf gegen die linksliberale Bevormundung zieht."
Wie erfrischend, wenn ein Intellektueller, wie Ulf Poschardt, dann doch immerhin seine Übelkeitsattacken der AfD gegenüber unverhohlen äußert: "Von Skandalen und Peinlichkeiten nur so durchgeschüttelt - Provinzialität, Deutschtümelei, Kleingeistigkeit, Verbote. Nichts für mich."
Ulf Poschardt kokettiert mit seiner intellektuellen Identitätsverschiebung - man könnte auch von -verblendung reden -, wenn er von Bevormundung durch linksliberale Politik schwafelt. Und er entblödet sich nicht, all jenen schlichten Gemütern eine Stimme zu geben, "die wütend darüber sind, dass Wörter, die man doch immer benutzt hatte, plötzlich verboten sein sollen; dass, wer nicht gendern möchte, schnell als misogyn gilt, dass die von der westlichen Vorherrschaft lange benachteiligten Identitäten - ob trans Menschen, nichtweiße Personen, Indigene, gesamte kolonial unterjochte Bevölkerungen - jetzt Vorrang haben müssen, auch auf Kosten der Mehrheitsgesellschaft."
Die angehängte lyrische Verdichtung gedeiht auf dem Boden, den Klaus Theweleit bereitet hat. Auch bei Ulf Poschardt gewinnt man den Eindruck, dass er in kindliche Phantasien regrediert, wenn er meint, dass Deutschland die Kettensäge brauche. Und der von ihm bemühte Begriff der Disruption hat seine historischen Dimensionen genau in dem Sinn, wie er en passant von Philipp Oehmke angedeutet wird, "weil sich [nämlich] so viele diffus nach einem Neuanfang sehnen". Bei Volker R. Berghahn (Sarajewo, 28. Juni 1914 - Der Untergang des alten Europa, München 1999, Seite205) findet sich folgende Passage:
"Stig Förster - ein Schweizer Historiker - interpretierte jüngst Moltkes Entschluß zum großen Krieg, von dem er wußte, daß er nicht zu gewinnen war, als >eine Art Selbstmord aus Angst vor dem Tode<. Eine Bekräftigung dieser These glaubt Förster in einem Auspruch Falkenhayns vom 4. August 1914 gefunden zu haben, der Bethmann Hollweg gegenüber meinte: >Wenn wir auch darüber zugrunde gehen, schön war's doch<. Das war wohl jene >fröhliche Apokalypse<, in die - wie Karl Kraus damals scharfsinnig beobachtete - sich die konservativen Eliten der k.u.k.-Monarchie ebenfalls stürzten [...] wie stark das Vertrauen in die Zukunft des Kontinents auch unter Intelltuellen und im Bürgertum angeschlagen war, [offenbart sich] wenn man sich nur noch von einem >frischen, fröhlichen Krieg< eine Wiedergeburt versprach. Die Millionen von Arbeitern, die dann in den Abrund des totalen Kriegs gesogen wurden, jubelten entweder mit, oder sie wurden einfach eingezogen und um ihre Meinung überhaupt nicht gefragt."
Disruption reduziert Menschen auf Funktionen - z.B. als Kanonenfutter immer und immer wieder: 1914, 1939, aber auch ab 2022 schert es Wladimir Putin einen feuchten Kehricht, ob in der Ukraine 100.000 oder 200.000 Russen ihr Leben verlieren. Ja, was sollte ihn das scheren, ihn, der das ukrainische Territorium Tag und Nacht unter Beschuss nehmen lässt, ganz gleich ob Kinder, Alte, Kranke - wer auch immer - dabei ihr Leben verlieren. Um auf diese Weise vorgehen zu können, benötigt man eine klare und operativ brauchbare Unterscheidung, wer Freund und wer Feind ist (siehe: Der Begriff des Politischen bei Carl Schmitt).
Wenn Ulf Poschardt - wie Philipp Oehmke meint - in seinem Buch Shitbürgertum die Entstehung des Shitbürgers "ultimativ aus den Nazis herzuleiten versucht", kommt dabei ein Ausmaß an gequirlter Scheiße zu Tage, mit dem man weltweit abertausende von Biogasanlagen betreiben könnte. Die Passage bei Philipp Oehmke lautet wie folgt:
"Die Beschäftigung mit der eigenen Schuld - so Poschardt - habe das Nachkriegsbürgertum in toxische Ausweichbewegungen getrieben. Aus der Psychoanalyse bemüht Poschardt den Begriff >Spaltungsabwehr<, der Rückfall in ein frühkindliches Stadium, in dem die Kategorien von Gut und Böse noch nicht mit dem eigenen Selbst in Verbindung gebracht werden können. Im Zustand dieser seelischen Regression habe sich das Nachkriegsbürgertum entwickelt mit seinen moralischen Leuchttürmen wie Walter Jens oder Günter Grass, die sich später im Hinblick auf ihre eigene Vergangenheit als Heuchler entpuppten. Hierin liegt laut Poschardt der Ursprung des heutigen selbstgerechten linksliberalen Milieus, das die eigene Schuld nie in seine Biografien habe integrieren können."
Es ist nichts dagegen einzuwenden, den Finger in die Wunde einer unzureichenden Auseinandersetzung der Kriegsgeneration mit ihren schuldhaften Verstrickungen zu legen. Wenn Du aber - Ulf Poschardt - in Gesichter schauen magst, auf die Dein Attest eines Rückfalls in frühkindliche, infantile Stadien zutrifft, wenn Du eine Gebärdensprache beoabachten magst, die auf peinlichste Weise regressive Attitüden (und gewiss auch dementsprechende Geisteshaltungen) offenbaren, dann schau Dir Donald Trump, Elon Musk oder Milei an und vergiss nicht in den SPIEGEL zu schauen - am besten die Kettensäge in der Hand: "Das wäre natürlich ein gutes Foto."
Wer wir sind, und wer wir sein wollen angesichts all der Arschlöscher, die von libertärer Entfesselung schwafeln?
Diese Frage habe ich mir schon im Rahmen meiner Kästner-Adaption gestellt!
Wer wir sind?
Wie können wir das wissen?
Wer wir sind als Kind?
Schaut euren Eltern ins Gewissen!
Gewiss kann heute jeder seh‘n
dass – wo die Seele grob verroht,
wo Solidarität und Mitgefühl vergeh‘n
ein steter Kreislauf droht.
Klaus Theweleit ruft in die Runde:
„Seht dort, die halb-gebor‘ne Brut*,
wie ein Fanal trägt sie die Wunde,
verwandelt sie in rohen Hass und Wut.
Was heißt hier: "halb-gebor'ne Brut?“
Nicht jedes Kind wird angebrüllt, geschlagen,
alleingelassen – ohne Zuspruch, ohne Mut,
auf sich gestellt in allen Lebenslagen!
Du meinst, es fehlt an Liebe und an Wärme –
vielleicht ganz schlicht: an Urvertrau'n?
Und Angst schürt das Gelärme?
Worauf soll man denn bau'n?
Ja, Angst bereitet immerfort den Grund,
mit dem beginnt die Welt sich aufzulösen,
- nur noch Fragment, kaputt und wund -
wer sind die Guten, wer die Bösen?
Natürlich ist es leicht, die Bösen auch zu packen,
in einer Welt, in der das Fremde droht.
Wir sind es nicht! So brüll(t)en immer schon die rechten Spacken.
Und sehen ab von sich – reflexhaft und verroht.
Und brüsten sich als singulär und arisch,
als einzigartig grenzt man and're aus.
Und geht ein Fremder fehl, dann ist das exemplarisch,
und alle Fremden müssen raus!
Der eigne Körper wird zur Waffe,
gestählt und taub negiert er jeden Schmerz.
Und nur ein Feind nimmt an, da klaffe
tief in uns ein triefend-blutend Loch im Herz.
Und immer wieder frag ich nach den Müttern.
Wer gebiert denn einen Hurensohn?
Es müsst ihr Herz und den Verstand erschüttern,
wenn Söhne würdelos verlieren sich in blankem Hohn.
Wer glaubt denn heute noch der Haarer
und lässt sein Kind verwahrlost schrein?
Es müsst ein Schmutzfink sein von Pfarrer,
gewissenlos im Anblick fremder Pein.
*um diese Begriffswahl nachvollziehen zu können, muss man sich mit Klaus Theweleit auseinandersetzen (geht über diesen Link)
Und wollt ihr wirklich wieder
"Mütter, die im Schoße tragen
Ein hart Geschlecht, das wie aus Erz geschweißt
Und ohne Knechtsinn, bänglich zagen
Sich kühn den Weg zum neuen Aufstieg weist?
Wollt ihr wirklich wieder
Mütter, die nicht abseits stehen,
Wenn blonde Söhne ruft der Kampfesschall,
Die schützend im Gebet zur Seite gehen
Und segnend Hände breiten überall?
Ja, wollt ihr wirklich wieder
Mütter, die da opfernd geben,
Was sie genährt mit ihres Leibes Blut.
Und wenn der Wunde tiefste schlug das Leben
Sich selbst verströmen in der Liebe Glut?" **
**den Urheber/die Urheberin dieser hier in An- und Abführungszeichen gesetzten Zeilen konnte ich nicht ermitteln
Hört doch Björn, den Höcke reden,
hört des Krahs Gekräh!
Ich frage von euch jeden:
Wollt ihr's wirklich wieder flink und hart und zäh?
Schluss mit eurem billigen Protestgehabe,
ein jeder weiß und hat gewußt -
ein jeder, auch die letzte Schabe,
wer sich bedient und labt an eurem Frust.
Steht auf und nehmt das Leben in die Hand,
steht ein für eure Sache,
ihr lebt in einem freien Land -
schon sieht sie sich - die AfD - als Wache.
Wollt ihr den totalen Sieg
zum Preise eurer Freiheit?
Wenn nicht, dann seht ihn endlich - ihren Krieg,
mit dem sie spalten uns're Einheit!