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Benedikt Bösel - Kapitel V: Regenerative Landwirtschaft oder mein Hechtsprung in die neue Welt

Wir schreiben den 15. Juni 2023. Es hat seit sieben Wochen nicht nennenswert geregnet. Den einst vor grün strotzenden, saftigen Rollrasen, der zu einer spärlichen Wiese mutiert ist (2022 bedeutete den ersten Dauerstress) lasse ich vor sich hin dorren. Er ist einer der Sanierungsfälle in meinem Garten. Den Nutzgarten in der aufgelassenen Weinbergslage habe ich durch Jäten und Mulchen in eine nutzbringende Form getrimmt. Ich habe inzwischen herausgefunden, was unter den gegebenen Bedingungen funktioniert und was nicht: Tomaten, Tomaten, Tomaten, Bohnen, in zwei Hochbeeten versorgen wir uns mit Salat, Zucchini – die bringen dieses Jahr beste Qualität. Der Blühstreifen zur Grenze hin entwickelt sich nach zögerlichem Beginn zur Bienen- und Insektenweide. Dafür steht mehr noch der Borretsch – eine üppige Pflanze lockt Bienen ohne Ende 😊😊😊Aber mir geht das Wasser aus. Die beiden Zysternen brauchen Nachschub – sonst muss kostbares Leitungswasser herhalten ☹

Für Benedikt Bösel wird die Luft 2018 immer dünner: „Die Mechanik, zwischen Feld und Forst saisonale Einbrüche des jeweils anderen abzufangen, funktionierte in Anbetracht der Verluste aus Trockenheit und Stürmen nicht mehr.“ Er beginnt zu lesen, sich notwendiges Wissen anzueignen, schrieb tausende von Mails, spricht mit unzähligen Leuten. Ein Freund stellt ihm Emil Underberg vor:

„Das Thema, für das er mich begeisterte, war Agroforst, eine Verbindung von Land- und Forst- oder Viehwirtschaft auf einer Fläche, bei der sich alle drei gegenseitig unterstützen. Man pflanzt Baumstreifen über den Acker verteilt und nutzt weiterhin die Ackerfläche […] Mir war sofort klar: Das ist es! Unsere Riesenäcker hier leiden doch so sehr aufgrund der schieren Größe. Unser größter ist fast 170 Fußballfelder groß. Dort ist kein Schutz vor Wind, dort steht keine Barriere, falls mal ein Riesenregenschauer kommt, dort findet sich kein Lebensraum für Insekten und andere Tiere.“

Ich nenne nun im Folgenden nur die Namen der Paten (und verlinke sie womöglich) – mit wenigen inhaltlichen Hinweisen. Benedikt Bösel schreibt gegen Ende des Kapitels:

„Warum erfahre ich erst jetzt von ihnen? Warum spricht nicht die ganze Welt von diesen Menschen? Sie haben doch die Lösungen! Und die geben Hoffnung! Für mich war ganz klar: Ich bringe alle diese anderen Arten von Landwirtschaft nach Madlitz und teste auf einem der härtesten Standorte Deutschlands, ob diese Systeme ökonomisch, ökologisch und sozial den heute bekannteren anderen Landnutzungssystemen überlegen sind.“

Benedikt Bösel erzählt, wie er neben den Ideengebern das nötige Startkapital beschafft, um überhaupt beginnen zu können. Dazu gehört auch das Eingeständnis, dass er zu Beginn viele Fehler macht. Schließlich führen Fehler zu Lernprozessen und: Menschen beginnen Benedikt Bösel zu finden. Als Schlüsselbegegnung erweist sich der Kontakt zu Julius Palm, der als Nachhaltigkeitsmanager das Madlitz-Potential erkennt und finanzielle Unterstützung organisiert. Neben allen Schwierigkeiten ereignen sich gewissermaßen Glücksfälle, wie das Interesse des Bauordnungsamts Beeskow und der zuständigen Naturschutzbehörde, die aufgrund von fälligen Ausgleichspflanzungen zu einer nachhaltigen Kooperation bereit sind und die Idee des Agroforsts nach Kräften unterstützen. Die Avina-Stiftung – eine Schweizer Initiative – steigt ein, neben Followfood und Ecover. Nicht nur die Mittel, sondern auch die Energien fingen an zu fließen:

„Als ich die Haltegriffe der alten Welt losgelassen habe, öffnete sich ein Tor in ein neues Universum sinnstiftender Ideen und cooler Menschen mit großer Lebensfreude und hoher Motivation. Ich war plötzlich umringt von Menschen, die genauso tickten wie ich."