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Hitlers Wiedergänger

Die folgenden Punkte sind einer aufmerksamen Lektüre anempfohlen. Sie laden ein zu Vermutungen, aus wessen Feder diese Thesen und Zuschreibungen wohl stammen könnten. Ich habe sie im originalen Diktus und in der seinerzeit gültigen Orthographie wiedergegeben. Da noch die Rede von der Sowjetunion ist, drängt sich die Vermutung auf, dass der Text vor dem endgültigen Zerfall und der Auflösung der Sowjetunion im Dezember 1991 entstanden ist. Schon im Juni 1991 erhielt Leningrad den alten Namen Sankt Petersburg zurück. Ein gewisser Anatol Sobtschak wurde Bürgermeister der Stadt.

Er ernannte Putin zum Leiter des städtischen Komitees für Außenbeziehungen, wo er mit dem Transfer ausländischen Vermögens zurück ins Inland beauftragt wurde (siehe wikipedia-Eintrag zu Wladimir Putin). Am 20. August 1991, am zweiten Tag des Militärputsches gegen die Regierung Jelzin, verließ Putin nach eigenen Angaben den KGB. Am 8. Dezember 1991 wurde die Sowjetunion aufgelöst, was Putin später als die schlimmste Katastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnete. Putin kann mit den nachfolgenden Thesen also nicht gemeint sein. Gleichwohl ist es schockierend und faszinierend zugleich, erkennen zu müssen, mit welch radikaler und nachhaltiger Konsequenz Putin im Laufe der Jahrzehnte in diese Rolle des Wiedergängers Hitlers hineinwächst. Der Faschistenjäger Putin mutiert zum Wiedergänger Hitlers par excellence. Der Autor der nachfolgenden Überlegungen ist am 24. November 2022 in München verstorben. Ob er die schier unglaubliche Kongruenz zwischen seinen Thesen  und der Mutation Putins zum wahren Wiedergänger noch realisiert hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Jedenfalls reibt man sich verwundert die Augen, wenn am Ende des Textes klar ist, wen unser Autor in erster Linie als Wiedergänger Hitlers im Visier hatte.

Es bleibt die vage Hoffnung, dass Wladimir Putin sich wenigstens in dem einen Punkt von seinem Vorbild unterscheiden möge, und dass ihn (und sein Umfeld) die Neigung zum kollektiven Selbstmord doch eher abschreckt als verlockt. Hans Magnus Enzensberger hat die vorstehenden Thesen, Annahmen und Einsichten am 4. Februar 1991 im Spiegel veröffentlicht (Nachdruck in: ZICKZACK, Suhrkamp Verlag, Frankfurt 1997, Seite 79-89). Obwohl er Carl Schmitt nicht erwähnt, sollten wir spätestens heute erkennen, dass der Kronjurist der Nazis mit seiner dichotomen Freund-Feind-Ideologie (die Aufteilung eines Systems, einer Struktur oder eines Sachverhalts in zwei Teile, zwischen denen keine Schnittmengen existieren) auch Wiedergängern, wie Wladimir Putin die ideologischen Versatzstücke für ihre aberwitzige, eben radikal menschenverachtende Politik in ihre Stammbücher schreibt. Enzensberger hatte 1991 primär Saddam Hussein im Blick, dessen bevorzugte Lektüre Hitlers Mein Kampf war.

Was mir persönlich noch einmal schockhaft ins Bewusstsein getrieben wird, hängt mit Punkt 11 der Enzensbergerschen Thesen zusammen. Gestern Abend (7. Februar 2023) bei Markus Lanz wurde das daraus resultierende Dilemma noch einmal überaus deutlich, indem Christoph Häusgen im Diskurs mit Wolfgang Merkel keinen Zweifel daran ließ, dass die diplomatischen Bemühungen nach wie vor mit intensiven Anstrengungen erfolgen - allein die Putinsche Wiedergängerschaft mit Psychopathen wie Adolf Hitler baut Barrieren auf, die offenkundig mit den "normalen Mitteln der Politik" nicht zu überwinden sind. Schon vor dem 24. Februar 2024 war durch die Inszenierungen Putins (der lange Tisch) erkennbar, dass er die Bereitschaft, zu verhandeln, nur als Schwäche deutete; dass ihm die Idee der Gegenseitigkeit wohl unverständlich erschien; dass Kompromisse ihn mit Ekel erfüllen, dass er vertragliche Lösungen mit Verachtung straft (Minsk war tot!!!); und dass er auf Konzessionen offenkundig eher mit Wut reagiert, da sie ihn bei der Verfolgung seines Endzieles störten (Punkt 13).

Es bleibt - wie schon angedeutet - nur die vage Hoffnung, dass vor allem das Umfeld Putins nicht wirklich bereit ist, sich auf einen finalen show-down und damit den eigenen Untergang einzulassen. Zumindest mag es Unterschiede geben in der Begeistungsfähigkeit und im Hinblick auf den Opferwillen eines ganzen Volkes. Auch wenn wir heute wissen, wie akribisch Joseph Goebbels seine Rede am 18. Februar 1943 vor einem handverlesenen Jubelpublikum im Sportpalast inszeniert hat, die in dem allseits bekannten und bejubelten Fanal gipfelte: "Wollt ihr den totalen Krieg? Wollt ihr ihn – wenn nötig – totaler und radikaler, als wir ihn uns heute überhaupt erst vorstellen können?“ - auch wenn dies in erster Linie Inszenierung war, spricht wohl einiges für die Annahme, dass Wladimir Putin nicht in gleicher Weise auf eine Moblisierung der Massen hoffen kann, dass die überwiegende Masse der von den Nazis verführten und verblendeten Jugend keine Entsprechung im heutigen Rußland finden wird; eine vage Hoffnung, aber immerhin eine Hoffnung.

 

Beiträge im Blog zum Ukrainekonflikt:

Der Überfall Russlands auf die Ukraine

Der Freiheitskampf der UkrainnerInnen

Hat die Ukraine ein Recht auf Widerstand - Ein deutscher Disput

Drei Unheilige aus dem Abendland 

Alles was (P)Recht ist 

Homo homini lupus est

Die Freundschaft und der Krieg 

Worüber wundern wir uns eigentlich? Carl Schmitt als advocatus diaboli!

Putins Kriegslogik

Franz und Jurij

Putin wirkt wie ein gelehriger Schüler Hitlers

Flugblätter über Russland

Die Zeit für absolutistisch regierende Sonnenkönige läuft ab